# taz.de -- Zum Start der US Open: Federer gibt sich siegessicher
       
       > Nach einem enttäuschenden Jahr will der Tennisprofi bei den US Open
       > beweisen, dass er nichts von seiner alten Stärke verloren hat. Ein neuer
       > Trainer soll ihm dabei helfen.
       
 (IMG) Bild: Ein fabelhafter Rückhandschlag: Roger Federer während der Cincinnati Masters am 22. August 2010.
       
       NEW YORK CITY taz | Hat er oder hat er nicht? Ist er wirklich in der Lage,
       ganz lässig im schnieken Anzug aus sechs, sieben Metern Entfernung mit
       einem Aufschlag jemandem eine kleine Trinkflasche aus Aluminium vom Kopf zu
       schießen? Die Frage scheint eine Menge Leute zu beschäftigen. Mehr als
       sechs Millionen Klicks im Internet für seinen Kunstschuss in der besten
       Tradition des Schweizer Nationalhelden Wilhelm Tell deuten darauf hin, und
       das Interesse ist so groß, dass der Meister selbst nur staunen kann. "Damit
       hätte ich nie gerechnet", sagt Roger Federer, "freut mich."
       
       Der kleine Film für einen Werbepartner wurde vor ein paar Wochen in Zürich
       gedreht, und gemessen an der Zahl der Klicks muss man sagen: Das war der
       Coup des Jahres. Mit der Frage echt oder nicht wendet man sich am besten an
       Federers Kollegen, was allerdings zunächst nicht zur großen Erleuchtung
       führt; viele behaupten, das Video nicht gesehen zu haben.
       
       Der Schotte Andy Murray, ein Freund der klaren Worte, versteckt sich
       hingegen nicht hinter scheinbarer Ahnungslosigkeit. "Glauben Sie, das sei
       real?", fragt er zurück und grinst. "Allen Ernstes? Ich mag die Werbung,
       sie ist lustig. Aber in keinem Fall ist das Ding echt."
       
       Wie auch immer; fest steht, dass der virtuelle Erbe des alten Tell nicht
       mit einem einzigen Schuss jenen Titel gewinnen wird, um den es nun bei den
       US Open geht. Und fest steht auch, dass die Einschätzung, ob dies ein gutes
       oder eher mittelmäßiges Jahr in Federers glorreicher Karriere war,
       maßgeblich vom Gewinn dieses Titels abhängen wird, den er zwischen 2003 und
       2008 fünfmal in Folge gewonnen hatte.
       
       In einem Interview mit der BBC sagte er kürzlich, 20 Grand-Slam-Titel seien
       ein schönes Ziel. Den 16. und bis dato letzten gewann er Ende Januar bei
       den Australian Open, auf eine höchst überzeugende Art im Finale gegen Andy
       Murray. Doch die Niederlagen des Sommers, vor allem im Viertelfinale der
       French Open gegen Robin Söderling und im Viertelfinale von Wimbledon gegen
       Tomas Berdych, hinterließen Spuren; vor allem bei den anderen, die sich
       größere Hoffnungen als früher machen.
       
       Federer versichert, alles im Griff zu haben, denn er kenne die Gründe für
       die Niederlagen. Er sei nicht immer gesund gewesen und habe auch gespielt,
       wenn es besser gewesen wäre, darauf zu verzichten. "Wenn die Leute dann
       denken, oh, er ist nicht mehr derselbe wie früher, dann kann ich nur sagen:
       Das ist nichts Neues. Und ich hab ja wirklich bei ein paar Turnieren nicht
       so gespielt wie sonst."
       
       Nach einem Urlaub mit der Familie am Mittelmeer und der traditionellen
       sommerlichen Trainingseinheit Ende Juli geht es ihm wieder gut, und dass er
       vor gut einer Woche mit einem Sieg im Finale des Turniers von Cincinnati
       gegen den Amerikaner Mardy Fish den zweiten Titel des Jahres gewann,
       ziemlich genau ein halbes Jahr nach dem Gewinn des ersten seinerzeit in
       Melbourne, sieht er als gutes Zeichen.
       
       Aber vielleicht wird eine andere Begegnung dieses Sommers von
       nachhaltigerer Wirkung sein. Nachdem er sich zunächst im Training eine
       Testphase mit dem Amerikaner Paul Annacone, 47, gegönnt hatte, steht nun
       fest, dass der Coach festes Mitglied im Team sein wird. Annacone, früher
       selbst Profi, genießt in der Branche einen exzellenten Ruf, den er sich in
       der Zusammenarbeit mit Pete Sampras (1996 bis 2002) und dem Briten Tim
       Henman (2003 bis 2007) erworben hatte. Es sei einfach schön, eine andere,
       frische Stimme im Team zu hören, sagt Federer, und die Chemie stimme auch
       im Dreieck mit Severin Lüthy, dem langjährigen Freund, Begleiter und Coach.
       
       In der Night Session des ersten Tages wird sein Weg bei den US Open 2010
       gegen den kaum bekannten Argentinier Brian Dabul beginnen, und wenn alles
       gut geht, würde er gern am Ende dieses Weges der aktuellen Nummer eins des
       Tennis begegnen, Rafael Nadal. Fast überall auf der Welt haben die beiden
       bisher gegeneinander gespielt, aber noch nie in der großen Stadt.
       
       30 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Doris Henkel
       
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