# taz.de -- Kolumne Über Ball und die Welt: Fußball gegen Maoismus!
       
       > Da haben sich zwei gefunden. Der indische Staat will mit dem Fußball die
       > Herzen der Jugend erobern, der FC Bayern München den Jahresumsatz
       > steigern.
       
       Obacht, hier spricht der Polizeichef: "Der beste Spieler darf zu Bayern
       München." Was Bhupinder Singh, seines Zeichens Boss aller Freunde und
       Helfer im indischen Bundesstaat Westbengalen, verspricht, ist ein
       zehntägiges Training beim deutschen Rekordmeister. Darauf darf sich der
       überzeugendste Akteur des Fußballturniers freuen, das Mitte Juli in
       Pashchim Medinipur ausgerichtet wurde.
       
       Auch wenn es dabei nicht in erster Linie um Talentsichtung für den
       deutschen Rekordmeister geht. "Wir haben beschlossen, Fußballspiele in
       Gegenden von West Midnapur, Bankura und Purulia zu veranstalten, weil diese
       von Maoisten dominiert werden", verrät Singh die eigentlichen Beweggründe,
       "so wollen wir die einfachen Menschen von diesem extremen Einfluss
       befreien."
       
       Nicht nur der Fußball soll junge Männer davon abhalten, sich den Maoisten
       der Peoples Liberation Guerilla Army (PLGA) anzuschließen. "Nach den
       Spielen erhalten alle Teilnehmer eine Mahlzeit", erklärt Singh noch.
       "Letztlich ist das Essen einer der Gründe, warum sich die jungen Leute den
       Maoisten zuwenden." Ein arbeitsloser Jugendlicher soll 3.000 Rupien
       erhalten, wenn er zur PLGA geht.
       
       Das mögen nur knapp 50 Euro sein, aber mit der Offerte dürfte das einmal
       jährlich nach dem Fußballturnier ausgehändigte warme Essen trotzdem kaum
       mithalten können. Zumal die Austragung der Spiele stets gefährdet ist. "Das
       Turnier sollte schon früher abgehalten werden", räumt Singh ein, "aber wir
       konnten es nicht organisieren wegen der wachsenden maoistischen Gefahr in
       der letzten Zeit".
       
       Mit Fußball gegen Maoismus! Auf diese Idee ist die westbengalische Polizei
       stolz. Was aber hat Bayern München mit der Rebellenbekämpfung in Indien zu
       tun? Immerhin gelang es dem Klub in den siebziger Jahren, einen jungen Mann
       namens Paul Breitner vom Maoismus loszueisen. Seit zwei Jahren ist der
       Verein nun in Indien, speziell in Westbengalen, engagiert und arbeitet eng
       mit der dortigen Polizei zusammen. Damals ging der Klub in das, was er
       "Asien-Offensive" nannte. Das Abschiedsspiel von Oliver Kahn fand im
       ausverkaufen 120.000 Menschen fassenden Salt-Lake-Stadion von Kalkutta, der
       Hauptstadt von Westbengalen, statt. 2009 stellte die westbengalische
       Regierung 17 Morgen Land für Fußballfelder in der Stadt Burdwan zur
       Verfügung, und Bayern München versprach, technische Unterstützung zu
       leisten. Außerdem wurde vereinbart, dass einige indische Talente zu einem
       Bayern-Trainingslager in den Europapark Rust kommen dürfen. Der beste
       Kicker des jüngsten Turniers gehört dazu.
       
       Da haben sich zwei gefunden. Der indische Staat will mit dem Fußball die
       Herzen der Jugend erobern. Der FC Bayern München, der eben vermeldete, dass
       er beim Jahresumsatz erstmals die Schallmauer von 300 Millionen Euro
       durchbrechen wird, hat bei seinen Eroberungsplänen eher die Geldbeutel der
       Jugend im Visier: Merchandising-Artikel sollen verkauft und mit
       Fernsehrechten soll gehandelt werden. Der unwahrscheinliche Fall, dass bei
       dem Casting ein indisches Fußballtalent entdeckt würde, wäre auch kein
       Unglück für die Bayern: Zum einen hätte man einen besonders wirkungsvollen
       Werbeträger für den indischen Markt gefunden, zum anderen ließen sich die
       entstandenen Kosten auf dem Transfermarkt, wenn der Spieler an einen
       anderen Club verkauft würde, wieder reinholen.
       
       Was aber machen die Maoisten? Die indische Zeitung The Telegraph
       berichtete, dass die Rebellen selbst Fußballturniere veranstalten, um
       sportliche Jugendliche zu rekrutieren. Doch anders als die indische Polizei
       sprechen Maoisten nicht so offen über ihr strategisches Kalkül. Ihr
       Sprecher Asit Mahato sagt: "Die Menschen in den Dörfern lieben den
       Fußball." Wegen der dauernden Armeeangriffe lebten die Menschen jedoch in
       Angst. "Wir organisieren diese Spiele, um die Menschen aufzuheitern."
       Milder und menschenfreundlicher hätten Karlheinz Rummenigge und Uli Hoeneß
       ihr Indien-Engagement auch nicht begründen können.
       
       11 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Krauss
       
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