# taz.de -- Relaunch der Schweizer "Wochenzeitung": Zeit für die Basis
       
       > Die "Wochenzeitung", eine Art Eidgenossen-taz, hat sich jetzt eine bunte
       > Runderneuerung geleistet. Nun steht der Ausbau des Internetauftritts an.
       
 (IMG) Bild: Bekommt auch bald ein Facelifting: der Webauftritt der "Wochenzeitung".
       
       Jede Woche wirkte sie wie ein Signal im Briefkasten: schwarz und gelb. An
       den Schweizer Kiosken erkannte man sie schon von weitem, und auch beim
       Durchblättern wartete sie mit Eigenheiten auf: Die lange Leadzeile überm
       Haupttitel etwa, der mit seinen Serifen, "Füßchen", zwar vornehm wirkte,
       aber nicht ins Auge stach. Mit der ehrwürdigen Neuen Zürcher Zeitung
       verband sie die Liebe zu bleiernen Wüsten und die verkastelte
       Unübersichtlichkeit. Nur die Schmuckfarbe Gelb stach hervor.
       
       Nun ist auch die schweizerische Wochenzeitung, kurz WOZ, bunt geworden. Ein
       sehr diskretes Farbpotpourri strahlt einem von der ersten Nummer nach dem
       Relaunch entgegen, ein kühles auch, es zeigt Reykjavík und verweist auf den
       Schwerpunkt Island im zweiten Teil des Wochenblatts.
       
       Mit rund 14.000 verkauften Exemplaren ist die WOZ die wichtigste
       Alternativzeitung in der fünf Millionen Einwohner zählenden Deutschschweiz
       und in ihrer Bedeutung vergleichbar mit der taz hierzulande. Mit ihr teilt
       die WOZ auch die Funktion als "journalistischer Durchlauferhitzer", viele
       junge Journalisten und JournalistInnen haben wie Gründungsmitglied Res
       Strehle, heute Chefredakteur des Zürcher Tagesanzeiger, ihre Karriere bei
       der WOZ begonnen. Die Schwäche des als Genossenschaft organisierten Blattes
       ist aber gleichzeitig auch seine Stärke, denn es arbeitet nicht
       gewinnorientiert und ist vom Werbemarkt weniger abhängig.
       
       Leicht haben es auch die alternativen Medien in der Schweiz nicht. Die
       dortige Presselandschaft erlebt in den letzten Jahren einen dramatischen
       Konzentrationsprozess, allein im letzten Jahr haben 500 Journalisten in der
       Schweiz ihren Job verloren.
       
       Hatte die WOZ beim letzten Blattumbau noch den bekannten Schweizer
       Grafikdesigner Urs Schwerzmann beauftragt, ist das neue Gesicht nun
       hausgemacht. "Wir haben", sagt Susan Boos, Redaktionskoordinatorin und eine
       der wenigen verbliebenen WOZ-VeteranInnen, "eine neue Generation
       selbstbewusster GrafikerInnen im Haus, die zunächst versuchten, mit dem
       alten Layout das Beste zu machen, und dabei an Grenzen stießen."
       
       Natürlich wollte sie sich abheben vom Alten, bekennt Helen Ebert, die für
       das neue Layout verantwortlich zeichnet, in einem Werkstattgespräch, aber
       sie habe sich auch überlegt, was die Grundidee der neuen Gestaltung sein
       könnte. "Ich bin ausgegangen von einem Thema, das der WOZ inhaltlich
       wichtig ist: Machtverhältnisse. Das habe ich auf die Gestaltung
       übertragen."
       
       Und tatsächlich fällt in der nun auf zwei große Teile zusammengezogenen
       Wochenzeitung auf, dass Bild, Typografie und Gestaltung in neuer Spannung
       zueinander stehen und nicht mehr beliebig nebeneinander wie zuvor. Das
       Blatt ist klarer strukturiert und gibt gestalterische Orientierungshilfen,
       feste Kolumnen sind mit "Erkennungsköpfen" versehen und die Bildredaktion
       tritt selbstbewusster hervor. Nicht alles erschließt sich sofort, wie zum
       Beispiel der Farbwechsel der Medien- und Sportkolumne, und an manchen
       Stellen wünschte man sich noch mutigere Bildkreativität.
       
       Im Unterschied zu traditionellen Redaktionen, in denen von oben nach unten
       entschieden wird, dauern alternative Aushandlungsprozesse lange und sind
       anstrengend. Oft genug war der basisdemokratische Diskussionsprozess in den
       letzten Jahrzehnten auch hinderlich. "Der Glaubenskrieg", meint Boos, "hat
       uns oft blockiert." Inzwischen, schwärmt sie, arbeite ein sehr junges
       "hochbegabtes und engagiertes" Team zusammen, das "leidenschaftlich guten
       linken Journalismus machen will statt nur linke Politik". Als Nächstes
       steht der Ausbau des Internetauftritts an, und darüber, was er leisten
       soll, gibt es unterschiedlichste Vorstellungen. Doch Basisdemokratie ist
       für Boos alternativlos: "Man muss sich eben Zeit lassen."
       
       27 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Baureithel
       
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