# taz.de -- "Tatort" mit Odenthal und Kopper: 90 Minuten Gesprächstherapie
       
       > Kindsmord im "Tatort": in Zeiten des Fernseh-Prangers für Kinderschänder
       > eigentlich genau richtig. Doch das Thema bleibt zu groß für das Format
       > (Sonntag 20.15 Uhr, ARD).
       
 (IMG) Bild: Odenthal und Kopper glauben Fabian Busch nicht.
       
       Am Ende lassen die trauernden Eltern in einem Vergnügungspark einen Bund
       Luftballons in den Himmel steigen – als letzten bunten Gruß an die Tochter,
       die nur wenige Tage zuvor an gleicher Stelle ermordet worden ist. Und da
       lächeln der Vater (Roeland Wiesnekker) und die Mutter (Annika Kuhl) auch
       schon wieder ein bisschen. Merke: Kein Gewaltverbrechen ist so grausam, als
       dass es nicht in eineinhalb Stunden zu einem besinnlichen Ende gebracht
       werden könnte.
       
       Küchenpsychologie trifft Kabäuschendramaturgie: Erst werden in der
       Ludwigshafener "Tatort"-Episode "Der Schrei" die Themen Kindstod,
       Päderastie und Missbrauch aufgemacht, dann bricht man diese monströsen
       Taten mir nichts dir nichts aufs allzu Menschliche runter. Eine typische
       mutlose "Tatort"-Folge, für die Ermittlerin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts)
       den aktuellen Diskussionsstoff mit strenger Miene oder aufmunternden
       Blicken in bekömmlichen Dosierungen an den Zuschauer reicht. Lenas braune
       Augen versprechen: Alles wird gut, Kindsmord hin oder her.
       
       Man schaue sich nur an, wie sich die Kommissarin um den Pädophilen Tom Heye
       (Fabian Busch) kümmert, der in der Nähe des Tatorts war und auf den deshalb
       natürlich zuerst der Verdacht fällt: Erst setzt sie ihm mit wütendem Blick
       zu, macht seine Vergangenheit als Sexualstraftäter publik, später schaut
       sie bei seiner neuen Freundin und deren 12-jähriger Tochter vorbei und
       überredet die beiden, es doch noch mal mit dem inzwischen geläuterten
       Kinderschänder zu probieren.
       
       Zwischendurch, wie drollig, muss Kollege Kopper (Andreas Hoppe) auf ein
       ewig ausbüxendes Bambino aus seiner italienischen Sippschaft aufpassen. Und
       gegen Ende gibt es dann von Odenthal noch rhetorische Streicheleinheiten
       für die Mutter des ermordeten Kindes, die unter der Zuwendung der
       Ermittlerin düsterste Geheimnisse preisgibt: Gut, dass sie drüber geredet
       haben.
       
       Der Krimi als Gesprächstherapie, bei der man nur ordentlich seinen Frust
       von der Seele quatscht – nein, das geht vor dem Hintergrund des hier
       behandelten Gewaltverbrechens einfach nicht auf. Der Drehbuchautor Harald
       Göckeritz und der Regisseur Gregor Schnitzler ("Die Wolke") müssen der
       traurigen Wahrheit ins Gesicht sehen: Nach einem Kindsmord, so sehr man
       sich das beim Salzgebäck und Wein vor dem Fernsehen auch wünschen mag, wird
       erst einmal nichts gut. Nicht in 90 Minuten.
       
       17 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Buss
       
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