# taz.de -- Stimmung in Pakistan: Soldaten toll, Präsident blöd
       
       > Pakistans Medien loben die Streitkräfte für ihre Flut-Katastrophenhilfe
       > und prügeln die Regierung. Vorbote für einen Putsch, um das Land zu
       > retten?
       
 (IMG) Bild: Für Pakistans Armeechef Ashfaq Kayani (l.) ist die Flut eine Gelegenheit, sich als Krisenmanager zu inszenieren.
       
       BANGKOK taz | Wer hilft Pakistans Flutopfern? Pakistanische Medien
       kritisieren nach wie vor lautstark die Regierung, da diese die Katastrophe
       nicht in den Griff bekomme. Zugleich sind Zeitungen und TV-Nachrichten voll
       von Berichten über Flutopfer, die der Armee danken. Das Lob über den
       Einsatz des Militärs in den Katastrophengebieten sprengt alle Grenzen.
       
       Besonders stark fällt die Kritik an Präsident Asif Ali Zardari aus. Dieser
       war nach Ausbruch der Katastrophe vor knapp drei Wochen planmäßig nach
       Europa geflogen. Während Pakistan im Wasser versank, konnten die Bürger
       Berichte über die 7.000 Dollar teure Suite Zardaris in London lesen, die er
       selbst als "preiswertestes Fünf-Sterne-Hotel Londons" zu rechtfertigen
       versuchte, und die Kosten der Parteiveranstaltung seiner "Pakistanischen
       Volkspartei" (PPP), die Zardari in Birmingham abhielt, um seinen Sohn
       Bilawal Bhutto in die Politik einzuführen, was dieser klugerweise
       boykottierte.
       
       Die Armee hilft effizient, während die Regierung versagt - das deutet auch
       auf einen Machtkampf zwischen Armeechef Ashfaq Kayani und der Regierung
       hin. Als Kayani im November 2007 den Posten des Armeechefs vom damaligen
       Diktator Pervez Musharraf übernahm, war das Ansehen der pakistanischen
       Streitkräfte im In- und Ausland auf dem Tiefpunkt. Die USA, Pakistans
       wichtigster Geldgeber, zeigten sich zunehmend frustriert über die Weigerung
       Musharrafs, effektiv gegen Rückzugsgebiete afghanischer Taliban vorzugehen.
       Auf den Straßen lieferten sich demonstrierende Richter und Anwälte
       Straßenschlachten mit der Polizei.
       
       Daher erklärte es Kayani nach Musharrafs Rücktritt im August 2008 zur
       obersten Aufgabe, das Ansehen von Pakistans Armee wiederherzustellen.
       Zugleich versicherte er der zivilen Regierung in Islamabad, er werde sich
       aus der Politik heraushalten. Er zog tausende von Militärangehörigen aus
       der Verwaltung ab und überließ die Posten zivilen Bürokraten. Als klar war,
       dass die pakistanische Öffentlichkeit hinter ihm stehen würde, startete
       Kayani im April 2009 mehrere Offensiven gegen Hochburgen der Pakistanischen
       Taliban im Nordwesten. Damit stieg das Ansehen der Generäle erheblich.
       
       In Sicherheitsfragen lässt sich die Armee jedoch zu keinem Zeitpunkt
       hineinreden. Das wird immer dann deutlich, wenn es um Pakistans mächtigen
       Militärgeheimdienst ISI geht. Als nach der Terrorattacke auf die indische
       Wirtschaftsmetropole Mumbai im November 2008 Präsident Zardari eine
       Zusammenarbeit mit den indischen Behörden ankündigte und erklärte, ISI-Chef
       Ahmad Shuja Pasha werde nach Neu-Delhi reisen, um die indischen
       Ermittlungen zu unterstützen, tobten Pakistans Generäle. Zardari musste
       zurückstecken. Pakistan leugnete anschließend monatelang, dass die
       Attentäter aus Pakistan stammten. Inzwischen ist es bewiesen.
       
       Die heftige Kritik an der zivilen Regierung und das überschwängliche Lob
       für die Armee in diesen Tagen dürften auch das Ergebnis von Lobbyarbeit
       sein. Die Medienabteilung der Armee hat erheblichen Einfluss auf die
       Berichterstattung in Pakistan. Die Armee benutzt ihre PR-Leute vor allem,
       um Berichte über das riesige Konzernkonglomerat zu verhindern, durch das
       Pakistans Generäle einen erheblichen Teil der Wirtschaft des Landes
       kontrollieren. In den 1980er Jahren setzte das Militär dabei offen auf
       Zensur. Heute wendet es subtilere Methoden an. An exklusive Berichte von
       der Kriegsfront im Nordwesten beispielsweise kommen pakistanische
       Journalisten nur, wenn sie gute Kontakte zu den PR-Leuten der Armee
       unterhalten. Etliche dieser armeefreundlichen Journalisten sitzen heute in
       Schlüsselpositionen in Pakistans Medien.
       
       In der Vergangenheit haben Pakistans Generäle, die das Land seit seiner
       Gründung im Jahr 1947 die meiste Zeit über direkt kontrolliert haben, nach
       jedem Staatsstreich ähnlich lautende Erklärungen abgegeben: Die zivile
       Regierung habe versagt und die Generäle hätten einschreiten müssen, um das
       Land zu retten. Die orchestrierte und nicht nachlassende Medienschelte an
       der Regierung in Islamabad geht jetzt stark in diese Richtung.
       
       18 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sascha Zastiral
       
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