# taz.de -- Handelsstreit um "Seltene Erden": China verknappt wichtige Metalle
> Weil die Chinesen die Ausfuhr von Spezialrohstoffen gedrosselt haben,
> kommen einige Hightech-Industrien in Probleme. Nun wehren sich die
> Industrieländer, eine Klage vor der WTO droht.
(IMG) Bild: Wüste Plackerei: Abbau Seltener Erden in China.
PEKING dpa/reuters/dapd | Die EU, Japan und die USA erwägen eine Klage bei
der Welthandelsorganisation WTO gegen die Drosselung der chinesischen
Ausfuhren so genannter Seltener Erden. China hat die Ausfuhr dieser
Hochtechnologie-Metalle, die zum Beispiel für die Produktion von
Smartphones und iPods gebraucht werden, nach Japan weitgehend eingestellt.
Auch deutsche, andere europäische sowie amerikanische Unternehmen sind
betroffen.
Japan und die USA haben die Möglichkeit einer WTO-Klage bereits
"inoffiziell" diskutiert, berichtete die japanische Zeitung "Nikkei
Business Daily" am Freitag unter Hinweis auf japanische und amerikanische
Regierungskreise. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa in Peking
laufen innerhalb der Europäischen Union auch schon Anfragen bei betroffenen
Unternehmen, die gewöhnlich zur Vorbereitung eines solchen WTO-Verfahrens
nötig sind. Nach den WTO-Regeln für einen freien Welthandel sind
Exportquoten verboten. Ausnahmen sind in engen Grenzen und nur dann
möglich, wenn heimische Unternehmen auch davon betroffen sind. Auch hat
sich China bei seiner WTO-Aufnahme 2001 verpflichtet, keine Ausfuhrzölle
auf Seltene Erden zu verhängen.
Die Preise für die Spezialrohstoffe auf dem Weltmarkt sind bereits
drastisch gestiegen, berichteten Industrie-Unternehmen der dpa. Einzelne
Rohstoffe seien "bis zu 20-fach teurer" geworden. Die Kosten könnten sich
langfristig auch in höheren Preisen für hochtechnologische Produkte
niederschlagen. Bei höheren Preisen für Seltene Erden lohne sich aber auch
der Abbau an anderen Orten außerhalb Chinas wieder. China hat wiederholt
beteuert, dass seine Ausfuhrbeschränkungen nicht im Widerspruch zu
WTO-Regeln stehen. Begründet werden sie vor allem mit Umweltschutz und
einer Konsolidierung seiner Rohstoff-Industrie.
Auch in Deutschland erhalten erste Unternehmen keine Seltenen Erden mehr,
berichtete "Spiegel Online". "Wir stehen am Beginn einer Versorgungskrise",
wurde der Geologe Harald Elsner von der Bundesanstalt für Geowissenschaften
und Rohstoffe (BGR) zitiert. Es drohten brisante Engpässe, sagte der
BGR-Geologe Peter Buchholz. Bis mindestens Ende 2011 sei Deutschland "zu
fast 100 Prozent" auf China angewiesen. Außerhalb Chinas gibt es besonders
in Grönland und Kanada große Vorkommen. Ein Areal im grönlandischen
Kvanefjeld könne bis zu 100.000 Tonnen Seltener Erden pro Jahr abwerfen,
sagte Elsner. Doch könnte die Produktion in Grönland frühestens in fünf
Jahren beginnen. Zuvor könnten nur kleinere Bergwerke in den USA und in
Australien aktiviert werden. Beim Besuch von Wirtschaftsminister Rainer
Brüderle am 12. Oktober in Peking sei die Drosselung der Exporte bereits
angesprochen worden.
Die Exporte dieser Spezialrohstoffe nach Japan setzten im September
weitgehend aus, als der Streit zwischen Peking und Tokio über die Kollision
eines chinesischen Fischerboots mit einem Schiff der japanischen
Küstenwache in einem umstrittenen Seegebiet aufflammte. Inwieweit
politische Gründe eine Rolle spielen, erscheint Beobachtern unklar. Doch
stoßen gerade die Exporte nach Japan auf neue und besonders hohe
bürokratische Hürden beim chinesischen Zoll, wie japanische Zeitungen
berichteten. Es gibt Schätzungen, dass im Frühjahr die japanischen Vorräte
aufgebraucht sein dürften.
Angesichts der drohenden Knappheit von High-Tech-Metallen will Japan einem
Zeitungsbericht zufolge die sogenannten Seltenen Erden künftig auch aus
Vietnam importieren. Wie die Wirtschaftszeitung "Nikkei" am Freitag
schrieb, arbeiten mehrere japanische Unternehmen an Machbarkeitsstudien,
wie die Metalle in Vietnam gefördert werden könnten. Eine Vereinbarung
zwischen Japan und Vietnam soll "Nikkei" zufolge bei einem Besuch des
japanischen Regierungschefs Naoto Kan am 31. Oktober in Hanoi besiegelt
werden. Der Konzern Sumitomo wolle von 2013 an die High-Tech-Metalle nach
Japan liefern. Auch Toyota Tsusho will demnach die Erden in Vietnam
fördern. Japan verbraucht etwa die Hälfte der weltweit geförderten Metalle.
China hatte im Juli die Ausfuhrquote für dieses Jahr um 72 Prozent
verringert. Nach widersprüchlichen Regierungsangaben in Peking werden für
2011 noch weitere Beschränkungen erwogen. China ist der weltgrößte
Exporteur von Seltenen Erden, die in hochtechnologischen Industrien zur
Produktion von Handys, Festplatten, Elektroautos, Katalysatoren, in der
Lasertechnik oder in Windkraftanlagen gebraucht werden. Auch
Rüstungsindustrien sind betroffen.
97 Prozent dieser Spezialrohstoffe auf dem Weltmarkt stammen derzeit aus
China. Viele der Seltenen Erden kommen trotz ihres Namens weltweit in
ausreichenden Mengen vor. Die Konzerne kaufen wegen der niedrigeren Kosten
und lockeren Umweltschutzbestimmungen vor allem in China ein.
22 Oct 2010
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