# taz.de -- Zum Tod von Loki Schmidt: Emanzipiert und zugewandt
       
       > Loki Schmidt, die Ehefrau von Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt, starb im
       > Alter von 91 Jahren. Sie war eine international anerkannte Natur- und
       > Pflanzenschützerin.
       
 (IMG) Bild: Bei einer Schiffstaufe in Hamburg-Finkenwerder 1968: Loki Schmidt.
       
       "In unserem Alter setzt man sich eigentlich keine Ziele mehr. Aber mein
       Mann sagt immer: Wenn wir den 70. Hochzeitstag schaffen, das wäre schon
       schön", sagte Hannelore Schmidt, die lebenslang nur "Loki" genannt wurde,
       noch vor wenigen Tagen in einem Zeitungsinterview. Dieser Wunsch ist nicht
       in Erfüllung gegangen. Nach einer Fußoperation schien sie zunächst auf dem
       Weg der Besserung zu sein - aber in der Nacht zum Donnerstag ist die
       Ehefrau von Altkanzler Helmut Schmidt in ihrem Haus in Hamburg-Langenhorn
       im Alter von 91 Jahren gestorben.
       
       Der lange gemeinsame Lebensweg des Ehepaares hat die Öffentlichkeit in
       steigendem Maße angerührt und bewegt. Seit 1942 waren die beiden
       verheiratet, zwei Kinder gingen aus der Ehe hervor. Die erwachsene Tochter
       Susanne lebt in London, der kleine Sohn starb während des Krieges im Alter
       von nur sieben Monaten. Für die Schmidts schien Realität zu sein, wovon
       viele Menschen vergeblich träumen: lebenslange, loyale Partnerschaft bei
       Wahrung der beiden eigenständigen Persönlichkeiten. Schon im Alter von zehn
       Jahren hatten sich die beiden in der Schule kennen gelernt und
       angefreundet. Zur selben Zeit rauchten sie heimlich gemeinsam ihre erste
       Zigarette. "Loki und ich rauchen seit mehr als 70 Jahren zusammen", sagte
       Helmut Schmidt einmal.
       
       Sie selbst erzählte vor einigen Jahren der Zeit, dass sie sich nur an einen
       einzigen richtigen Streit mit ihrem Mann erinnern könne. Den Anlass habe
       sie zwar vergessen, aber sie wisse noch, dass sie einen nassen Waschlappen
       nach ihm geworfen habe: "Es war vor der Währungsreform, ich konnte es mir
       nicht leisten, etwas Festes zu schmeißen, das hätte zerbrechen können."
       
       Die meisten öffentlichen Auftritte hatte Loki Schmidt - natürlich - an der
       Seite ihres Mannes. Das pflegt bei Ehepartnern prominenter Politikerinnen
       und Politiker so zu sein. Aber niemals bestand ein Zweifel daran, dass die
       ehemalige Lehrerin eigene Interessen und Leidenschaften verfolgte und nicht
       allein in der Rolle der Ehefrau und Mutter ihre Erfüllung fand. Ihr Einsatz
       für den Naturschutz, besonders für bedrohte Pflanzen, brachte ihr
       internationale Anerkennung ein. Auf einer Forschungsreise in Mexiko
       entdeckte sie 1985 ein bis dahin nicht bekanntes Ananasgewächs, das noch
       keinen Namen hatte. Fachleute tauften sie ihr zu Ehren "Pitcairnia
       Loki-Schmidtii nov. spec.". Auch eine tunesische Orchidee und die
       Neuzüchtung einer Dahlie tragen ihren Namen. Darauf war sie stolz.
       
       Eigentlich hatte sie ja auch Biologin werden wollen. Aber die Tochter armer
       Eltern konnte das Geld für die Studiengebühren nicht aufbringen. So wurde
       sie Lehrerin. Und hat ihr Ziel auf Umwegen dann doch erreicht: Für ihre
       Verdienste um die Botanik wurde Loki Schmidt zur Ehrensenatorin der
       Hamburger Universität ernannt. Auch die sowjetische Akademie der
       Wissenschaften verlieh ihr für ihre botanische Forschungsarbeit im Kaukasus
       einen Ehrendoktor.
       
       Daneben machte sich Loki Schmidt auch als Autorin mehrerer Bücher einen
       Namen. Zweimal waren sie und ihr Ehemann gleichzeitig auf der
       Spiegel-Bestsellerliste vertreten. Lange bevor dies üblich wurde, ging sie
       einen eigenen, unabhängigen Weg, von dem sie auch dann nicht abwich, als
       ihr Mann zum Bundeskanzler gewählt wurde. Sie war nicht das weibliche
       Pendant zu Joachim Sauer, dem Ehemann von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
       Ihm merkt man an, wie lästig ihm repräsentative Aufgaben sind, wie ungern
       er den Prinzgemahl gibt. Bei der Wahl seiner Frau zur Bundeskanzlerin saß
       er nicht einmal auf der Besuchertribüne. Solche Gesten hatte Loki Schmidt
       nicht nötig. Sie erfüllte stets das, was sie für ihre Pflicht als Frau
       eines Spitzenpolitikers hielt - und blieb sich und ihren Interessen dabei
       doch selber treu.
       
       "Sie war eine fröhliche, zugewandte, emanzipierte Frau", sagt Egon Bahr
       über sie, der Loki Schmidt seit Jahrzehnten kannte. "Zugewandt und
       emanzipiert könnte ja wie ein Widerspruch klingen", fügt der SPD-Politiker
       hinzu. "Aber das war bei ihr eben nicht der Fall." Andere, die sie in
       Hamburg oder im Ferienhaus am Brahmsee erlebten, schildern sie als
       ungewöhnlich dezente und zugleich selbstbewusste Frau. "Völlig
       unprätentiös."
       
       Ihr Ehemann selbst dankt ihr in seinem jüngsten Buch für jahrzehntelange
       Unterstützung und Hilfe. Und er schreibt: "Ich bin immer noch stolz auf
       diese Tochter eines Werftarbeiters, mit der ich seit fast sieben
       Jahrzehnten verheiratet bin."
       
       Eigentlich hätte Loki Schmidt am Donnerstag die "Blume des Jahres"
       präsentieren sollen, wie seit 30 Jahren schon. Das konnte sie nicht mehr
       tun. Aber ausgewählt hat sie die Blume des Jahres 2011 noch selbst. Es ist
       die Moorlilie. Loki Schmidt wollte damit das tun, was sie fast ihr ganzes
       Leben lang getan hat: Aufmerksamkeit wecken für eine bedrohte, seltene
       Pflanze und für deren ebenfalls bedrohten Lebensraum.
       
       21 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bettina Gaus
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Polyamorie
       
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