# taz.de -- Kommentar Anti-Atom-Protest: Das Ende der Gemütlichkeit
       
       > Die regierende CSU verfügt, anders als die Mappus-CDU in Stuttgart,
       > traditionell über ein sehr feines Gespür dafür, wenn sich die Stimmung in
       > der Bevölkerung gegen die eigene Politik wendet.
       
 (IMG) Bild: "Atomkraft schadet Deutschland": Im September projizierte Greenpeace seinen Protest ans Reaktorgebäude des AKW Neckarwestheim.
       
       Dass München einmal zur Hauptstadt des Anti-Atom-Protests taugen würde -
       bis zur 50.000 Bürger starken Menschenkette vom Samstag klang das selbst
       für verträumte Umweltaktivisten reichlich abwegig. Selbst deren
       Organisatoren sprachen im Vorfeld lieber von der "Hauptstadt der
       Atomlobby". Dabei hätten sie kaum einen besseren Ort für eine
       Großdemonstration finden können. Denn der Hauptadressat des Protests, die
       regierende CSU, verfügt, anders als die Mappus-CDU in Stuttgart,
       traditionell über ein sehr feines Gespür dafür, wenn sich die Stimmung in
       der Bevölkerung gegen die eigene Politik wendet.
       
       Ihre umstrittensten Großvorhaben, etwa die Wiederaufbereitungsanlage in
       Wackersdorf oder den Transrapid, beerdigten CSU-Regierungen stets still und
       leise. Nicht weil über 100.000 Bürger protestierten, sondern weil der
       Bürgerwiderstand Wählerstimmen kostete. Mit Wackersdorf holte die CSU sich
       1986 unfreiwillig die Grünen in den Landtag. Dank des Transrapids wurde sie
       2008 bei der Kommunalwahl quer durch Bayern aus den Rathäusern gedrängt.
       
       Ein ebenso bedeutendes Signal ist aber die breite Unterstützung im
       Parteienspektrum. Unterstützt wurde die Menschenkette nicht nur von SPD,
       Grünen und Linken, sondern auch von den Freien Wählern, einer zutiefst
       bürgerlichen Gruppierung im bayerischen Landtag, einst gegründet von
       enttäuschten CSU-Politikern auf Kommunalebene. Die Freien Wähler sprechen
       exakt dieselben Wählermilieus an wie die CSU. Bisher hielten sie sich offen
       für eine Koalition mit der Union. Das verschaffte der CSU trotz schlechter
       Umfragewerte von Union und FDP eine komfortable Position bei den
       Landtagswahlen. Mit dieser Gemütlichkeit ist es nun vorbei.
       
       10 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Hübner
       
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