# taz.de -- Regierungsbildung in Australien: Grüne stellen sich hinter Labor
> Mit dem Bündnis zwischen Labor und Grünen führt die Linke mit einem Sitz
> vor den Konservativen. Zwei unabhängige Abgeordnete spielen jetzt noch
> Zünglein an der Waage.
(IMG) Bild: Der grüne Abgeordnete Adam Bandt wird zukünftig kein Misstrauen gegen die Labor-Regierung von Julia Gillard.
CANBERRA taz | Das Ringen um die Macht in Australien dürfte noch bis
nächste Woche dauern. Wie der unabhängige Parlamentarier Tony Windsor am
Donnerstag meinte, lasse er sich "nicht hetzen". Mit jedem Tag wird der
Druck auf Windsor und zwei andere Unabhängige größer, sich entweder für die
bisher regierende Laborpartei unter Premierministerin Julia Gillard zu
entscheiden oder für die liberal-nationale Koalition unter ihrem
konservativen Gegenspieler Tony Abbott.
Keine der beiden Seiten hatte am 21. August eine absolute Mehrheit von
mindestens 76 der 150 Sitze im Repräsentantenhaus erreichen können. Neu
gewählt wurden jedoch ein Vertreter der Grünen sowie vier Unabhängige. Um
die Stimmen dieser Abgeordneten buhlen die beiden Großparteien. Denn nur
wer die Gunst der Mehrheit dieser Abgeordneten für sich gewinnt, kann die
neue Regierung bilden.
Am Donnerstagnachmittag bekannte sich der tasmanische Unabhängige Andrew
Wilkie zu Labor. Damit hat die bisherige Regierungspartei einen Vorsprung
von einem Sitz. Zuvor hatten die Grünen mit der Laborpartei ein
Koalitionsabkommen unterzeichnet. Darin verpflichtet sich der grüne
Abgeordnete Adam Bandt, eine künftige Laborregierung zu unterstützen und
gegen ein mögliches Misstrauensvotum zu stimmen. Für das Loyalitätszeugnis
musste Labor bedeutende Zugeständnisse machen. So verlangten die Grünen ein
hochrangiges Komitee, das Maßnahmen gegen den Klimawandel prüft. Auch
wollen sie eine Parlamentsdebatte über den militärischen Einsatz
Australiens in Afghanistan. Außerdem sollen die Ureinwohner, die
Aborigines, in der Verfassung anerkannt werden. Mit diesen Bedingungen
zeigt die Umweltpartei ihre neue Machtposition. Neben dem einen Sitz im
Unterhaus werden die Grünen künftig auch im Senat, dem Oberhaus, mit neun
Vertretern das Zünglein an der Waage spielen.
Oppositionsführer Tony Abbott kritisierte das Bündnis heftig. Die Grünen
hätten mit ihm "nie ernsthaft verhandelt". Das hing laut der Umweltpartei
vor allem daran, dass Abbott ein erklärter Klimaskeptiker ist
(Abbott-Zitat: "Klimawandel ist Mist") und strikt gegen einschneidende
Maßnahmen zur Bekämpfung dieser globalen Bedrohung ist. Vor allem die
Bergbauindustrie solle "sich große Sorgen machen", wetterte auch die den
Konservativen nahestehende Tageszeitung The Australian. Die Grünen fordern
eine Ausweitung der von der Laborpartei vorgeschlagenen Steuer auf hohe
Gewinne im Bergbau. Abbott hatte am Donnerstag aber andere Sorgen. Eine
Prüfung seiner im Wahlkampf gemachten Versprechen durch das
Schatzkanzleramt zeigte ein Loch im Budget von bis zu 11 Mrd. australischen
Dollar (rund 7,8 Mrd. Euro). Er hatte sich tagelang geweigert, dem Amt die
Zahlen vorzulegen.
Mit Wilkie und Bandt auf ihrer Seite kontrolliert Labor nun 74 Sitze, die
Konservativen kontrollieren 73 Sitze - zu wenige, um eine Regierung bilden
zu können. Gillard und Abbott hoffen nun, dass sich die restlichen
Unabhängigen für sie entscheiden. Doch diese lassen sich Zeit. In langen
Gesprächen mit beiden Seiten fordern sie Zugeständnisse - in erster Linie
für ihre eigenen Wahlkreise. Für eine wachsende Zahl von Australiern wird
das Warten zur Geduldsprobe. Immer lauter wird in einigen Medien der Ruf
nach Neuwahlen. Andere Wähler sind dagegen zufrieden mit der Pattsituation.
Da die bisherige Regierung gemäß Verfassung nur als Verwalterin tätig sein
und keine Entscheide treffen darf, "können die Politiker auch nichts
vermasseln", so ein Kommentator im australischen Fernsehen.
2 Sep 2010
## AUTOREN
(DIR) Urs Wälterlin
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