# taz.de -- Bergsteigerverband wählt neuen Präsidenten: Quo vadis Alpenverein?
       
       > Bislang war Naturschutz das Hauptziel des Verbandes. Bei der Wahl eines
       > neuen Präsidenten wird auch über die künftige Ausrichtung entscheiden.
       
 (IMG) Bild: Bergsteigen ist ein Naturerlebnis - solange es noch intakte Natur in den Alpen gibt.
       
       In den deutschen und österreichischen Alpen läuft eine neue
       Erschließungswelle. Vielerorts werden wieder Lifte gebaut, Schneekanonen
       installiert, Berghütten zu komfortablen Hotels ausgebaut und Eventangebote
       geschaffen, wie die spektakuläre "Alspix"-Aussichtsplattform im
       Zugspitzmassiv.
       
       Wenn es darum ging, die empfindlichen Hochgebirgsregionen vor den
       schlimmsten Auswüchsen der alpinen Bauwut zu bewahren, war der Deutsche
       Alpenverein (DAV), mit aktuell mehr als 850.000 Mitgliedern weltgrößter
       Bergsteigerverband und zugleich Umweltschutzorganisation, ein verlässlicher
       Streiter. Doch dies könnte sich ändern, wenn er an diesem Wochenende in
       Osnabrück einen neuen Präsidenten wählt. Denn dabei geht es auch um die
       Frage: Soll sich der DAV weiter als wertegebundener "Verein für Bergsteiger
       und Bergfreunde" mit anspruchsvollen ökologischen Zielsetzungen verstehen,
       wie es Herwig Sedlmayer, der Vorsitzende der Sektion Bayerland, formuliert,
       oder zum pragmatischen "Fun-Abenteuer-Reiseanbieter und Massensportverein"
       mutieren?
       
       Einziger Kandidat für den ehrenamtlichen Job ist Josef Klenner. Der
       60-jährige Manager beim Stahlkonzern ThyssenKrupp soll Nachfolger von Heinz
       Röhle werden, der im Juli nach einer turbulenten Sitzung des Verbandsrates
       seinen Rücktritt erklärt hatte. Klenner stand schon von 1992 bis 2005 an
       der Spitze des DAV. Der Diplomingenieur ist ein eher blasser Funktionärstyp
       und damit das krasse Gegenteil zum meinungsfreudigen Forstwissenschaftler
       und engagierten Naturschützer Röhle. Zuweilen griff Röhle schon mal beherzt
       ins Tagesgeschäft ein, etwa als er eine Pressemitteilung der Münchner
       DAV-Zentrale, die ihm im Sinne des Naturschutzes zu wenig engagiert
       erschien, kurzerhand umformulierte.
       
       Spätestens seit Beginn der Debatte um das Für und Wider Olympischer
       Winterspiele im bayerischen Oberland stand es mit dem Verhältnis von
       DAV-Hauptgeschäftsführer Thomas Urban und Röhle nicht zum Besten. Anfang
       Juli kam es zum Showdown. Röhle nahm seinen Hut. Viele vermuteten Urban
       hinter dem Putsch. Denn der hatte nach Röhles Demission etwas kryptisch
       erklärt, dass sich der Streit an unterschiedlichen Einschätzungen eines
       "mehr hierarchischen oder demokratischen Führungsstils" entzündet habe.
       Röhle konterte: "Ich habe mich nie undemokratisch verhalten."
       
       Sehr wahrscheinlich ging es aber um mehr als um Führungsfragen. Nämlich,
       ganz konkret, auch um die brisante Frage, wie sich der Alpenverein zur
       Bewerbung Münchens und Garmisch-Partenkirchens für die Winterolympiade 2018
       stellt, die zuletzt unter starken Druck geraten war. Bauern, die ihr Land
       nicht für neue Sportanlagen hergeben wollten, gingen auf die Barrikaden.
       Der Bund Naturschutz in Bayern (BN) verkündete seinen Ausstieg aus der
       Fachkommission Umwelt der Bewerbungsgesellschaft. Eine "grüne"
       Winterolympiade sei nicht möglich. Die Umweltschützer würden nur als
       ökologisches Deckmäntelchen für weitere Natur- und Klimazerstörung
       missbraucht.
       
       Wenn sich auch der Alpenverein, Mitglied im Deutschen Olympischen
       Sportbund, von Olympia verabschiedet hätte, hätte dies möglicherweise das
       Aus für die Bewerbung bedeutet. Röhle machte im Gegensatz zu
       Olympia-Befürworter Urban kein Hehl aus seiner Skepsis, dass die
       Winterspiele wirklich nachhaltig und flächenneutral gestaltet werden
       können. Nach eigener Beschlusslage hätte sich der Verband ebenfalls aus der
       Kommission zurückziehen müssen, meint er. Die jüngst beim IOC eingereichten
       Bewerbungsunterlagen zeigten, dass finanzielle Forderungen für zwei
       entscheidende grüne Leitprojekte mit Beteiligung des DAV nicht erfüllt
       worden seien.
       
       Seit Röhles Demission ist beim DAV offiziell keine Rede mehr von
       Vorbehalten. Urban sieht "große Chancen, mit der Bewerbung internationale
       Maßstäbe für die naturverträgliche und nachhaltige Durchführung von
       Winterspielen" zu setzen.
       
       29 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Etscheit
       
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