# taz.de -- TV-Moderator Michele Santoro: Berlusconi-Kritiker will nicht schweigen
       
       > Michele Santoro kritisiert im italienischem TV regelmäßig Silvio
       > Berlusconi. Sein Sender will ihn trotz Traumquoten mundtot machen -
       > bislang noch erfolglos.
       
 (IMG) Bild: Michele Santoro: Seit acht Jahren legt sich der TV-Modertor mit Silvio Berlusconis an.
       
       Acht Jahre dauert der Krieg nun schon: der Krieg Silvio Berlusconis gegen
       den TV-Moderator Michele Santoro. Und Donnerstag steht das nächste Gefecht
       an: wenn Santoro mit seinem Polit-Talk "AnnoZero" um 21 Uhr beim zweiten
       Programm des Staatssenders RAI wieder auf Sendung geht - gegen den
       erklärten Willen des RAI-Generaldirektors Mauro Masi, der Santoro für zwei
       Wochen suspendiert hatte.
       
       Schließlich sitzt Masi als Berlusconis Vollstrecker auf dem Chefsessel der
       RAI - und schließlich ist Santoro Berlusconis größtes Ärgernis im
       Fernsehen. Der populäre Talker lässt es sich nicht verbieten, auch die
       Skandale des Regierungschefs zum Thema zu machen. Da tröstet es die
       Senderspitze nicht, dass seine Einschaltquoten mittlerweile stabil über 20
       Prozent liegen, dass Santoro Werbe-Millionen in die klammen RAI-Kassen
       spült.
       
       Der Mann muss weg! So lautete Berlusconis Verdikt schon 2002, und es wurde
       von der damaligen RAI-Spitze umgehend vollstreckt. Doch Santoro klagte -
       und bekam recht. Seit 2006 ist er wieder auf Sendung. Weiterhin aber meint
       Berlusconi, Santoro gebrauche das Fernsehen "in krimineller Manier",
       weiterhin lautet der Auftrag, dem Störenfried Bild und Ton abzudrehen.
       
       Vergangenen Sommer versuchte Masi es auf die freundliche Weise, bot Santoro
       einen millionenschweren Auflösungsvertrag an. Doch der verweigerte die
       Unterschrift. Masi schickte daraufhin nach der Sommerpause einen neuen
       "Leitfaden" herum, der darlegte, wie Polit-Talk künftig aussehen sollte.
       Das Schema jeder Sendung sollte dem Generaldirektor vorgelegt werden, für
       jeden einzelnen Gast war das Plazet der Senderspitze einzuholen, dem
       Studio-Publikum sollte der (meistens Berlusconi-feindliche) Applaus
       verboten werden.
       
       Für Santoro Grund genug, in seiner ersten Sendung der neuen Herbstsaison zu
       einem großen Monolog auszuholen, in dem er die Zensurversuche attackierte
       und den Generaldirektor - ohne ihn namentlich zu nennen - zum Teufel
       wünschte. Ansonsten ignorierte er die Weisungen Masis einfach.
       
       So tritt bei Santoro weiterhin regelmäßig der Journalist Marco Travaglio
       auf; er hat von der RAI zwar für die laufende Staffel bisher keinen Vertrag
       erhalten, darf in "AnnoZero" aber weiterhin die Missetaten Berlusconis und
       seiner Paladine bis ins kleinste Detail sezieren.
       
       Und während Berlusconi als überaus eifriger "AnnoZero"-Gucker gilt, wird es
       für Masi langsam eng. Schließlich war er mit einem präzisen
       Säuberungsauftrag an die RAI-Spitze gerufen worden, hat aber bisher nicht
       geliefert. So versuchte es der Generaldirektor letzte Woche erst einmal auf
       die ganz harte Tour.
       
       Wäre es nach ihm gegangen, hätte Santoro die fristlose Kündigung erhalten -
       doch da zogen selbst die fünf Vertreter des Berlusconi-Lagers im
       RAI-Verwaltungsrat nicht mit. Daraufhin sprach Masi vergangene Woche eine
       ab Montag gültige zehntägige Suspendierung gegen Santoro aus - was den
       Ausfall von zwei Sendungen bedeutet hätte.
       
       Doch Santoro schoss zurück. Letzten Donnerstag rief er die Zuschauer - über
       sechs Millionen, das bedeutete fast 25 Prozent Quote - zum Massenprotest
       auf. Und zugleich wandte er sich an den RAI-internen Schlichterausschuss.
       
       Der wird jetzt zu entscheiden haben. Wie es heißt, wird Santoro Donnerstag
       Abend wieder auf Sendung sein, da das Verfahren ja noch schwebt. Und, Masi
       sei Dank, neue Quotenrekorde scheinen garantiert.
       
       20 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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