# taz.de -- Paketbomben aus dem Jemen: Saudischer Agent verrät al-Qaida-Pläne
       
       > Seine Geschichte würde Stoff für einen Agentenkrimi hergeben: Die
       > Informationen über den geplanten Frachtanschlag stammen von einem
       > saudischen Überläufer.
       
 (IMG) Bild: Der Saudi Jabr al-Faofi hat offenbar die Informationen über den geplanten Frachtanschlag geliefert.
       
       KAIRO taz | Die Sache mit den Paketbomben aus dem Jemen hätte schlimm
       ausgehen können. Dass sie rechtzeitig entdeckt wurden, ist einem Tipp des
       saudischen Geheimdienstes zu verdanken. Doch woher hatte der seine
       Informationen? Inzwischen wurde bekannt, dass es einen Agenten in den
       Reihen al-Qaidas gab, der wahrscheinlich zuvor vom saudischen Geheimdienst
       platziert worden war.
       
       Seine Geschichte würde Stoff für einen Agentenkrimi hergeben. Sie handelt
       von dem heute Mitte 30-jährigen Saudi Jabr al-Faofi, oder Abu Jaafar
       al-Ansari, wie sein Kampfname lautet.
       
       Im Jahr 2001 kämpfte er an der Seite Ussama Bin Ladens in Afghanistan gegen
       die US-Truppen. Beide hatten sich vor den intensiven US-Luftangriffen im
       Höhlenkomplex von Tora Bora versteckt. Bin Laden entkam den Amerikanern.
       Al-Faifi wurde von den US-Truppen festgenommen und nach Guantánamo
       gebracht. Dort blieb er als Gefangener mit der Identitätsnummer 188 bis
       Anfang 2007, als er freigelassen und den saudischen Behörden übergeben
       wurde.
       
       In Saudi Arabien durchlief er ein Rehabilitationsprogramm für
       Guantánamo-Rückkehrer und wurde anschließend auf freien Fuß gesetzt. Bald
       darauf floh er in Richtung Jemen zu seinen ehemaligen Kampfgenossen. Damals
       wurde seine Flucht in den Medien als eine große Peinlichkeit für den
       saudischen Sicherheitsapparat bezeichnet und als ein Beweis dafür, dass das
       saudische Rehabilitationsprogramm nicht funktioniert. Niemand ahnte damals,
       dass die Saudis mit al-Faifi einen Agenten in die Reihen von "al-Qaida auf
       der Arabischen Halbinsel" (Aqap) im Einsatz hatten.
       
       Für die Regierung in Riad war es ein großes Problem, dass sich viele
       saudische al-Qaida-Kader in den Jemen abgesetzt hatten - auf der Flucht vor
       dem immer effektiver agierenden Sicherheitsapparat. Im Jemen schlossen sich
       die saudischen Kader mit ihren lokalen Kampfgenossen zu Aqap zusammen. Das
       unübersichtliche Hinterland liegt nicht nur außerhalb der Kontrolle der
       jemenitischen Zentralregierung in Sanaa. Es lag auch außerhalb des
       Radarschirms der saudischen Sicherheitsbehörden.
       
       Im September kontaktierte al-Faifi schließlich die saudischen Behörden mit
       der Bitte, wieder zurückzukommen und, wie es offiziell heißt, "sich selbst
       zu stellen". Laut der arabischen Tageszeitung al-Hayat wurde er mit einer
       saudischen Privatmaschine in Sanaa abgeholt. Anschließend erstattete er dem
       saudischen Geheimdienst offensichtlich Bericht und lieferte jene wertvollen
       Informationen, die jetzt zur Vereitlung der Anschläge mit den jemenitischen
       Paketbomben geführt haben.
       
       Der Weckruf für die Saudis, sich stärker im Jemen zu engagieren, kam im
       Sommer vergangenen Jahres. Damals empfing der saudische Antiterrorchef
       Prinz Mohammed Bin Naif einen anderen Al-Qaida-Überläufer. Der ebenfalls
       aus dem Jemen zurückgekehrte Abdullah al-Asiri zündete beim Empfang
       überraschend eine in seiner Unterhose versteckte Bombe. Bin Naif überlebte
       nur leicht verletzt. Spätestens seit diesem Zeitpunkt lief das saudische
       Infiltrationsprogramm in Richtung der Al-Qaida-Kader im Jemen auf
       Hochtouren. Mit saudischem Geld wurden jemenitische Stammesloyalitäten
       gekauft und ein Netzwerk jenseits des jemenitischen Sicherheitsapparates
       aufgebaut, dem die Saudis spätestens seit dem Anschlag auf Prinz Naif nicht
       mehr trauten.
       
       Der saudische Geheimdienst scheint nun einen Teil des "blinden Flecks" im
       Jemen beseitigt und Aqap auch mit anderen Agenten unterwandert zu haben.
       Denn es war nicht nur al-Faifi, der Informationen geliefert hatte. Der
       saudische Tipp an die US-Behörden enthielt sogar die Auftragsnummern der
       Bombenpakete, berichtet die saudische Tageszeitung al-Watan. Und die kann
       der saudische Geheimdienst erst nach der Rückkehr al-Faifis Anfang
       September nach dem Absenden der Pakete im Oktober erhalten haben.
       
       2 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Hungerstreik in Saudi-Arabien: Die Grenzen des Regimes austesten
       
       Eine Menschenrechtsgruppe setzt sich für Gefangene ein. Mit einem
       Hungerstreik protestieren sie gegen Inhaftierungen in Saudi-Arabien. Doch
       der König legt ihnen Steine in den Weg.
       
 (DIR) Sprengstoff-Sensor aus Israel: "Viel besser als ein Spürhund"
       
       Drei junge Forscher an der Universität Tel Aviv haben einen sensiblen
       Sprengstoff-Sensor entwickelt. Damit wollen sie die Sicherheitsprobleme bei
       Frachtbomben lösen.
       
 (DIR) Al-Quaida Videobotschaft im Jemen: Al-Awlaki droht Amerikanern
       
       Der radikale islamische Prediger meldet sich im Internet mit einer
       Videobotschaft zu Wort und ruft Muslime dazu auf, US-Bürger zu töten.
       
 (DIR) Gefahr des Terrorismus: Minister alarmiert Bevölkerung
       
       Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) warnt zum ersten Mal vor
       möglichen Anschlägen und rät den Bürgern: "Melden Sie alles Verdächtige der
       Polizei".
       
 (DIR) Bomben im Gepäck der Luftfracht: Totale Kontrolle ist unmöglich
       
       Die abgefangenen Paketbomben aus dem Jemen waren funktionsfähig.
       Sicherheitsexperten fordern mehr Geld, doch vollkommene Sicherheit kann es
       nicht geben.
       
 (DIR) Jemens Kampf gegen Al-Qaida: Chaotische Verhältnisse in Sanaa
       
       Das Al-Qaida-Netzwerk im Jemen gilt als das stabilste der Welt. Das Land
       braucht Hilfe bei seiner Bekämpfung, Präsident Abdallah Saleh lehnt jedoch
       Einmischung von Außen ab.
       
 (DIR) Kommentar Al-Qaidas neue Taktik: Keine Sicherheit ohne Frieden
       
       Nach den vereitelten Frachtanschlägen wird nun wieder eine Diskussion über
       die ultimative Sicherheit beginnen, von der alle wissen, dass sie eine
       Illusion ist.
       
 (DIR) Vereitelte Flugzeug-Anschläge: Krieg gegen den Paketterror
       
       Nach Bombenfunden in Frachtflügen herrscht Sorge in Deutschland,
       Großbritannien und den USA. Bundesinnenminister Thomas de Maizière räumt
       Versäumnisse ein.