# taz.de -- Koalition einigt sich auf längere Laufzeiten: Atomstrom noch bis mindestens 2036
       
       > Je nach Baujahr sollen die deutschen Akws künftig acht oder vierzehn
       > Jahre mehr Laufzeit zugestanden bekommen. Damit käme der letzte Reaktor
       > frühestens Mitte der Dreißiger Jahre vom Netz.
       
 (IMG) Bild: Da haben wir noch lange was von.
       
       BERLIN apn/dpa/taz | Nach monatelangem Gerangel haben sich Union und FDP
       auf eine Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke geeinigt.
       Die Akws sollen im Schnitt zwölf Jahre länger am Stromnetz bleiben. Ältere
       Meiler sollen acht Jahre zusätzlich laufen, jüngere 14 Jahre. Dies
       berichteten Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister
       Rainer Brüderle (FDP) in der Nacht zum Montag nach fast zwölfstündigen
       Beratungen im Berliner Kanzleramt.
       
       Für diese gestaffelte Lösung will die Regierung die 17 deutschen Atommeiler
       nun in zwei Gruppen unterteilen, je nach Baujahr. Im Gegenzug zur
       Laufzeitverlängerung müssen die großen Energiekonzerne wie geplant ab 2011
       die Brennelementesteuer von 2,3 Milliarden Euro jährlich zahlen –
       allerdings nur befristet auf einige Jahre. Ergänzend wird ein neuer
       "Sonderbeitrag" zur Förderung erneuerbarer Energien fällig, auf den sich
       die Atomkonzerne vertraglich festlegen sollen.
       
       Durch die Verlängerung der Laufzeit um mindestens acht Jahre hätten zudem
       auch die älteren Akws noch eine weitere Gnadenfrist von zwei
       Legislaturperioden. Zeit genug, um die Laufzeit ein weiteres Mal zu
       verlängern. Nach dem alten Ausstiegsgesetz wären eigentlich die Akws Biblis
       A, Neckarwestheim 1 noch dieses Jahr, Biblis B und Isar 1 kommendes Jahr
       fällig gewesen.
       
       Brüderle sprach von einem "großen Wurf", Rötten von einem Erfolg für die
       Koalition. Kanzlerin Angela Merkel will sich am (heutigen) Montagvormittag
       äußern. Die CDU-Chefin hatte selbst zehn bis 15 Jahre längere Laufzeiten
       ins Gespräch gebracht – über die derzeit geltende Frist bis etwa 2022
       hinaus.
       
       Mehrere hundert Atomkraftgegner begleiteten die Marathon-Beratungen im
       Kanzleramt mit lautstarkem Protest. SPD, Grüne und Linke kritisierten, die
       schwarz-gelbe Koalition betreibe Lobbyismus zugunsten der Stromkonzerne,
       nur um deren Profite zu sichern.
       
       Kritik der Opposition 
       
       SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte die Grundsatzeinigung der Regierung auf eine
       gestaffelte Laufzeitverlängerung einen "schwarzen Tag für die
       Energiepolitik". Union und FDP hätten sich sich von den Stromkonzernen
       unter Druck setzen lassen, damit diese weiter täglich Millionen an
       Zusatzgewinnen einstreichen könnten, kritisierte er in der ARD.
       
       Solange aber alte, abgeschriebene Atomkraftwerke nicht abgeschaltet würden,
       verstopften diese die Stromnetze für erneuerbare Energien. Weiter
       bekräftigte er den Plan der SPD, gerichtlich prüfen zu lassen, ob nicht die
       Länder via Bundesrat über die Laufzeitverlängerung mitentscheiden müssten.
       Diese seien schließlich für die Sicherheit verantwortlich. In der
       Länderkammer hat die Regierungskoalition keine Mehrheit mehr, deshalb will
       sie die Laufzeitverlängerung im Alleingang beschließen.
       
       Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn kündigte an, ihre Partei werde sich dafür
       einsetzen, diesen Beschluss wieder rückgängig zu machen. "Die
       Bundesregierung hat heute ihren politischen Zusammenhalt über die
       Sicherheit der Bevölkerung und das Wohl künftiger Generationen gestellt",
       warf sie Union und FDP vor.
       
       Die Linke-Parteichefin Gesine Lötzsch befand: "Die Stromlobby hat sich in
       entscheidenden Fragen durchgesetzt. Der Bund hat sich unter Merkel als
       erpressbar erwiesen." Die Atomkonzerne dürften mit abgeschriebenen Meilern
       billig Strom produzieren, ihn teuer verkaufen und die Gewinne zu großen
       Teilen einstecken. Der schnelle Atomausstieg komme wieder auf die
       Tagesordnung, sobald es eine andere Regierungsmehrheit gibt, versprach sie.
       
       Den Atomausstieg hatte die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000 mit den
       Energieversorgern vereinbart und 2002 gesetzlich verankert. Das
       Ausstiegsgesetz sieht für jeden der damals noch 19 produzierenden
       Atommeiler sowie für den bereits 1988 abgeschalteten Reaktor
       Mülheim-Kärlich eine Strommenge vor, die noch produziert werden darf, bevor
       die Betriebserlaubnis erlischt. Daraus ergaben sich durchschnittliche
       Laufzeiten von 32 Jahren. Die Strommengen sind von älteren auf neuere
       Reaktoren übertragbar. Außerdem schwankt sich die Stromproduktion, abhängig
       von Wartungszeiten oder technischen Aufrüstungen. [1][Nach Berechnungen von
       Greenpeace] käme nach dem rot-grünen Ausstiegsgesetz und dem derzeitigen
       Stand der Strommengen das letzte Akw 2022 vom Netz. Dabei handelt es sich
       um den Reaktor Neckarwestheim 2.
       
       Stade und Obrigheim abgeschaltet 
       
       Die Meiler in Stade und Obrigheim wurden nach dem Atomkonsens planmäßig
       2003 und 2005 abgeschaltet. Somit sind nun noch 17 Atomkraftwerke in fünf
       Bundesländern am Netz.
       
       Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) reagierte empört auf die
       Laufzeitverlängerung. Geschäftsführer Björn Klusmann sagte der Frankfurter
       Rundschau, dies behindere den Ausbau der erneuerbaren Energien. Fairer
       Wettbewerb werde auf Jahrzehnte verhindert und die monopolartigen
       Strukturen zementiert.
       
       6 Sep 2010
       
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 (DIR) [1] http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/atomkraftwerke/
       
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