# taz.de -- Tierschützer gegen Schnabel-Abtrennung: Quälerei im Hühnerstall
       
       > In Deutschland wird fast allen Legehennen der Schnabel abgeschnitten,
       > obwohl es laut Gesetz nur in Ausnahmefällen erlaubt ist. In Österreich
       > ist das längst abgeschafft.
       
 (IMG) Bild: Auf Tuchfühlung zueinander: Legehennen in Hühnerstall bei Wildeshausen (Archivfoto von 2009).
       
       Rund 90 Prozent aller Hennen in Deutschland wird der Schnabel mit einer
       heißen Klinge abgeschnitten, kritisieren der Deutsche Tierschutzbund und
       die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt. Weil Legehennen sich
       gegenseitig mit dem Schnabel pickten und teilweise sogar töteten, sei dies
       gängige Praxis in Deutschland.
       
       Den etwa 30 Millionen Tieren werde der empfindliche Schnabel bereits
       während der Aufzucht abgetrennt. "Für die Tiere ist das schmerzhaft", sagt
       Mahi Klosterhalfen von der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt,
       "für die Tierhalter ist es die einfachste Lösung, die Hennen an die
       Massentierhaltung anzupassen." Nun fordert die Tierschutzorganisation
       Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) dazu auf, das Schnabelkürzen in
       Deutschland zu beenden.
       
       "Nach Tierschutzgesetz", entgegnet eine Sprecherin des Ministeriums für
       Landwirtschaft, "ist das Schnabelkürzen verboten." Laut Gesetzestext gelte
       es als Amputation. "Die Behörden der einzelnen Bundesländer können aber
       Ausnahmegenehmigungen erteilen", so die Sprecherin des Ministeriums. Und
       die werden erteilt, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Nach
       Informationen des Tierschutzbundes ist es aber die Regel, dass die
       Ausnahmegenehmigung erteilt wird. Denn nach der Umstellung von Käfig- auf
       Bodenhaltung im Januar 2010 stellt das Federpicken ein noch größeres
       Problem für die Geflügelwirtschaft dar als vorher.
       
       "Mit dem Schnabelkürzen", kritisiert Frigga Wirths vom Deutschen
       Tierschutzbund, "bekämpft man nur das Symptom, nicht die Ursache." In
       Massentierhaltung steigern die Legehennen ihr in Maßen vorhandenes
       Verhalten, sich gegenseitig zu picken, extrem. Sie reißen sich die Federn
       aus oder fressen sich gegenseitig. Sterben die Tiere, wird es für die
       Bauern teuer. Legehennen sind davon besonders betroffen, weil sie, anders
       als Masthähnchen, die schon nach sechs Wochen geschlachtet werden, länger
       leben.
       
       Durch die Massentierhaltung sei ein Großteil der Hennen verhaltensgestört,
       sagt Mahi Klosterhalfen von der Albert Schweitzer Stiftung für unsere
       Mitwelt. "Die Tiere picken sich gegenseitig, weil sie extrem hohem Stress
       ausgesetzt sind." Ein Grund könne Eiweißmangel sein. Die Tiere würden
       versuchen, Mangelernährung auszugleichen, indem sie sich gegenseitig picken
       und so tierische Eiweiße bekommen.
       
       Federpicken habe verschiedene Gründe und liege teilweise in der Natur der
       Hennen, sagt Kerstin Spelthann, Sprecherin des Zentralverbandes der
       Deutschen Geflügelwirtschaft. "Würde man die Schnäbel nicht behandeln,
       würde das zu einer deutlich höheren Verletzungs- und damit Leidensrate der
       Tiere führen." Deshalb sei es abzuwägen, ob eine kurzeitige "Behandlung"
       der Schnäbel nicht eher zum Wohle des Tieres sei.
       
       In anderen europäischen Ländern ist das Beschneiden der Tiere allerdings
       längst abgeschafft. In Österreich konnte das Federpicken durch eine
       Zusammenarbeit von Züchtern, Eier- und Futterproduzenten sowie
       Tierschützern und Wissenschaftlern eingedämmt werden. Die Interessengruppen
       einigten sich auf ein Programm, um das Schnabelkürzen abzuschaffen.
       
       Es wurde versucht, möglichst viele Stressfaktoren durch besseres Management
       abzustellen und Hennenrassen zu züchten, die weniger zum Federpicken
       neigen. Gerade bei der Aufzucht der Hennen wurde darauf geachtet, dass die
       Haltungsbedingungen die gleichen sind wie später im Stall. So gibt es einen
       Stressfaktor weniger, weil die Tiere sich nicht umstellen müssen. In
       Deutschland werden Küken meist im Käfig aufgezogen und leben später in
       Bodenhaltung. Österreichs Hühnerhalter füttern proteinhaltigere Nahrung und
       achten darauf, dass im Stall bessere Lichtverhältnisse und angenehmeres
       Klima herrschen.
       
       Wer sicher sein will, Eier von Hennen zu kaufen, die im Besitz ihres
       Schnabels sind, der greife zu Bioeiern. Dort ist das Schnabel-Kappen
       verboten.
       
       3 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simon Hufeisen
       
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