# taz.de -- Naturkatastrophe in Pakistan: Weitere Provinzen überflutet
       
       > Hochwasser erreicht Punjab und Sindh. Laut UN sind über vier Millionen
       > Menschen betroffen. Bei Lebensmitteln drohen Versorgungsengpässe. Opfer
       > bei Unruhen in Karatsch.
       
 (IMG) Bild: Die Lage in Pakistan wird immer kritischer. Inzwischen sind auch die Regionen Punjab und Sindh von der Flut betroffen.
       
       Die schwerste Flutkatastrophe seit der Staatsgründung Pakistans mit bislang
       mehr als 1.500 Toten hat die Lage im Land weiter verschärft. Neue
       Regenfälle und über die Ufer tretende Flüsse haben nun auch in der
       ostpakistanischen Provinz Punjab große Landstriche unter Wasser gesetzt.
       Vielerorts haben die Wassermassen die Ernte zerstört. Die Region ist
       Pakistans Kornkammer und im Moment ist dort die Haupterntezeit. Damit
       drohen nach der Katastrophe massive Versorgungsengpässe bei Lebensmitteln.
       
       "Insgesamt sind mehr als vier Millionen Menschen betroffen", sagte Manuel
       Bessler, der das UN-Büro für die Koordination humanitärer Angelegenheiten
       in Pakistan leitet. Die Behörden warnen nun davor, dass mehrere Dämme im
       Katastrophengebiet brechen könnten.
       
       Die Region um die Kleinstadt Kot Addu im Punjab hat sich bereits in einen
       riesigen See verwandelt. Beobachter berichten, dass die Überflutungen dort
       so heftig sind, dass vielerorts nur noch die obersten Stockwerke der Häuser
       und Baumkronen zu sehen sind. "Alle diese Dörfer sind nun gefährdet", sagte
       Manzoor Sarwar, Polizeichef des Muzaffargarh-Distrikts. "Wir evakuieren die
       Bevölkerung." Bereits 1.300 Dörfer sollen allein im Punjab von den
       Überschwemmungen betroffen sein, sagten Behördensprecher.
       
       Der Sondergesandte der Vereinten Nationen, Jean-Maurice Ripert, der nach
       Pakistan geflogen ist, um bei der Koordinierung der Hilfsmaßnahmen zu
       helfen und für internationale Aufmerksamkeit zu sorgen, hat am Donnerstag
       betroffene Gebiete besichtigt. Die UNO geht davon aus, dass bei der Flut 80
       Prozent der Lebensmittelreserven zerstört worden sind.
       
       In der südlichen Provinz Sindh bereiten sich die Menschen auf das
       Schlimmste vor. Denn alle Flüsse aus dem Norden führen riesige Wassermassen
       aus dem Überflutungsgebiet in den Süden des Landes. Dort soll eine halbe
       Million Menschen in Sicherheit gebracht werden, sagten Behördenvertreter.
       
       Unterdessen setzte sich in Karatschi, der Hauptstadt des Sindh, die Gewalt
       der vergangenen Tage fort. Dort war es nach dem Mord an einem
       Lokalpolitiker am Montag zu Ausschreitungen gekommen. Anhänger der MQM,
       einer Partei, die sich im Sindh und in Karatschi vor allem für die Rechte
       muslimischer Einwanderer aus Indien stark macht, gingen mit großer Gewalt
       gegen Paschtunen aus dem Nordwesten vor. Dabei wurden mindestens 76
       Menschen getötet und mehr als 100 verletzt.
       
       Schon seit Jahren kommt es in Pakistans Finanzmetropole immer wieder zu
       Zusammenstößen zwischen rivalisierenden ethnischen Gruppen. Seit
       vergangenem Jahr sind dabei geschätzt 300 Menschen ums Leben gekommen.
       
       Nach Einbruch der Dunkelheit waren am Mittwoch erneut bewaffnete Gruppen
       durch die Stadt gezogen und machten Jagd auf Paschtunen. Geschäfte,
       Tankstellen, Autos und Märkte gingen in Flammen auf. Die ganze Nacht waren
       im Stadtgebiet Schüsse zu hören. Die Polizei und paramilitärische
       Sonderpolizeieinheiten konnten die Lage offenbar nicht unter Kontrolle
       bringen.
       
       Angesichts der katastrophelen Lage, in der sich das Land befindet, wuchs
       die Wut vieler Pakistaner auf ihren Präsidenten Asif Ali Zardari. Denn
       dieser war trotz allem Anfang der Woche nach Frankreich und Großbritannien
       geflogen.
       
       Mit diesem ausgesprochen ungünstig gewählten Timing hält er jedoch einen
       lange vorbereiteten Termin ein: Am Samstag soll Bilawal Zardari Bhutto, 22,
       der gemeinsame Sohn Zardaris und seiner ermordeten Frau, der
       Expremierministerin Benazir Bhutto, offiziell in den pakistanischen
       Politikbetrieb eingeführt werden. Nach dem Tod seiner Mutter hatte Bilawal
       sein Studium in Oxford fortgesetzt. Dieses hat er nun abgeschlossen. In
       Birmingham soll er nun zum ersten Mal eine Rede vor Anhängern der
       regierenden Pakistanischen Volkspartei (PPP) halten, der Partei der
       Bhutto-Familiendynastie, deren Führung er in absehbarer Zeit übernehmen
       soll.
       
       5 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sascha Zastiral
       
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