# taz.de -- Kommentar Solarboom: Keine Energiewende mit Kleinmut
       
       > Der Umbau der Energiewirtschaft mag teuer sein, aber er ist notwendig.
       > Ein sozialer Ausgleich bei den Stromkosten ist Aufgabe der Sozial- nicht
       > der Umweltpolitik.
       
       Deutschland erlebt gerade den größten Umbau der Stromwirtschaft seit Beginn
       der Elektrifizierung vor 130 Jahren. Weg von Kohle und Atom, hin zu den
       Erneuerbaren - das ist eine enorme Aufgabe, und die kostet Geld,
       zwangsläufig. Angesichts der epochalen Bedeutung dieses Wandels darf man
       die aktuellen Kosten nicht überbewerten.
       
       Hätten unsere Vorfahren nicht viel größere Anstrengungen - auch
       finanzieller Art - auf sich genommen, um ein Stromnetz aufzubauen, ginge es
       uns heute deutlich schlechter. Entsprechend haben wir jetzt die
       Verpflichtung gegenüber nachfolgenden Generationen, den ökologischen Wandel
       voranzutreiben.
       
       Zauderei und Kleinmut sind da fehl am Platz. Denn am Umbau der
       Energieversorgung geht aus vielen Gründen kein Weg vorbei. Fossile
       Rohstoffe werden knapper und damit teurer, die Entsorgung des Atommülls ist
       nirgends auf der Welt vernünftig gelöst, und auch das Weltklima kann die
       Energiepolitik der letzten Jahrzehnte nicht länger verkraften. Ökologische
       Fortschritte durch neue, saubere Energien sind also dringend nötig.
       
       Und sie sind auch aus rein ökonomischen Gründen sinnvoll. Hermann Scheer,
       der soeben verstorbene Vordenker des solaren Energiezeitalters, rechnete
       gerne vor, dass eine abgeschriebene Solaranlage in Zukunft Strom für 1,5
       Cent je Kilowattstunde erzeugen kann. Somit ist der heutige Aufbau von
       Ökokraftwerken auch ein Kraftakt für bezahlbaren Strom in der Zukunft. Zehn
       Euro im Monat sollte uns das allemal wert sein.
       
       Das mag nun für Menschen zynisch klingen, die ohnehin schon Probleme haben,
       ihre Stromrechnung zu bezahlen. Doch zynisch kann nur eine Sozialpolitik
       sein, die kein menschenwürdiges Leben ermöglicht. In dieser Debatte ist
       daher dringend auf die Trennung der Verantwortlichkeiten zu achten.
       
       Aufgabe der Umweltpolitik ist es - unter anderem -, die erneuerbaren
       Energien voranzubringen. Und dabei darf sie nicht nur, sie muss sogar die
       Stromverbraucher mit in die Pflicht nehmen, das gebietet das
       Verursacherprinzip. Aufgabe der Sozialpolitik wiederum ist es, entstehende
       Härten abzumildern und Transferleistungen, wo nötig, anzupassen.
       
       Wenn das geschieht, kann man auch offen aussprechen, was derzeit manchmal
       als unsoziale Position gilt: Energie ist bei uns zurzeit viel zu billig. So
       gesehen sind die steigenden Strompreise sogar eine gute Nachricht. Denn sie
       unterstützen nicht nur den Ausbau der erneuerbaren Energien - sondern
       langfristig auch den sparsamen Umgang mit Strom in den Haushalten.
       
       15 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernward Janzing
       
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