# taz.de -- Online-Singlebörse der Jungen Union: Gesucht: Trinkfeste Frau
       
       > Die Junge Union Oberfranken hat seit vier Jahren eine Singlebörse im
       > Netz. Jetzt ist die Twitter-Gemeinde über sie hergefallen. Doch dabei
       > sollte die Seite längst offline sein.
       
 (IMG) Bild: Sucht lieber im echten Leben nach ihrem Traumpartner: Besucherin beim Münchner Oktoberfest.
       
       BERLIN taz | „Nur wer für die Zukunft, also für Kinder sorgt, kann es sich
       erlauben, in der Gegenwart im Wohlstand zu leben.“ Mit der These preist die
       Junge Union (JU) in Oberfranken ihre
       [1][www.ju-oberfranken.de/index.php?page=31&undefined=:Singlebörse] an. Vor
       allem auf junge Leute haben sie es natürlich abgesehen. "Wer noch nicht
       vergeben ist, soll sich eintragen, je mehr mitmachen, desto besser!“
       Gemeinsam wollen sie dem demografischen Wandel entgegen wirken.
       
       Der Aufruf blieb recht erfolglos. Nur 16 einsame JUler glaubten an das
       Projekt, schickten Fotos, füllten Fragen nach Hobbies, Beruf und
       Wunschpartner aus. Datenschutz und Privatsphäre schienen aber sowohl bei
       den Betreibern als auch bei den Einsamen keine Rolle zu spielen. Im
       öffentlich zugänglichen Bereich der Singlebörse stehen die Jungs und Mädels
       mit Foto, vollem Namen, Email-Adresse und Handynummer.
       
       Die Traumfrau von Markus R. etwa sollte „2 bis 4 Jahre jünger“ sein. Zudem
       „nett und gemütlich und darf ein Bier vertragen“. Feuerwehr, Domchor, CSU
       und JU sind seine Hobbies. Thomas R. ist weniger anspruchsvoll. Seine
       Wunschpartnerin soll „einfach ganz normal“ sein. Auch Melanie W. scheint
       bodenständig zu sein. Sie sucht nach einem Partner, der „liebevoll, treu,
       romantisch und spontan“ ist. Frauen sollten es ohnehin leichter haben auf
       der Singlebörse. Nur zwei suchten ihren Mann fürs Leben.
       
       Jacob N. trägt gern „seltsame Kopfbedeckungen“, von Beruf ist er
       „Zitronenfalter“ und er sucht „süße Mädels. Gezwungenermaßen aus dem
       Ostblock“. Humor bei der Jungen Union? Nein, Jacob war damals bei der
       Grünen Jugend. Wenigstens zeigt die JU politische Toleranz und öffnete sich
       Andersdenkenden. Unter Jacob sucht Lara H. nach einem „starken Hasen“. Sie
       „hofft auf die starken Jungs bei der JU“, die „in Bayern was erreichen“
       können.
       
       Sonntagabend tauchte der Link zur Singlebörse erstmals beim
       Kurznachrichtendienst Twitter auf. Schnell wurde er von der Netzgemeinde
       verbreitet. Mit Häme überzog sie die [2][„Zombieinvasion"], den
       [3][„kaputten Haufen“] und wundert sich darüber, dass keine Homosexuellen
       nach PartnerInnen suchen. Manche sind sich sicher, dass die Seite ein Fake
       sein müsse.
       
       Ist sie aber nicht. Das Schreckgespenst des demografischen Wandels –
       Geburtenrückgang, Überalterung, schrumpfende Städte und der ganze Rest –
       hatte vor vier Jahren Oberfranken erreicht. Das blieb auch bei der JU nicht
       unbemerkt. Sie schrieb sich das Thema auf die politische Agenda.
       Schließlich musste gehandelt werden, schnell. Diskussionsrunden,
       Infoveranstaltungen und Broschüren waren den Vorsitzenden nicht genug. Ganz
       praktisch musste man an die Probleme rangehen, die jungen Menschen in der
       Region sollten wieder zueinander finden. Da es mit Bierzelt,
       Feuerwehrverein oder Bushaltestelle nicht mehr zu klappen schien, wurde das
       Internet entdeckt.
       
       Soll eine Singlebörse erfolgreich für mehr Kinder sorgen, muss sie intensiv
       gepflegt werden. Dafür hatte scheinbar keiner mehr Zeit. Seit mindestens
       zwei Jahren wurde sie nicht mehr aktualisiert. Diejenigen, die damals nach
       ihrem Wunschpartner per JU-Singlebörse suchten, wundern sich, dass sie noch
       heute online ist. Florian Goßler zum Beispiel. „Ich dachte, die Seite wäre
       längst aus dem Netz verschwunden. Seit Januar 2010 haben wir doch einen
       neuen Internetauftritt“, sagt er taz.de.
       
       Dass seine Anzeige noch online ist, wusste er nicht. „Die ist ohnehin nicht
       mehr gültig. Ich bin längst verlobt“, erzählt er. Seine Zukünftige hat
       Goßler allerdings nicht via Singlebörse gefunden. Die Idee findet er heute
       veraltet. „Es gibt doch längst Facebook und Co., da braucht man so eine
       Seite gar nicht mehr.“ Jetzt will er den Webmaster bitten, die Seite doch
       offline zu nehmen.
       
       ***Update***
       
       Von wegen keine Ahnung vom Netz: Die JU Oberfranken hat schnell reagiert.
       Noch am Montagabend wurden zwei Anzeigen wohl auf dringliche Bitte
       gelöscht. In der Nacht auf Dienstag ging die Seite dann ganz vom Netz.
       
       9 Aug 2010
       
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