# taz.de -- Neues Online-Portal von Lobby Control: Netzwerk gegen Lobby-Netzwerke
       
       > Mit Lobbypedia ist nun ein Internetportal gestartet, das aufzeigen will,
       > wie weit Lobbyismus in Politik und Wirtschaft verbreitet ist. Noch klappt
       > nicht alles.
       
 (IMG) Bild: Informationen satt: Startseite von Lobbypedia.
       
       Langer Vorlauf, kurzes Vergnügen, ein wenig Geruckel und dann ist sie da.
       Um 10 Uhr 28 ging am Donnerstag das neue Lobbyismus-Lexikon
       [1][Lobbypedia.de] online - wenn auch nur für wenige Minuten. Einige Print-
       und Online-Medien durften das Portal vorab testen, die Berichte wurden
       umgehend nach dem Start veröffentlicht. Dieser großen Medienresonanz "waren
       unsere Server-Kapazitäten leider nicht gewachsen", sagt Projektleiter Elmar
       Wigand. "Wir haben das schlicht unterschätzt."
       
       10 Uhr 28? "Ein Zahlenspiel mit dem Datum 28.10.", erklärt Wigand, der beim
       gemeinnützigen Verein Lobby Control in Köln angestellt ist. Lobby Control,
       gegründet im Jahr 2005, betreibt die Lobbypedia. Zehn Monate
       Vorbereitungszeit haben die vier festen Mitarbeiter des Lexikons nun hinter
       sich. Zur festen Redaktion hinzukommen soll, wie Wigand sagt, ein
       "organisch wachsender Stamm von Autoren." Dabei sei es wichtig, die neuen
       freien Mitarbeiter persönlich kennenzulernen und nichts zu überstürzen.
       
       Lobbypedia bietet drei große Bereiche: "Finanzlobby", "Seitenwechsler"
       sowie "Bau- und Immobilienlobby". Der letzte Bereich sei noch am
       unfertigsten, betont Wigand. Er sei aber auch der mit dem aktuellsten
       Bezug: "S 21, sie wissen schon." Aufgezeigt werden sollen die "Akteure des
       Projekts Stuttgart 21″, ihre politischen und wirtschaftlichen
       Verflechtungen untereinander und Verbindungen zu weiteren Akteuren, die
       sonst eher selten mit der Bahnhofsplanung in Stuttgart in Verbindung
       gebracht werden.
       
       Unter "Seitenwechsler" finden sich zahlreiche Informationen über Politiker,
       die nach ihrer Dienstzeit im Amt in die freie Wirtschaft wechseln. Das kann
       der Bürgermeister einer Kleinstadt, aber auch der ehemalige deutsche
       Außenminister Joschka Fischer sein. Wer dessen Namen ins Suchfeld auf der
       Seite eingibt, den weist Lobbypedia auf seine Kontakte zu BMW, Siemens und
       RWE hin. Ebenso verhält es sich mit den nicht mehr ganz so neuen
       Tätigkeiten des Ex-Bundeskanzlers Gerhard Schröder.
       
       Viel Vorarbeit wurde auch im dritten Sektor geleistet - der "Finanzlobby".
       Wigand sieht darin "einen der wichtigsten Bereiche". Die Idee für
       Lobbypedia sei während der jüngsten Wirtschaftskrise entstanden.
       Seitenbesucher können an der Online-Abstimmung zu den "Worst EU Lobbying
       Awards über die schmutzigsten Lobbypraktiken in Brüssel" teilnehmen. Eine
       Chronologie zum "Banken-Rettungsschirm" zeigt auf, wie die Politik in
       Deutschland den Banken zur Hilfe kam und mal eben Milliarden Euro den
       Besitzer wechselten.
       
       Das Portal will helfen zu verstehen, wie es dazu kommen konnte. Wer hat
       möglicherweise wen beeinflusst? Wie verhalten sich Lobby-Organisationen,
       Wirtschaft und Politik zueinander? Welche Bedeutung haben dabei
       PR-Agenturen? Welche Journalisten? Gerade bei den Finanzthemen sind nach
       der Meinung Wigands kompetente Autoren wichtig.
       
       Um die 300 Einträge finden sich bisher im neuen Online-Lexikon, das dem
       großen Vorbild Wikipedia nicht nur ähnlich sieht, sondern mit der gleichen
       Software funktioniert: [2][MediaWiki.] Auch der Ton ähnelt jenem der
       Wikipedia. Es herrscht Sachlichkeit vor, zu den Artikeln gehören
       selbstverständlich Belege. Es gibt zusätzlich die Möglichkeit, Beiträge zu
       kommentieren und somit zu erweitern. Der Projektleiter betont, Lobbypedia
       sei gleichzeitig eine Ergänzung zur Wikipedia und [3][zur eigenen
       Webseite.] 
       
       Man setzt auf ein langsames Wachstum, "wir wollen kein Wikileaks, sondern
       eher ein Lobby-Gedächtnis sein", sagt Wigand. Irgendwann sei im Portal eine
       Schnittstelle für "Whistleblower" vorgesehen. Wer Lobbypedia dann anonym
       Informationen zukommen lassen will, soll einen einfachen und
       verschlüsselten Weg bereitet bekommen. Einen exakten Plan dafür gebe es
       allerdings noch nicht.
       
       28 Oct 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.lobbypedia.de/index.php/Hauptseite
 (DIR) [2] http://de.wikipedia.org/wiki/MediaWiki
 (DIR) [3] http://www.lobbycontrol.de/blog/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Maik Söhler
       
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