# taz.de -- Champions League am Dienstag: Schalkes Flucht nach vorne
       
       > Felix Magath verfolgt mit Schalke 04 langfristige Pläne. Um diese
       > einzuhalten, braucht das Team dringend Erfolge in der Champions League,
       > auch wenn der Trainer Anderes sagt.
       
 (IMG) Bild: Trainer Magath, Millioneneinkauf Huntelaar: In der Königsklasse das Geld erwirtschaften
       
       GELSENKIRCHEN taz | Auch wenn diese Bundesligasaison als völlig missratenes
       Krisenjahr in die Geschichte des FC Schalke 04 eingehen wird, gibt es noch
       einen Ausweg. Schalke 04 braucht unbedingt die Einnahmen aus dem
       Europapokal, an dem der Klub im kommenden Jahr wahrscheinlich nicht
       teilnehmen wird. Dafür sieht es derzeit gut aus in der Champions League, wo
       das Team heute Abend bei Hapoel Tel Aviv (20.45 Uhr, Sky) einen großen
       Schritt in Richtung Achtelfinale machen kann.
       
       Der Rettungsweg, mit dem auf Schalke liebäugelt wird, lautet daher: Wenn
       der Klub das Viertelfinale oder mit viel Glück sogar das Halbfinale der
       Königsklasse erreicht, dann könnten die finanziellen Ausfälle zumindest
       teilweise kompensiert werden. Doch nach dem 0:1 gegen Bayer Leverkusen
       sagte Felix Magath: "Ich kann mich jetzt nicht freuen auf Dienstag, wir
       müssen dort versuchen, Kraft zu schöpfen für das Spiel gegen St. Pauli am
       Freitag, das ist jetzt wichtiger als die Champions League."
       
       Während der Niederlage vom Samstagabend begann Magath ernsthaft zu
       zweifeln, ob sein Team überhaupt geeignet ist für die Erfordernisse des
       Abstiegskampfs. "Meine Spieler sind es nicht gewohnt, dort unten zu
       spielen", stellte er fest, Schalke versucht immer noch, schwierige
       Situationen vorwiegend spielerisch zu lösen. Was fast völlig fehlt, sind
       Willenskraft, Härte und die Fähigkeit, sich aufzubäumen, Elemente, die
       gegen die von 120 Minuten DFB-Pokal erschöpften Leverkusener sicher
       geholfen hätten.
       
       Im Vorjahr klagte Magath immer wieder über zu viel Kampf und zu wenig
       spielerische Momente, nun ist die Balance der beiden Pole erneut aus dem
       Gleichgewicht. Nur in die andere Richtung. Und genau hier sehen die
       Schalker auch eine Ursache für die Erfolge in der Champions League. "Das
       ist ein ganz anderer Wettbewerb, dort wird anders gespielt", sagte der
       Spanier Raúl.
       
       Auf europäischem Parkett fühlen sich Spieler wie Manuel José Jurado,
       Klaas-Jan Huntelaar, Raúl oder Jefferson Farfan offenbar erheblich wohler.
       Die Partie im Hexenkessel von Tel Aviv könnte also wieder zum Abend der
       Stars werden, die Magath ausdrücklich von seiner Kritik ausnimmt. "Die sind
       nicht fürs Kämpfen geholt worden", sagte er, "die Spieler dahinter müssen
       mehr Einsatz bringen."
       
       Mit solchen Sätzen rechtfertigt er seine Einkaufspolitik, doch das ist ein
       gefährliches Spiel. Längst sind einige der alten Schalker unzufrieden mit
       der Sonderstellung der Stars, vor allem Raúl hat der Mannschaft in der
       Bundesliga bisher so gut wie gar nicht geholfen.
       
       Auf europäischem Parkett ist das anders. Hier fühlt sich die prominente
       Offensive heimisch, deshalb schien die Schalker Rechnung von der
       missratenen Bundesligasaison, deren Folgen mit europäischen Erfolgen
       abgefedert werden, durchaus plausibel. Die große Gefahr ist ja, dass das
       neue Schalker Team, das 2012 oder 2013 die Meisterschaft gewinnen soll,
       schon im kommenden Sommer auseinanderbricht. Weil die Säulen der Mannschaft
       unbezahlbar geworden sind.
       
       In Tel Aviv geht es also auch um die Möglichkeit, den Absturz sanfter zu
       gestalten. Dass Magath in diesem Jahr zu viele Fehler macht, ist aber
       längst klar. Sein Umbruch war zu radikal, und seine taktischen Maßnahmen
       funktionieren nicht.
       
       Magath scheint nach dem Meisterjahr in Wolfsburg und dem Erfolg in seinem
       ersten Schalker Jahr gedacht zu haben, ihm gelingt auch weiterhin alles.
       Stattdessen geht mittlerweile das meiste schief, was der Trainer sich
       ausdenkt.
       
       2 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Theweleit
       
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