# taz.de -- Debatte über die Macht der Banken: Die Profi-Kapitalisten
       
       > Die Schweiz hat begriffen, dass ihre Banken so groß sind, dass sie den
       > Staat in die Pleite zwingen können. Daher wird nun ordentlich reguliert -
       > im Gegensatz zu Deutschland.
       
 (IMG) Bild: Schuldenbremse? In Deutschland wird eher die Idee ausgebremst.
       
       Die Staaten stehen vor einem Dilemma: Einerseits wollen die meisten
       Regierungen, dass "ihre" Finanzinstitute groß und mächtig sind. Nationale
       Champions sollen die heimischen Unternehmen bei ihrer internationalen
       Expansion begleiten, selbst die Weltmärkte erobern, viele Arbeitsplätze
       schaffen und Gewinne nach Hause bringen.
       
       Andererseits ist in der Finanzkrise deutlich geworden, dass große Banken
       "too big to fail" sein können. Ihre Insolvenz hätte so dramatische
       Auswirkungen auf die Volkswirtschaft, dass sie quasi eine staatliche
       Bestandsgarantie haben - der Steuerzahler trägt die Risiken und muss im
       Fall des Scheiterns einspringen. Weil die Banken das wissen, gehen sie mehr
       Risiken ein.
       
       Mehr noch: Je größer die Banken im Verhältnis zur heimischen
       Volkswirtschaft, desto eher bringt eine Rettung sogar das Land selbst in
       Gefahr. Island, aber auch Irland haben das schmerzlich erleben müssen.
       
       Interessant ist die Diskussion in der Schweiz. Allein die Verschuldung der
       beiden Großbanken UBS und Credit Suisse ist mehr als viermal höher als die
       jährliche Schweizer Wirtschaftsleistung. Die beiden Großbanken sind damit
       "too big to fail" und bedrohen im Insolvenzfall den Schweizer Staat
       existenziell. Denn es ist nicht ausgemacht, dass die Schweiz im Ernstfall
       genügend Mittel aufbringen kann, ihre Banken zu retten.
       
       Während früher die Größe der beiden Großbanken UBS und Credit Suisse
       allgemein als Garant für Stabilität und Wohlstand angesehen wurde,
       beschäftigt sich das Parlament inzwischen intensiv mit der Problematik "too
       big to fail" und hat eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um Lösungen zu
       finden. Der Präsident der Schweizer Nationalbank Hildebrand ist in heftigem
       Streit mit den Chefs der Großbanken, weil diese bei nationalen
       Regulierungsvorschlägen, die über das international vereinbarte
       Regulierungsniveau hinausgehen, massive Wettbewerbsnachteile befürchten.
       
       Zum Beispiel bei den Eigenkapitalregeln, die für die Widerstandskraft der
       Banken elementar sind. Je höher das Eigenkapital, desto besser können
       Verluste aufgefangen werden und desto robuster die Bank, so die einfache
       Regel. Doch während in Deutschland seit Ausbruch der Krise noch immer die
       gleichen Regeln beim Eigenkapital herrschen, hat die Schweiz die
       Mindestanforderungen bereits deutlich angezogen: In guten Zeiten sollen
       dort sogar doppelt so hohe Puffer vorgehalten werden wie international
       vorgeschrieben.
       
       Auch beim Thema Leverage Ratio geht die Schweiz voran: Diese Schuldenbremse
       für Banken setzt die Größe einer Bank in eine feste Relation zum vorhanden
       Eigenkapital. Der schuldenfinanzierte Teil der Bilanz und damit die maximal
       mögliche Größe einer Bank wird so begrenzt. In Deutschland stemmen sich
       Bundesregierung und Finanzaufsicht gegen eine verbindliche Schuldenbremse,
       die Schweiz hingegen erzwingt bis 2013 ihre schrittweise Einführung.
       
       In Deutschland hat man noch nicht einmal wirklich die Diskussion begonnen.
       Noch immer verfahren Regierung und Bankenaufsicht nach dem Motto: "Was gut
       für die Banken ist, ist gut für Deutschland". Von einem Konflikt zwischen
       Bundesbankpräsident Weber und Deutsche-Bank-Chef Ackermann wegen harter
       Regeln für die Großbank ist nichts zu spüren. Dabei stellt sich wie in der
       Schweiz auch hier das Problem von Banken, die zu groß und vernetzt sind,
       als dass sie ohne schwere Verwerfungen der Volkswirtschaft insolventgehen
       können.
       
       So kommt die Deutsche Bank mit 1,9 Billionen Euro Bilanzsumme dem
       Bruttoinlandsprodukt von 2,4 Billionen Euro gefährlich nah. Zweifellos ist
       sie damit "too big to fail" und verfügt - wie die Schweizer Großbanken -
       über eine faktische Staatsgarantie. Gegen eine verbindliche Schuldenbremse
       für Banken sperren sich Finanzministerium und Bankenaufsicht bislang.
       
       Unilaterale Lösungen, die über internationale Vereinbarungen hinausgehen,
       werden - anders als in der Schweiz - abgelehnt. Dabei liegt das Risiko - in
       diesem Punkt ist die Schweizer Diskussion ehrlicher als die deutsche -
       allein beim deutschen Steuerzahler. Es wäre also angebracht, die eigenen
       Banken so zu regulieren, dass sie nicht wieder BürgerInnen auf die Füße
       fallen.
       
       Doch auch die in der Schweiz bereits eingeleiteten Reformen können nur
       erste Schritte gegen das "Too big to fail"-Problem sein. Härtere
       Eigenkapital-, Verschuldungs- und Liquiditätsregeln mögen dort die Banken
       stabiler machen - eine die Schweiz finanziell überfordernde Rettung können
       die neuen Regeln gleichwohl auch in Zukunft nicht verhindern. Dazu müsste
       man das Thema Größe wesentlich direkter angehen. Nötig wäre erstens eine
       Größenbremse für Banken. Künftig sollte gelten: Je größer eine Bank, desto
       mehr Eigenkapital sollte sie vorhalten. Größe wird so für Banken schnell
       sehr teuer. In der Folge würden Banken weniger stark expandieren oder sogar
       Teile abstoßen.
       
       Zweitens ist es wichtig, neben der Größe die internationale Verflechtung
       der Banken in den Blick zu nehmen. Auch die Komplexität der systemischen
       Banken mit oft über hunderten rechtlich separater (Tochter-)Gesellschaften
       verhindert eine effektive Abwicklung. Es braucht deshalb eine deutliche
       Reduzierung der internen Komplexität der Banken sowie Schnittstellen an der
       Grenze, um im Fall eines Scheiterns international tätiger Großbanken
       überhaupt ein geordnetes Verfahren durchführen zu können.
       
       Drittens müssten sich Deutschland wie die Schweiz beim Thema Europa ehrlich
       machen. Solange das Sicherungsnetz in Form von Insolvenzrecht und
       gegebenenfalls Rettungsfonds national organisiert ist, sind Banken relativ
       schnell gefährlich groß. Steht den Banken jedoch eine europäische Aufsicht
       gegenüber, können sie größer sein.
       
       Doch die deutsche Bundesregierung bremste in Europa lange da, wo es um die
       europäische Beaufsichtigung grenzüberschreitend tätiger Großbanken geht.
       Und die Schweiz bleibt in ihrer "Too big to fail"-Diskussion auf sich
       selbst bezogen. Europa muss jedoch, wenn man Großbanken nicht direkt
       zerschlagen will, ein Teil der Lösung sein.
       
       4 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gerhard Schick
       
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