# taz.de -- Krebs erregende Chemikalie: Gift in Kassenzetteln
       
       > Acht von zehn Quittungen, die auf Thermopapier ausgedruckt werden,
       > enthalten die als Krebs erregend geltende Chemikalie Bisphenol A, warnen
       > Wissenschaftler.
       
 (IMG) Bild: Gefahrengut: ein Kassenbon.
       
       STOCKHOLM taz | An der Supermarktkasse eine Quittung entgegennehmen, sie in
       den Geldbeutel stecken oder in der Hand zerknüllen - wer denkt sich schon
       etwas dabei? Dabei hätte dieser Vorgang mehr Aufmerksamkeit verdient. Denn
       mit jedem Kassenbon kann man eine Ladung der hormonverändernden und
       cancerogenen Chemiekalie Bisphenol A (BPA) abbekommen. ForscherInnen aus
       der Schweiz und den USA haben herausgefunden, dass acht von zehn
       Quittungen, die von Ladenkassen oder Kreditkartenterminals auf Thermopapier
       ausgedruckt werden, Bisphenol A enthalten. Und dass diese Chemikalie, die
       östrogenartige Wirkungen hat, auch auf dem Weg über die Haut in den
       menschlichen Blutkreislauf gelangen kann.
       
       Diese Gesundheitsgefahr sei alles andere als zu vernachlässigen, meint
       Monica Lind, Dozentin für Umweltmedizin an der Universität Uppsala: "Laut
       diesen Studien kann man über eine einzige Quittung vielfach mehr Bisphenol
       A aufnehmen als beispielsweise über eine Konservendose." Nach BPA-haltigen
       Babynuckelflaschen, die in mehreren Ländern mittlerweile verboten sind, und
       anderen Plastikprodukten war vor einiger Zeit auch die Bisphenol-A-haltige
       Epoxidharz-Innenbeschichtung von Konservendosen als bedenkliche Quelle ins
       Zwielicht geraten (taz vom 30. Juni). 
       
       Und nun sind es die Kassenbons. Dieser BPA-Quelle besonders häufig
       ausgesetzt sein dürften wohl beispielsweise Kassenpersonal und Taxifahrer,
       die ständig mit solchen Bons hantieren, meint Lind. An der Universität
       Uppsala plane man deshalb nun Untersuchungen dieser Personenkreise.
       
       Erst in der vergangenen Woche war eine Studie der Universität Michigan
       veröffentlicht worden, wonach das aus Plastikgegenständen freigesetzte BPA
       menschliche Spermien schädigen kann. Reproduktionsmediziner fanden bei
       Männern, die sich wegen nicht erfüllten Kinderwunsches an eine Klinik
       gewandt hatten, einen Zusammenhang: Bei denen mit der höchsten BPA-Rate im
       Urin wurde zugleich eine besonders niedrige Spermienmenge gemessen. Eine
       andere Studie berichtet von Libidoverlust, Erektionsstörungen und anderen
       Potenzproblemen bei Männern in China, die in Fabriken arbeiten, in denen
       BPA hergestellt wird. Daneben steht die Chemikalie auch in dem Verdacht,
       das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erhöhen.
       
       Wie bei den meisten BPA-Anwendungsbereichen gibt es auch bei
       Quittungsrollen Alternativen: Thermodruckerpapier für Kassen und Terminals,
       das kein BPA enthält. Bis sich das allgemein durchgesetzt hat, empfiehlt
       Umweltmedizinerin Lind, Kassenbons nicht unnötig lange in der Hand zu
       halten. Und sie hofft, dass die Supermarktketten auf die Gefahr aufmerksam
       werden. ICA, Coop und Axfood, die drei größten schwedischen Ladenketten,
       die für 80 Prozent des dortigen Lebensmittelmarkts stehen, reagierten
       umgehend. Sie teilten am Mittwoch mit, dass wie in ganz Europa üblich auch
       ihre Quittungen bislang die Chemikalie enthalten. Aufgrund der neuen
       Forschungsergebnisse wollen sie aber nun bis spätesten Anfang 2011 auf
       BPA-freies Thermopapier umsteigen.
       
       12 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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