# taz.de -- Anti-Schweinegrippe-Mittel: Finnland stoppt Impfungen
       
       > Der auch in Deutschland verwendete „Schweinegrippe“-Impfstoff Pandemrix
       > steht unter Verdacht, eine neurologische Erkrankung auszulösen. Finnland
       > zog Konsequenzen.
       
 (IMG) Bild: Kleine Spritze, große Diskussion: Impfung einer Patientin gegen Schweinegrippe.
       
       STOCKHOLM taz | Der auch in Deutschland verwendete
       „Schweinegrippe“-Impfstoff Pandemrix steht nun unter dem Verdacht schwere
       Nebenwirkungen zu haben. Am Dienstag beschloss die finnische
       Gesundheitsbehörde mit sofortiger Wirkung weitere Impfungen zu stoppen.
       Grund: Seit der H1N1-Massenimpfung im letzten Herbst und Winter hat sich
       die Anzahl der Fälle von Schlafkrankheit (Narkolepsie) bei Kindern von
       normalerweise drei Fällen jährlich auf mindestens 15 Fälle verfünffacht.
       
       Da den fraglichen Fällen eine Pandemrix-Impfung vorausgegangen war, könne
       man einen entsprechenden Zusammenhang mit dieser auffälligen Steigerung der
       Erkrankungsfälle nicht ausschliessen, meint das unter der Regie des
       Sozialministeriums stehende Gesundheitsforschungsinstitut „Terveyden ja
       hyvinvoinnin laitos“ (THL). Der Impfstopp wird als Vorsichtsmaßnahme
       bezeichnet, bis das Problem hinreichend geklärt sei. Dies könne mehrere
       Monate dauern. Man hält diesen Schritt für angemessen, da derzeit keine
       Epidemie herrsche und ein Großsteil der Bevölkerung durch die Impfungen im
       vergangenen Jahr immun gegen H1N1 sei.
       
       Im Mai war in Finnland der erste Verdacht über einen möglichen Zusammenhang
       zwischen Pandemrix und Narkolepsie gemeldet worden, einer unheilbaren
       Schlafstörung, der eine neurologische Erkrankung des Schlaf-Wach-Rhythmus
       zu Grunde liegt. Sie kann sich in einem starken Schlafdrang bis hin zu
       einem Schlafzwang, Halluzinationen und dem Kontrollverlust über
       Muskelgruppen äußern.
       
       Auch in Schweden meldete die Arzneimittelbehörde „Läkemedelsverket“ in der
       vergangenen Woche sechs von ÄrztInnen gemeldete Verdachtsfälle, in denen
       Narkolepsie-Symptome in einem Zeitrahmen von ein bis zwei Monaten nach
       erfolgter Impfung aufgetreten waren – ausschließlich bei Jugendlichen
       zwischen 12 und 16 Jahren. Weitere Meldungen seien von Privatpersonen
       gekommen und würden noch untersucht. Das Gesundheitswesen wurde
       aufgefordert, entsprechende Fälle zu melden und die Behörde hat einen
       Ausschuss eingesetzt, um mögliche Schlüsse für eine weitere Verwendung von
       Pandemrix zu ziehen.
       
       In „EudraVigilance“, der Nebenwirkungen-Datenbank der Europäischen
       Arzneimittelagentur EMA, ist ein weiterer Fall eines möglichen
       Pandemrix-Narkolepsie-Zusammenhangs gemeldet worden, der laut Informationen
       der finnischen Tageszeitung „Hufvudstadsbladet“ aus Deutschland stammen
       soll. Diese Zeitung berichtet auch, EMA habe eine entsprechende
       Untersuchung in allen 19 EU-Staaten eingeleitet, in denen Pandemrix
       verabreicht worden war.
       
       Petteri Knudsen, medizinischer Direktor beim Pandemrix-Hersteller Glaxo
       Smith Kline wies gegenüber finnischen Medien darauf hin, seine Firma habe
       150 Millionen Impfstoffportionen ausgeliefert und es seien 90 Millionen
       Menschen damit geimpft worden. Der Verdacht eines möglichen Zusammenhangs
       zwischen Pandemrix und Narkolepsie sei bislang nur aus Finnland und
       Schweden gekommen. Das könnte daran liegen, dass die meisten ÄrztInnen
       offenbar auf einen solchen Zusammenhang nicht geachtet hätten, meint
       jedenfalls Kari Lankinen von der Medizinalüberwachungsbehörde FIMEA.
       Mehrere KinderärztInnen bestätigten gegenüber finnischen Medien, eine
       mangelnde Sensibilität für derartige Nebenwirkungen gehabt zu haben.
       
       24 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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