# taz.de -- Lega-Nord-Emblem ziert Schulkomplex: Ein bisschen viel Parteipropaganda
       
       > Der Bürgermeister des Städtchens Adro in Norditalien dekoriert einen
       > neuen Schulkomplex enthusiastisch mit dem Parteiemblem der
       > fremdenfeindlichen Lega Nord.
       
 (IMG) Bild: Das ist sie, die Alpensonne - die wie eine stilisierte Marihuana-Pflanze aussieht. Den Rest der Parteiornamentik haben wir hier nur angeschnitten.
       
       ROM taz | Eigentlich sieht das Symbol mit seinen sechs strahlenförmig
       angeordneten grünen Blättern ein bisschen nach Cannabis aus - doch in
       Norditalien wurde jetzt eine ganze Schule an allen Ecken und Enden mit ihm
       verziert. Ob der Fußabtreter vor der Eingangstür, ob der riesige
       Blechaschenbecher am Eingang, ob Tische oder Bänke, ja selbst die
       Dachbegrünung: An die 400 mal findet sich im neuen Schulkomplex des
       Städtchens Adro in der Nähe von Brescia die so genannte "Alpensonne".
       
       Die fragwürdige Kunst am Bau ist aber nicht etwa Teil einer Kampagne für
       Drogenfreigabe. Die Alpensonne ist seit gut zehn Jahren das offizielle
       Parteisymbol der rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen Lega Nord. Und eben
       jener Partei gehört Adros Bürgermeister Oscar Lancini an, der den gerade
       eingeweihten Komplex dekorieren ließ, als sei er eine Parteischule. Schon
       der Name "Schulzentrum Gianfranco Miglio" lässt keinen Zweifel daran; der
       mittlerweile verstorbene Politologe Miglio war Vordenker der Lega Nord.
       Miglio unterfütterte die im reichen Norden immer populäreren
       sezessionistischen Bestrebungen mit dem Vorschlag, Italien in drei
       Makroregionen aufzuteilen - und dabei den armen Süden der Mafia zu
       überlassen, wie er selbst formulierte.
       
       Bürgermeister Lancini ficht es nicht an, er verstehe die ganze Aufregung
       nicht, erklärte er treuherzig, schließlich sei die Alpensonne doch gar kein
       Parteisymbol, sondern "Symbol unseres Städtchens". Tatsächlich findet sich
       an einer Kirche von Adro ein steinernes Relief mit der sechsstrahligen
       Sonne, wie man es in Nord- und Mittelitalien immer mal wieder sieht.
       
       Der Schulministerin Mariastella Gelmini reichte zunächst das Märchen, die
       obsessive Dekorierung der Schule sei recht besehen "parteipolitisch
       neutral". Schließlich sitzt Gelmini in einer Regierung, in der die Lega
       Nord Juniorpartner Silvio Berlusconis ist. Die Schulministerin befand,
       "folkloristische" Symbole seien in einer Schule statthaft.
       
       Anders sehen das die Oppositionsparteien, die Gewerkschaften und die
       Berlusconi-kritischen Medien in Italien. Die Tageszeitung Il Fatto
       quotidiano startete eine Kampagne gegen die Usurpierung der Schule durch
       die Lega Nord und wandte sich mit einem offenen Brief an den
       Staatspräsidenten Giorgio Napolitano, damit wenigstens er seine Stimme
       gegen den offenen Gesetzesbruch erhebe.
       
       Und nach Aufruf der Oppositionspartei "Partito Democratico", zogen am
       Samstag einige hundert Menschen in Adro vor die Schule. Dort wurden sie von
       zahlreichen der mit der Lega Nord sympathisierenden Mütter beschimpft. Der
       Vorwurf an die Protestierer: Es sei einfach ungeheuerlich, dass sie die
       unschuldigen Kinder "in politische Auseinandersetzungen" hineinzögen.
       
       Zuvor hatten die Lehrer des Schulzentrums in einer gemeinsamen Erklärung
       die Beseitigung der Lega-Nord-Logos gefordert, etwa 180 Eltern einen
       Protestbrief unterzeichnet, hatte eine Mutter ihre beiden Töchter von der
       Schule abgemeldet.
       
       Angesichts der harschen Reaktionen schwenkte Schulministerin Gelmini um; in
       einem Brief forderte sie am Montag Bürgermeister Lancini auf, die
       Alpensonne aus der Schule zu verbannen. Lancini antwortete, wie es sich für
       Politiker einer im tiefsten Herzen sezessionistischen und ebenso Italien-
       wie verfassungsfeindlichen Partei gehört. Beseitigen werde er den
       politischen Wand- und Möbelschmuck womöglich schon, ließ er durchblicken -
       aber nicht auf Geheiß der Ministerin, sondern nur wenn sein
       Parteivorsitzender Umberto Bossi dies verlange. MICHAEL BRAUN
       
       20 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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