# taz.de -- Integrationsdebatte kommt voran: 500.000 Einwanderer pro Jahr gefordert
       
       > Die Regierung verabschiedet ein neues Integrationsprogramm. Derweil
       > fordert das Wirtschaftsinstitut DIW eine halbe Millionen Einwanderer pro
       > Jahr, um den Arbeitsmarkt zu stützen.
       
 (IMG) Bild: Ob sie sich gemeint fühlt?
       
       BERLIN afp | Die Bundesregierung will mehr Lehrer mit Migrationshintergrund
       an die Schulen bringen. Das empfehle das "Bundesweite
       Integrationsprogramm", das vom Kabinett am Mittwoch beschlossen werden
       soll, berichtete die Zeitung Die Welt. SPD und Grüne forderten in der
       Debatte um Versäumnisse der Zuwanderungspolitik unterdessen eine Ablösung
       der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), und
       das DIW fordert eine halbe Millionen Einwanderer pro Jahr, "um unsere
       Wirtschaftskraft dauerhaft zu sichern".
       
       Lehrer mit ausländischen Wurzeln würden die Vielfalt in der Schule bewusst
       machen und dazu beitragen, "Chancen aufzudecken, die in dieser Vielfalt
       liegen", heißt es laut Welt in dem geplanten Programm der Bundesregierung.
       Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will das 197 Seiten starke Programm
       des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge am Vormittag in Berlin
       vorstellen. Darin wird laut Welt Bildung als Schlüssel zur Integration
       dargestellt. Gefordert werde in dem Bericht, die Sprachförderung im
       Deutschen möglichst früh zu beginnen. Das Programm ist keine direkte
       Reaktion auf die Thesen von Bundesbank-Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin,
       sondern wurde schon lange vorbereitet.
       
       Außenminister Guido Westerwelle (FDP) kündigte an, die Bundesregierung
       wolle noch im Herbst auf einem weiteren Integrationsgipfel über notwendige
       Konsequenzen im Bereich Migration beraten. "Wir brauchen beim Thema
       Integration immer wieder eine genaue Bestandsaufnahme", sagte der
       Vize-Kanzler der Passauer Neuen Presse. Die Politik müsse "diese Probleme
       konsequent anpacken" und "eine ernsthafte Diskussion" über das Thema
       Integration führen.
       
       500.000 Einwanderer pro Jahr 
       
       Deutschland braucht nach Einschätzung des Deutschen Instituts für
       Wirtschaftsforschung (DIW) eine deutlich offensivere Einwanderungspolitik.
       Angesichts der Überalterung der Gesellschaft benötige Deutschland "dringend
       Arbeitskräfte und Zuwanderer aus dem Ausland", sagte DIW-Präsident Klaus
       Zimmermann dem Hamburger Abendblatt. Nötig seien "mindestens netto 500.000
       mehr Menschen pro Jahr, um unsere Wirtschaftskraft dauerhaft zu sichern".
       
       Ab 2015 verliere die deutsche Wirtschaft "jedes Jahr rund 250.000
       Mitarbeiter", sagte Zimmermann. "Dann fehlen aber bereits drei Millionen
       Arbeitskräfte am Markt – insbesondere Fachkräfte". Ohne Zuwanderung werde
       der Wohlstand sinken und die Lebensarbeitszeit müsse in Deutschland auf
       rund 70 Jahre verlängert werden.
       
       Zimmermann forderte, die Einwanderung künftig einerseits
       arbeitsmarktsorientiert auf den kurzfristigen Bedarf abzustimmen. "Wer
       einen Job hat, darf bis zu fünf Jahre kommen", sagte er. "Andererseits
       brauchen wir ein Punktesystem für dauerhafte Zuwanderung, wie es
       beispielsweise Australien oder Kanada praktizieren, bei dem es vor allem
       auf die Ausbildung ankommt."
       
       Maria Böhmer absetzen 
       
       Die Opposition forderte die Regierung auf, die Integrationsbeauftragte
       Böhmer zu ersetzen. Sei sei in ihrem Amt "eine krasse Fehlbesetzung", sagte
       der SPD-Rechts- und Innenexperte Sebastian Edathy der Neuen Osnabrücker
       Zeitung. Der innenpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Dieter
       Wiefelspütz, nannte Böhmer in dem Blatt "eine Frühstückdirektorin, mit der
       sich keine handfeste Integrationspolitik verbindet". Auch für den
       integrationspolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion, Memet Kilic, ist
       Böhmer "nicht die Richtige, um die anstehenden Herausforderungen in der
       Integrationspolitik zu meistern". Sie mache öffentlich große Ankündigungen,
       habe aber nichts bewegt.
       
       Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) äußerte sich ähnlich. Er
       bezeichnete in der Berliner Zeitung Zuwanderung als Möglichkeit, dem
       Bevölkerungsschwund in Deutschland entgegenzuwirken. Die Einwanderung müsse
       forciert werden, "wenn wir die Leistungsfähigkeit Deutschlands erhalten
       wollen"
       
       8 Sep 2010
       
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