# taz.de -- Atomkraftwerk Isar 1 mit Sicherheitsmängeln: Geschützt nur gegen Klein-Flugzeuge
> Eine Studie im Auftrag des bayerischen Umweltministeriums bescheinigt dem
> AKW eine "sicherheitstechnische Weiterentwicklung". Gegen Terrorangriffe
> helfe die aber nicht.
(IMG) Bild: Sicherheitsbedenken am Kernkraftwerk Isar 1 sind offenbar berechtigt.
MÜNCHEN taz | Das Gutachten ist voller schöngefärbter Schachtelsätze: Das
Atomkraftwerk werde auf einem "hohen Sicherheitsniveau betrieben", heißt es
auf Seite 5. Allerdings folgt gleich darauf die Relativierung: "ausgehend
von der Grundauslegung". Es geht um die Sicherheit im umstrittenen
Altatomkraftwerk Isar 1. Erstellt hat den 30 Seiten langen Bericht der TÜV
Süd im Auftrag des bayerischen Umweltministeriums. Und er bestätigt
zentrale Kritikpunkte an der 1972 erbauten Anlage. Das bisher interne
Papier liegt der taz vor.
Vergangene Woche erst hat sich die bayerische Staatsregierung in ihrer
letzten Kabinettssitzung vor der Sommerpause für eine Laufzeitverlängerung
der Atomkraftwerke im Freistaat ausgesprochen. Umweltminister Markus Söder
(CSU) will auch den ältesten bayerischen Reaktor Isar 1 am Netz lassen -
trotz massiver Sicherheitsbedenken der bayerischen Opposition und auch der
CSU im rund zehn Kilometer von Isar 1 entfernten Landshut. Zu dem
TÜV-Gutachten heißt es aus Söders Ministerium nur: "Isar 1 erfüllt alle
gesetzlichen Sicherheitsanforderungen. Das hat zuletzt im Juli eine
Bewertung des TÜV ergeben."
Doch das Gutachten kann trotz wohlwollender Formulierungen die
Sicherheitsbedenken der Kritiker nicht widerlegen. Eine der größten Mängel
von Isar 1 ist laut Opposition die geringe Wandstärke des Reaktorgebäudes.
Beim Absturz eines Verkehrsflugzeugs, etwa bei einem Terroranschlag, böte
sie keinen Schutz. Isar 1 "wurde bei der Errichtung gegen den zufälligen
Absturz einer Militärmaschine gemäß den damals geltenden Anforderungen
ausgelegt", heißt es im TÜV-Bericht.
Es sei in vielen Ländern üblich, dass es keinen ausreichenden Schutz gegen
den gezielten Absturz größerer Maschinen gebe. Begründet werde dies mit
"fehlender Relevanz". Sollte es doch einen solchen Angriff geben, werde der
Reaktor schnell heruntergefahren. Der TÜV berichtet zudem von wiederholt
aufgetretenen Rissen an Rohren durch Korrosion. In den vergangenen Jahren
habe es "in begrenztem Umfang an verschiedenen Komponenten Auswirkungen"
gegeben, die seit 2006 zu drei meldepflichtigen Ereignissen geführt hätten.
An "sicherheitsrelevanten Rohrleitungen" habe es bislang keine Schäden
gegeben. Dem "Wirkungsmechanismus" werde durch eine "systematische Analyse"
Rechnung getragen, heißt es in dem Bericht. "Insgesamt befindet sich die
Anlage KKI1 auf einem modernisierten und weiterentwickelten
sicherheitstechnischen Stand", urteilen die TÜV-Prüfer über das
Atomkraftwerk.
Dass sich Isar 1 aber auf dem neuesten Stand der Sicherheitstechnik
befindet, wie es die bayerische Regierung gern nahelegt, wollen die
Experten nicht bestätigen. Im Gegenteil: In ihrem Fazit schreiben sie von
"weiteren in die Zukunft gerichteten Maßnahmen", die notwendig seien, um
"weitere Sicherheitsreserven zu schaffen und dem fortschreitenden Stand der
Sicherheitstechnik zu folgen".
Die Opposition fühlt sich von dem Gutachten bestärkt. "Der TÜV-Bericht zum
Kernkraftwerk Isar 1 bestätigt in umfassender Weise unsere Kritik", sagte
der energiepolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann, der
taz. "Das Atomkraftwerk Isar 1 ist in einem Zustand, dass selbst dem TÜV
das Greenwashing nicht mehr gelingt. Es ist unverantwortlich, diesen alten
Reaktor noch laufen zu lassen", meint Hartmann.
Die Staatsregierung ist da bislang anderer Meinung. "Wenn das Kraftwerk
nicht sicher wäre, müssten wir es ja sofort abschalten", erklärte
CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer vor wenigen Tagen. Da war der
TÜV-Bericht schon fertig.
10 Aug 2010
## AUTOREN
(DIR) Bernhard Hübner
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