# taz.de -- Protest gegen Großflughafen-Pläne: Wer den Krach hat
       
       > Im gut situierten Berliner Südwesten gehen Anwohner gegen die geplanten
       > Flugrouten des neuen Großflughafens auf die Straße. Sie fühlen sich
       > verschaukelt.
       
 (IMG) Bild: "BBI darf am Standort Schönefeld nicht in Betrieb gehen": Computersimulation des geplanten Großflughafens.
       
       Wenn in Deutschland große Infrastrukturprojekte gebaut werden sollen, lässt
       der Protest nicht lange auf sich warten. Nicht nur in Stuttgart oder
       Offenburg, sondern derzeit auch im wohlhabenden Berliner Südwesten. Dort
       wenden sich Betroffene gegen die geplanten Flugrouten des neuen
       Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI), der derzeit in
       Schönefeld am südöstlichen Stadtrand gebaut wird und Mitte 2012 in Betrieb
       gehen soll. Am Montag Abend wollten wieder Hunderte Berliner gegen den
       Fluglärm auf die Straße gehen.
       
       Dabei hat es gerade erheblichen Krach von Bürgerinitiativen untereinander
       gegeben. Grund ist die Forderung nach einem Baustopp beim Flughafen, den
       die größte Inititiative am Wochenende erhoben hat. "Das
       Sankt-Floriansprinzip wird den Neubetroffenen nicht helfen", meint etwa
       Ferdi Breidbach, der seit Jahren im Berliner Südosten die Proteste gegen
       den Flughafen organisiert. "Der BBI darf am Standort Schönefeld nicht in
       Betrieb gehen."
       
       Dem widerspricht Marela Bone-Winkel, die mehrere neu gegründete
       Bürgerinitiativen im Raum Berlin/Potsdam vertritt. "Wir fühlen uns von
       solchen Forderungen überfahren", sagte sie am Montag. Ein Baustopp sei
       unrealistisch, die Forderung danach führe nicht weiter.
       
       Dass der Berliner Südwesten überhaupt von Fluglärm betroffen sein könnte,
       wissen die dortigen Anwohner erst seit einigen Wochen, als erste Entwürfe
       der Deutschen Flugsicherung (DFS) über geplante Flugrouten bekannt wurden.
       Da Flugzeuge immer gegen den Wind starten und landen und knapp zwei Drittel
       der Berliner Winde aus westlichen Richtungen kommen, sind die Westlagen
       besonders interessant. Nach den DFS-Entwürfen würden Flugzeuge der
       nördlichen Start- und Landebahn beim Start gen Westen kurz nach dem Abheben
       einen Knick nach Norden nehmen, um die Gemeinde Blankenfelde in etwa 600
       Meter Höhe zu umfliegen - dort wäre die Lärmbelastung extrem. Auf ihrem
       weiteren Weg überflögen sie dann die wohlsituierten Gebiete im Berliner
       Südwesten in einer Höhe von 1.500 bis 2.500 Meter. Auch dann wären die
       Flieger noch deutlich zu hören.
       
       Bislang waren die Berliner davon ausgegangen, dass es beim Abflug von BBI
       keinen Knick gibt; die Maschinen wären südlich an der Hauptstadt
       vorbeigerauscht. Manch Betroffener vermutet heute, dass ihnen die
       Knickvariante absichtlich vorenthalten wurde, um die Zustimmung zum neuen
       BBI-Standort nicht zu gefährden.
       
       Die Diskussion um den Standort reicht in die Wendezeit zurück. Damals wurde
       schnell deutlich, dass das Berliner Flughafensystem mit den
       innerstädtischen Standorten Tegel und Tempelhof nicht zukunftsfähig ist;
       zudem leiden dort Hunderttausende Berliner unter dem wachsenden
       Flugverkehr. Als mögliche Orte für den neuen Großflughafen kristallisierten
       sich dann der Standort des ehemaligen DDR-Hauptstadtflughafens in
       Schönefeld und der eines Militärflughafens im 70 Kilometer entfernten
       Sperenberg heraus. Während das Land Brandenburg das kaum besiedelte Gebiet
       bei Sperenberg bevorzugte, weil es eine strukturschwache Region beleben
       wollte, waren die Positionen in Berlin unterschiedlich. SPD und PDS waren
       für Sperenberg, die CDU lehnte diesen Standort ab. Für die in Westberlin
       stark verankerte CDU war er einfach zu weit entfernt. Auch Umweltschützer
       wollten die kaum berührte Wald- und Heidelandschaft um Sperenberg schützen;
       außerdem bedeutet ein stadtferner Flughafen viel zusätzlichen Verkehr. 1996
       einigten sich die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund auf
       Schönefeld als künftigen Standort. Darunter werden künftig Zehntausende
       Bewohner des Berliner Speckgürtels leiden - egal, wo die Flugrouten
       letztlich liegen.
       
       18 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Richard Rother
       
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