# taz.de -- +++ Ticker Antiatom-Großdemo (fertig) +++: "Atomkraft ist einfach blöd"
       
       > Rund 100.000 Menschen kamen nach Angaben der Veranstalter am Samstag nach
       > Berlin, um gegen Atomkraft zu demonstrieren. Es war ein machtvoller,
       > friedlicher Akt.
       
 (IMG) Bild: "Atomkraft: Schluss Jetzt": Tausende Atomkraftgegner demonstrieren in Berlin.
       
       18.00 Uhr ++ Das war´s ++ 
       
       Es ist ein mächtiges Gefühl, das bleibt. Auf dem Vorplatz des Berliner
       Hauptbahnhofes fand ein großes Volksfest statt und auf den Treppen des
       deutschen Bundestages saßen bis zuletzt hunderte Menschen und skandierten
       "Abschalten!" und "Schwarz-Gelb weg!" Sie trommelten auf gelbe Fässer und
       wurden nicht müde.
       
       Die Demo ist vorbei, die Abschlusskundgebungen auch. Bis 19.00 Uhr legt auf
       dem Bahnhofsvorplatz jetzt noch der Berliner DJ Sven Dohse auf. Auch die
       Berliner Feierszene unterstützt so unter dem Motto „Atomkraft wegblasen“
       die Proteste.
       
       Vertreter der Oppositionsparteien nahmen an der Demo teil. SPD-Chef Sigmar
       Gabriel kritisierte am Rande des Aufmarschs, Angela Merkel sei eine
       Kanzlerin der Konzerne geworden. Sie müsse sich nicht wundern, dass ihre
       Deals mit den Atomkonzernen die Menschen auf die Straßen treibe. Der
       Protest in Berlin sei erst der Anfang. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte,
       was Union und FDP gemacht hätten, „ist ein Anschlag auf die Demokratie“.
       
       Regierungsvertreter nannten den Protest von SPD und Grünen unglaubwürdig.
       „Untergehakt mit der Linkspartei, versuchen Gabriel, Trittin und Co. Ihre
       massiven Versäumnisse vergessen zu machen“, sagte CDU-General Hermann
       Gröhe.
       
       Die Veranstalter zeigten sich zufrieden. Fest steht: Es war eine der
       größten Anti-Atomdemos der vergangenen Jahre. Aus dem ganzen Bundesgebiet
       kamen Sonderzüge und über 150 Busse.
       
       Mit so vielen Teilnehmern hätten sie nicht gerechnet. Gemeinsam erklärten
       die Vertreter von BUND, campact, Naturfreunde Deutschland und ausgestrahlt:
       "Der heutige unerwartet breite Protest zehntausender Menschen zeigt: Die
       Bevölkerung duldet keine Klientelpolitik für Atomkonzerne auf Kosten ihrer
       Sicherheit." Nach dieser Demonstration werde der schwarz-gelben
       Regierungskoalition klar geworden sein, "dass sie sich mit ihrem Atomdeal
       gehörig die Finger verbrannt hat". Das letzte Wort sei noch nicht
       gesprochen.
       
       Damit verabschiedet sich die das taz-Team von der Straße und aus der
       Redaktion. Mehr Berichte und Hintergründe zur bundesweiten Anti-Atom-Demo
       in Berlin lesen Sie am Montag in der taz.
       
       17.47 Uhr ++ Reichstag ++ 
       
       Die Veranstalter sprechen zu denen auf der Reichstagstreppe. Im Namen der
       Veranstalter mögen sie bitte weiterziehen, bittet Uwe Hiksch von den
       Naturfreunde Deutschlands die Treppenbesetzer. "Bilder von Festgenommenen
       kann heute keiner gebrauchen." sagt er. Viele jubeln, ein paar wollen
       bleiben, aber dann löst sich die Sitzblockade langsam auf. "wir sehen uns
       im November beim Castor wieder" ruft Hiksch ihnen zu. Dann ziehen viele
       davon.
       
       17.25 Uhr ++ Reichstag ++ 
       
       Die Situation hat sich entspannt. Zwar sitzen noch immer viele
       Demonstranten auf den Stufen zum Reichstag, die Polizei hält sich aber
       zurück und schaut entspannt zu. Es sieht nicht mehr nach Räumung aus. Sie
       sollen wohl einfach ausgehungert werden.
       
       17.05 ++ Bahnhofsvorplatz ++ 
       
       "Das war ein überwältigendes Gefühl, heute Mittag hier in Berlin aus dem
       Bus zu steigen und all diese Menschen zu sehen", sagt Franz Tobiasch. Der
       62-Jährige ist aus dem bayerischen Örtchen Westendorf gekommen. Er hat ein
       rote Weste von der Linkspartei an, eine Trillerpfeife hängt ihm um den
       Hals. "An 100.000 Menschen auf der Straße kann niemand mehr vorbeigehen",
       sagt er. "Auch Angela Merkel nicht." Er sei überzeugt, dass die nächste
       Bundesegierung nicht mehr aus Schwarz-Gelb bestehen wird, sagt er mit
       bayerischem Akzent. "Dafür hat sich das hier heute gelohnt."
       
       17.00 Uhr ++ Reichstag ++ 
       
       Jetzt wird es doch nochmal etwas unruhig. Einige hundert Demonstranten
       sitzen auf der Treppe des Reichtags, rufen abwechseln "Wir sind das Volk"
       und "Abschalten". Die Polizei will das wohl nicht länger hinnehmen, hat
       etliche Anti-Konflikt-Teams zusammengezogen und etliche Beamte aus
       Hundertschaften. Es sieht so aus, als würden sie die Räumen des
       Reichstagstreppen vorbereiten.
       
       16.50 Uhr ++ Hauptbahnhof ++ 
       
       Riesegedränge im Hauptbahnhof. Viele tausend Demonstranten wollen mit der
       S-Bahn zum Ostbahnhof, wo die Busse parken. Die Züge sind vollgestopft, an
       Fahrkartenkontrolle ist da zum Glück nicht zu denken.
       
       16.40 Uhr ++ Reinhardtstraße FDP-Parteizentrale ++ 
       
       Über 1000 Antiatom-Aufkleber hatten die Demonstranten am Mittag an die
       FDP-Parteizentrale geklebt. Von Wand und Tür und Fensterscheiben war kaum
       mehr etwas zu sehen. Jetzt stehen hier vier Polizisten, sie murren.
       Aufkleber für Aufkleber entfernen sie - per Hand. "Zu unseren originären
       Aufgaben gehört das eigentlich nicht", sagt einer. Aber es war "Anweisung
       von oben".
       
       16.35 Uhr ++ Washingtonplatz ++ 
       
       Bei der Abschlusskundgebung auf dem Washingtonplatz ist die Stimmung
       entspannt und friedlich. Viele stärken sich mit frischen Fritten und
       Bratwurst, sitzen entspannt auf dem Boden, reden über den Tageserfolg. Noch
       immer wehen hunderte bunte Fahnen im Wind. Die Kampfstimmung ist verflogen.
       Jetzt spielt Musik.
       
       16.30 Uhr ++ Bahnhofsvorplatz ++ 
       
       Die Abschlusskundgebung mit ein paar organisatorischen Problemen. Während
       auf der einen Seite der Bühne die Menschen dicht gedrängt stehen, ist
       direkt vor dem Bahnhof auf dem Washingtonplatz noch viel Freiraum. Die
       Reden bekommen jedenfalls nicht alle mit. Viele sind noch auf dem Rückweg
       vom Regierungsviertel, andere gehen bereits in den Bahnhof oder strömen zu
       ihren Bussen, um die Rückreise anzutreten.
       
       BUND-Chef Hubert Weiger ruft bei seiner Rede zu weiterem Widerstand gegen
       das Atomprogramm auf. Neben der Bühnen türmen Demonstranten Blechdosen zu
       einem Atommüllberg auf.
       
       16.22 Uhr ++ Hauptbahnhof ++ 
       
       Ein Glanztag des Kapitalismus. Im Hauptbahnhof stürmen hungrige
       Demonstranten die Fressbuden. Vor jedem Bäcker stehen ellenlange Schlangen.
       Auch vor Burger King.
       
       16.14 ++ Hauptbahnhof ++ 
       
       Die Demo ist vorbei. Nun gibt es noch Reden vor den Hauptbahnhof, aber
       viele machen sich so langsam wieder auf den Heimweg, zu den Bussen und
       Zügen.
       
       16.13 Uhr ++ Washingtonplatz ++ 
       
       Am Brückengeländer vor dem Hauptbahnhof lehnt lässig ein Vater mit seinem
       Kind. "Clubfans gegen Atom" steht auf seinem schwarz-roten T-Shirt. Es ist
       der Protest gegen den Atom-Konzern "Areva", dem Trikotsponsor des 1. FC
       Nürnberg. Wenn der Verein morgen gegen Leverkusen spielt, ist die Atomkraft
       wieder dabei. Allerdings: Im Geschäft ist Areva weitaus erfolreicher als
       der Club in der Liga.
       
       15.55 Uhr ++ Washingtonplatz ++ 
       
       Robin Kempkens ist 15 Jahre alt und heute zum ersten Mal bei einer Demo.
       Mit seiner Familie ist er von Bonn nach Berlin gereist. "Bei Atomkraft gibt
       es nur einen Standpunkt", sagt er. Robin Kempkens darf noch nicht wählen.
       Aber er sagt: "Dieses Thema hat mich politisiert."
       
       15.45 Uhr ++ Luisenstraße / Schiffbauerdamm ++ 
       
       Atomkraft einfach wegtanzen, lautete hier das Motto. Hunderte junge
       Menschen tanzen zu den Technoklängen des Bachstelzen-Wagens.
       
       15.40 Uhr ++ Reichstag ++ 
       
       "Dem Deutschen Volke" - Die Demonstranten nehmen den Schriftzug am
       Reichstag heute wörtlich. Sie belagern die Treppen, stürmen auf die
       eigentlich gesperrte Wiese.
       
       15.35 Uhr ++ Regierungsviertel ++ 
       
       Für eine Viertelstunde haben sich alle hier hingesetzt. Die letzten fünf
       Minuten sollten die Demonstranten soviel Krach wie möglich machen.
       Ohrenbetäubender Lärm, der Atomalarm.
       
       Jetzt geht es zurück Richtung Bahnhof. Dort geht es auf dem Washingtonplatz
       weiter.
       
       15.30 Uhr ++ Konrad-Adenauer-Strasse ++ 
       
       Sspreebrücke: Üben für den Ernstfall. Die Demonstranten üben Sitzblockaden
       für den Ernstfall. Alle setzen sich auf den Boden. aus dem Demo-Wagen sagt
       einer: "Genau so wird es aussehen, wenn im November die Castoren rollen."
       Jetzt schreien alle im Chor: "AB-SCHAL-TEN!"
       
       15.30 Uhr ++ Veranstalter sprechen von 100.000 Teilnehmern ++ 
       
       Nach Angaben der Veranstalter demonstrieren heute in Berlin 100.000
       Menschen gegen Atomkraft, umzingeln das Regierungsviertel und fordern
       "Atomkraft: Schluss jetzt". Mit Sonderzügen und über 150 Bussen waren sie
       aus dem ganzen Bundesgebiet zu der Demonstration angereist.
       
       15.25 Uhr ++ Schiffbauerdamm ++ 
       
       Der Sitzprotest hat begonnen. Alle haben sich niedergelassen.
       
       15.20 Uhr ++ Konrad-Adenauer-Straße ++ 
       
       Die Demonstration geht jetzt in Volksfeststimmung über. Auf der
       Spree-Brücke an der Konrad-Adenauer-Straße trommelt eine Samba-Gruppe. Die
       Menschen tanzen, ein Mann pustet Seifenblasen. Die Stimmung ist ausgelassen
       und heiter.
       
       15.20 Uhr ++ Schiffbauerdamm ++ 
       
       Auf allen Brücken, an allen Ufern in Sichtweite Demonstranten. Trausende
       Tröten, Trillerpfeifen und Trommeln machen gewaltig Krach. Der Sitzprotest
       verzögert sich, weil immer noch Leute im Anmarsch sind.
       
       15.10 Uhr ++ Bahnhofsvorplatz ++ 
       
       Langsam ist das Ende des Demozugs in Sicht. Die letzten Teilnehmer
       verlassen jetzt den Bahnhofsvorplatz. Kaum einer nimmt mehr die offizielle
       Demoroute, die meisten steuern direkt aufs Regierungsviertel zu. Es sind
       gigantisch viele Menschen. Alle Seitenstraßen über die gesamten Route
       hinweg sind voller Menschen.
       
       15.05 Uhr ++ Reinhardtstraße ++ 
       
       Unter ihrer Stöckelfahne, die sie auf jede Demo mitnehmen, versammeln sich
       Leute aus der ehemaligen schwul-lesbischen Hausbesetzerszene. Sie warten
       auf den Technowagen der Bachstelzen.
       
       15.05 Uhr ++ Bundeskanzleramt ++ 
       
       Klaus Beck ist heute um 5 Uhr morgens aufgestanden und mit dem Bus aus
       Ostwestfalen angereist. Er hat einen weißen Schutzanzug an und eine
       gruselige Atemschutzmaske auf dem Kopf. Vor dem Kanzleramt schlägt er Alarm
       auf einer gelben Atommülltonne. Es ist ein Bild für die Tagesschau. Die
       ARD-Kollegen filmen ihn. "Stell dich mal da vorne hin", sagen sie.
       
       15.00 Uhr ++ Reinhardtstraße ++ 
       
       Ramon ist mit vielen Freunden aus der Nähe von Verden angereist. Er hat
       heute Geburtstag. "Ich wünsche mir von Frau Merkel, dass sie sich den
       Atombossen nicht vor die Füße wirft. Und dass die Atommeiler endlich
       abgeschaltet werden", sagt er taz.de.
       
       14.55 Uhr ++ Platz der Republik ++ 
       
       Es ist eine seltsame Ruhe: während rundherum in der Berliner Innenstadt die
       Trillerpfeifen und die Trommeln Lärm machen, ist es auf der Wiese vor dem
       deutschen Bundestag ganz ruhig. Das Grünflächenamt hatte verboten, dass
       hier demonstriert wird. Da, wo die Entscheider sonst abstimmen, ist es
       ruhig. Erst ein paar hundert Meter weiter stehen die Demonstranten geballt
       zusammen.
       
       14.50 Uhr ++ Schiffbauerdamm ++ 
       
       Etwas Chaotisch läuft die Umzingelung. Tausende Demonstranten strömen kreuz
       und quer durchs Regierungsviertel.
       
       14.40 Uhr ++ Schiffbauerdamm ++ 
       
       Anti-Atom-Proteste zu Land und zu Wasser: Zwischen den Touristenschiffen
       kurvt auch ein mit Fahnen und Transparenten geschmücktes Boot übers Wasser.
       
       14.35 Uhr ++ Dorotheenstraße ++ 
       
       Es geht weder vor noch zurück. Tausende stehen dicht gedrängt in der
       Dorotheenstraße, jubeln, feiern - direkt neben der Verwaltungsgebäuden des
       Deutschen Bundestags. Hier weiß keiner so genau, ob die Umzingelung
       eigentlich schon offiziell begonnen hat.
       
       14.25 Uhr ++ Reinhardtstraße 14 ++ 
       
       Arme Liberale. Der Demozug zieht direkt an ihrer Parteizentrale in der
       Reinhardtstraße 14 vorbei. Laute Buh-Rufe und Pfiffe. Die Demonstranten
       hinterlassen der FDP viele kleine Denkzettel in Form von bald 1000
       Antiatom-Aufklebern. Sie haben das gelbe Schild der FDP wörtlich genommen.
       "Mitmach-Zentrale" steht darauf.
       
       Reinhard Bütikhofer (Grüne) gegenüber taz.de: "Die FDP spielt hier die
       kleinste Rolle. Die ist eh immer gekauft."
       
       Ein Demoteilnehmer mit einem gelben Atomtonnen-Outfit rüttelt an der Tür,
       will sich ins Thomas-Dehler-Haus schmeißen. Die Polizei hindert ihn sanft
       daran. Unterdessen ertönen über die Reinhardtstraße laute "Abschalten -
       Abschalten"-Rufe.
       
       14.20 Uhr ++ Kreuzung Dorotheen- / Wilhelmstraße ++ 
       
       Leichtes Chaos bei der Zugteilung. Eigentlich sollen nur Demonstranten mit
       roten und gelben Armbändern in die Wilhelmstraße abbiegen. Doch auch
       etliche andere wählen diese kürzere Route. Das Ende der Demo ist nicht in
       Sicht.
       
       14.05 Uhr ++ Reinhardtstraße ++ 
       
       Die Nachricht der Beschäftigten: "Die taz-Genossenschaftsversammlung grüßt
       alle TeilnehmerInnen der Anti-Atom-Demonstration" steht auf einem roten
       Transparent mit gelber Schrift in der Reinhardtstraße. Ein paar Dutzend
       Meter weiter diskutieren die taz-GenossInnen über die Zukunft der Zeitung.
       
       14.00 Uhr ++ Kreuzung Dorotheen- / Wilhelmstraße ++ 
       
       Die Demo erreicht die Stelle, an der sich der Zug teilen und die
       Umzingelung beginnen soll. Die Spitze zieht in die Dorotheenstraße Richtung
       Scheidemannstraße. Auf der Kreuzung spielen Sambagruppen.
       
       13.51 Uhr ++ Reinhardtstraße ++ 
       
       Linus Debrodt ist neun Jahre alt und heute zum ersten Mal auf einer Demo.
       Heute morgen hat er mit dem SV Pfefferberg beim Fußball noch 8:4 gewonnen.
       Jetzt demonstriert die halbe e-Jugend. Linus sagt: "Atomkraft ist einfach
       blöd, weil es Krankheiten austragen kann, wenn was explodiert."
       
       13.45 Uhr ++ Friedrichstraße ++ 
       
       Aktivistin Hanna Poddig kritisiert die Rolle der Parteien im Streit um
       Atomkraft. "Es bringt nichts, auf die Parteien zu setzen. Man hat ja
       gesehen, was dabei rauskommt. Der Atomkonsens hat nichts gebracht", sagt
       sie taz.de. Stattdessen solle man den Atomausstieg selbst machen. Nicht nur
       indem man auf Ökostrom umsteige, sondern indem man aktiv vor Ort
       protestiere. Vor allem die Castortransporte.
       
       13.40 Uhr ++ Friedrichstadt-Palast ++ 
       
       Die Spitze der Demo erreicht die Friedrichstraße. Viele Flugblätter und
       Transparente im Zug mobilisieren schon zu den Castorprotesten im November.
       Auch viele Demonstranten sagen, dass sie den Atommülltransport blockieren
       werden.
       
       13.30 ++ Spree ++ 
       
       Außergewöhnlicher Einsatz: die "Sturmmöwe" der Wasserschutzpolizei gibt
       Vollgas auf der Spree". Anlass: Aktivisten hängen mit einem Transparent an
       einer Spree-Brücke. Darauf steht: "Wir blockieren den Castor! du auch?"
       
       13.25 ++ Kapelleufer ++ 
       
       Angela Merkel ist auch mit auf der Demo. Sie hat ein Sektglas in der Hand.
       Jetzt stößt sie an: "Ein Prost auf den Geheimvertrag!" steht auf dem
       Transparent.
       
       13.20 Uhr ++ Kapelleufer ++ 
       
       Bisher war das Wetter den Atomkraftgegnern gewogen. Jetzt regnet´s Mit
       etwas Mühe gelingt es auch einer Gruppe von Tierrechtlern, ihr Anliegen in
       die Demo einzubringen: "Gegen die Spaltung von Tier und Atom" steht auf
       ihrem Transparent".
       
       13.07 ++ Kapelleufer ++ 
       
       Monika, 62, und Manfred Thurn, 67, sind aus Bernau gekommen. "Wir sind
       1989er-erprobt", sagen sie. "Jetzt muss diese Regierung gekippt werden."
       Schwarz-Gelb sei eine Lobby-Regierung. "Die müssen weg. Aber dazu mssen wir
       mehr werden."
       
       13.05 Uhr ++ Kapelleufer ++ 
       
       Jetzt geht die eigentliche Demo los, der Menschenzug setzt sich in Richtung
       Reinhardstraße in Bewegung. Auf der Brücke formiert sich die Spitze des
       Demozuges. Ganz vorn Trecker aus dem Wendland und hunderte Radfahrer. Die
       Menge ist unübersehbar groß, genaue Zahlen noch unmöglich zu schätzen.
       Sirenen heulen.
       
       12.50 Uhr ++ SPD und Grüne: Atompläne Anschlag auf Demokratie ++ 
       
       Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat der Regierung wegen ihrer
       Atompolitik das Schüren eines der größten gesellschaftlichen Konflikte der
       Bundesrepublik vorgeworfen. "Ich fürchte, dass es nicht nur friedliche
       Auseinandersetzungen geben wird", sagte Gabriel am Samstag am Rande der
       Großdemonstration in Berlin gegen den schwarz-gelben Atomkurs.
       
       Grünen-Chefin Claudia Roth sagte, was Union und FDP planten, sei ein
       Anschlag auf die Demokratie. Am Bundesrat vorbei wolle Schwarz-Gelb den
       "Atom-Deal" beschließen. Dagegen würden die Grünen und mehrere Bundesländer
       vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.
       
       Zudem handele die Regierung am Parlament vorbei in Hinterzimmern mit den
       Atomkonzernen die Bedingungen für längere Laufzeiten aus. "Das ist ein
       sittenwidriger Vertrag, sagte Roth. "Wir werden auf der Straße zeigen, dass
       diese Politik von Schwarz-Gelb keine Mehrheit hat." Man werde auf allen
       Ebenen gegen die Atompläne kämpfen.
       
       "Diese Regierung ist ein Handlanger der Atomkonzerne, die immer mehr
       Profite machen." Wenn jemand in diesem Land verfassungsfeindlich sei, dann
       sei dies die schwarz-gelbe Bundesregierung, die keine transparente Politik
       mache, sagte die Grünen-Vorsitzende.
       
       "Man darf nicht unterschätzen, welche Sprengkraft dieses Thema hat",
       betonte Gabriel auch mit Blick auf Gorleben, wo die Regierung nun bei der
       Wiederaufnahme der Erkundung für ein mögliches Atommüll-Endlager auch
       wieder auf Enteignungen setzen will. Der SPD-Chef bekräftigte, dass das
       geplante Laufzeit-Plus bei einem möglichen Regierungswechsel rückgängig
       gemacht werde.
       
       Rot-Grün habe den Konflikt um die Atomkraft durch den Atomausstieg
       befriedet, sagte Gabriel. "Und wir haben 300 000 Jobs bei den erneuerbaren
       Energien hingekriegt, weil die Leuten wussten, wir steigen aus der
       Atomenergie aus." Ohne längere Laufzeiten sei in wenigen Jahren eine
       Verdopplung dieser Jobs möglich, Kanzlerin Angela Merkel bremse nun diese
       Entwicklung aus. (dpa) 
       
       12.45 Uhr ++ Washingtonplatz ++ 
       
       Auf der Auftaktkundgebung vor allem Organisatorisches - und eine
       Abstimmung. "Laufzeitverlängerung" ist das Unwort des Jahres. Es setzt sich
       klar vor "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" und "Jahrhundertsommer" durch.
       
       12.30 Uhr ++ Washingtonplatz ++ 
       
       Die Kult-Politband der frühen 1980er Jahre, die Bots aus Holland, spielt
       "Aufstehn". Demonstranten aus allen Generationen sind auf dem Platz
       versammelt. Ein weißer Block - Leute in Schutzanzügen - formiert sich.
       
       12.20 Uhr ++ Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstraße 8 ++ 
       
       In der Heinrich-Böll-Stiftung ist wieder Ruhe eingekehrt. Vor der Demo
       heute hatten 150 taz-LeserInnen und -GenossInnen mit Aktivistin Hanna
       Poddig, Kampagnen-Organisator Christoph Bautz und der grünen
       Umweltpolitikerin Bärbel Höhn über die Perspektiven des Antiatom-Protests
       diskutiert. Die Debatte zeigte: Beim Kampf gegen die Atomenergie baut
       längst nicht mehr jedeR auf die [1][Grünen].
       
       12.15 Uhr ++ Washingtonplatz ++ 
       
       Tausende sind mittlerweile auf dem Platz versammelt. Sambagruppen trommeln,
       überall Fahnen, gute Stimmung insgesamt. Die Treppen und Aufgänge im
       Bahnhof sind komplett verstopft. Jetzt beginnt die Kundgebung.
       
       11.55 Uhr ++ Hauptbahnhof ++ 
       
       Auf Gleis 11 rollt mit einer Viertelstunde Verspätung der erste von drei
       Sonderzügen ein. Er kommt aus Lüneburg. Hunderte Atomkraftgegner auf dem
       Bahnsteig. Gute Stimmung, Fahnen, Vuvuzela. Auf einem anderen Gleis proben
       Chöre für den späteren Auftritt bei der Umzingelung des Regierungsviertels.
       Immer mehr Menschen strömen auf den Washingtonplatz
       
       11.35 Uhr ++ Washingtonplatz ++ 
       
       Es geht los. Einige hundert Demonstranten sind schon eingetroffen. Fahnen
       mit der Anti-Atom-Sonne, Luftballons, Transparente von Grünen, SPD, DKP.
       Zahlreiche Initiativen haben Stände aufgebaut. Auch im Hauptbahnhof sind
       viele Akw-GegnerInnen.
       
       ++ Atomkraftgegener attackieren vor Demo Kurs der Regierung ++ 
       
       BERLIN afp | Vor der Großkundgebung gegen längere Akw-Laufzeiten haben
       Atomkraftgegner den energiepolitschen Kurs der Bundesregierung scharf
       kritisiert. "Mit der heutigen Demonstration werden wir der Bundesregierung
       zeigen, dass sie mit ihrem atompolitischen Kurs nicht durchkommt", erklärte
       der Sprecher der Organisation ausgestrahlt, Jochen Stay, am Samstag in
       Berlin. "Wir lassen jetzt nicht mehr locker, bis wir die Regierungspläne
       gekippt haben und die Atomkraftwerke endlich stillgelegt werden", kündigte
       Stay weiter an. Er warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, nur die
       Interessen der Akw-Betreiber RWE, Eon, EnBW und Vattenfall zu bedienen.
       
       Zu der Protestkundgebung, die sich gegen die weitere Nutzung von
       Atomkraftwerken generell richtet, werden ab 12.00 Uhr mehrere zehntausend
       Menschen am Berliner Hauptbahnhof erwartet. Unter dem Motto "Atomkraft:
       Schluss jetzt!" will ein breites Bündnis aus Umweltverbänden,
       Gewerkschaften, Parteien und Bürgerinitiativen das Regierungsviertel am
       Nachmittag umzingeln. Auch SPD, Grüne und Linke haben zur Teilnahme an der
       Kundgebung aufgerufen und wollen mit ihren Spitzenpolitikern vor Ort sein.
       Union und FDP hatten beschlossen, die Laufzeiten der deutschen
       Atomkraftwerke um acht bis 14 Jahre zu verlängern.
       
       Der SPD-Umweltexperte Matthias Miersch kündigte erneut an, seine Partei
       werde im Falle eines Wahlsiegs bei der Bundestagswahl 2013 mögliche
       Akw-Laufzeitverlängerungen wieder rückgängig machen. Die Stromkonzerne
       seien "Vertragsbrecher" und dürften darum auch keinen Vertrauensschutz mehr
       genießen, sagte Miersch im Deutschlandradio Kultur. Ähnliche Ankündigungen
       gibt es auch von Grünen und Linken.
       
       ++ Was vorher geschah ++ 
       
       Zur [2]["Großdemo" in Berlin] gegen die Atompolitik der Bundesregierung
       haben unter anderem der B.U.N.D., die Intitiative "ausgestrahlt" und
       Campact aufgerufen. Im Rahmen der Veranstaltung will man am Samstag um
       14.30 Uhr versuchen, das Regierungsviertel komplett zu umzingeln.
       
       Die Abschlussveranstaltung der für den 18. September 2010 geplanten
       Demonstration gegen Atomkraft darf nicht auf der Rasenfläche vor dem
       Reichstag (Platz der Republik) stattfinden. Eine entsprechende Auflage der
       Versammlungsbehörde hat das Verwaltungsgericht Berlin am Freitag im
       Eilverfahren bestätigt.
       
       Wie das Protestbündnis am Freitag mitteilte, ist die Auftaktveranstaltung
       nun am Sonnabend (12 Uhr) auf dem Washingtonplatz am nahegelegenen
       Hauptbahnhof vorgesehen. Dort soll auch nach einem Protestzug rund um das
       Regierungsviertel und einer Sitzdemonstration die Abschlusskundgebung (16
       Uhr) stattfinden. Mehr Infos zu dem [3][Hick-Hack um die Reichstagswiese].
       
       ++ Es berichten ++
       
       Live vor Ort: Martin Kaul, Reimar Paul, Julia Seeliger, Jörn Alexander und
       Malte Kreutzfeldt
       
       In der Redaktion: Paul Wrusch
       
       14 Sep 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /1/zukunft/umwelt/artikel/1/das-gespaltene-herz/
 (DIR) [2] http://www.anti-atom-demo.de/
 (DIR) [3] /1/berlin/artikel/1/reichtagswiese-bleibt-demofrei/
       
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