# taz.de -- Kommentar Altersstudie: Ungleichheit stresst auch Reiche
       
       > Die Regierung empfiehlt den gering Qualifizierten, doch stärker in die
       > private Vorsorge zu investieren. Leider vergisst sie zu erwähnen, woher
       > das Geld dafür kommen soll.
       
       Die Deutschen sind zufrieden, so wirkt es auf den ersten Blick. 60 Prozent
       bewerten ihren Lebensstandard als gut oder gar sehr gut, wie der aktuelle
       Alterssurvey ergab, der 40-bis 85-Jährige befragte. Doch im Detail zeigt
       diese Untersuchung, wie schnell die deutsche Gesellschaft erodiert und sich
       in Privilegierte und Benachteiligte spaltet.
       
       Um einige der Befunde der Regierungsstudie kurz aufzuzählen: Abiturienten
       und Hochschulabsolventen haben ein nahezu doppelt so hohes Einkommen wie
       niedrig Qualifizierte. Auch das Vermögen der Gebildeten fällt deutlich
       höher aus - was nicht zuletzt daran liegt, dass sie mit anderen Vermögenden
       verwandt sind und also fast doppelt so häufig mit Erbschaften rechnen
       können. Da sie gut verdienen, fällt es den Gebildeten zudem leichter, in
       eine private Altersvorsorge zu investieren - und die staatlichen
       Subventionen dafür zu kassieren.
       
       Die ökonomische Spaltung hat psychische Folgen. Allerdings sind nicht nur
       Arme besorgt, wenn sie an ihre Zukunft denken - auch manche Reiche fühlen
       sich verunsichert. Der Alterssurvey bestätigt damit erneut, was sich auch
       in epidemologischen Studien aus der Medizin zeigt: Ungleichheit stresst
       eine Gesellschaft, und zwar in allen Schichten.
       
       Künftig dürfte dieser Stress noch größer werden. Denn die Studie bildet
       auch ab, dass selbst der lange Wirtschaftsaufschwung von 2005 bis 2008 bei
       den meisten Bürgern nicht angekommen ist. Das reale mittlere
       Haushaltseinkommen stagnierte.
       
       Auf die eigenen Befunde reagiert die Regierung eher hilflos. So empfiehlt
       sie den gering Qualifizierten, doch stärker in die private Vorsorge zu
       investieren. Leider vergisst sie zu erwähnen, woher die Niedriglöhner das
       Geld für die Raten nehmen sollen.
       
       8 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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