# taz.de -- Millionen Dollar machen noch keinen Politiker: Es war eine Wahl, keine Auktion
       
       > Was für ein Debakel: Ausgerechnet die superreichen Kandidatinnen haben
       > bei den jüngsten Wahlen in den USA verloren. Ein Grund dafür ist auch die
       > aktuelle Krise.
       
 (IMG) Bild: Das Tänzchen auf dem politischen Parkett ist vorerst vorbei: Ex-EBay-Chefin Meg Whitman, die so gerne Gouverneurin geworden wäre.
       
       "Money, money, money…" Sie sind alle Hits, die Lieder, die von der goldenen
       Seite des Reichtums handeln, die Geschichten über das Glück erzählen, das
       nur mit Geld zu gewinnen ist: "Money makes the world go round" - nirgendwo
       gilt das mehr als in den USA. Dort, wo Ansehen über den Status, also über
       das teuerste Haus, mit der größten Auffahrt und den fettesten Autos
       definiert wird. Auch Politik wird im Angesicht von Superwahlkämpfen vom
       Geld beherrscht. Aufwändige TV-Spots mit patriotischem Fahnenschwingen und
       kitschiger Musik wollen finanziert werden.
       
       Aber was ist das? Die Wähler haben ausgerechnet die superreichen Kandidaten
       bei den US-Wahlen abblitzen lassen. Prominentestes Beispiel: Ex-Ebay-Chefin
       Meg Whitman aus Kalifornien. Dabei hatte die gute Frau nun wirklich alle
       Möglichkeiten. Das Geld - mehr als 140 Millionen Dollar -, die richtige
       Partei und keine dröge Politiker-Vita. Und setzte alles gegen einen
       73-jährigen Demokraten aus dem Polit-Establishment in den Sand.
       
       Auch die kampferprobte Linda McMahon schlug in Connecticut böse auf den
       Boden der Realität auf. Die Exchefin des Wrestling-Konzerns WWE wollte mit
       Hilfe von Millionen privater Dollar Senatorin werden. Aber ihr
       demokratischer Kontrahent hat sie auf die Matte geschickt. "Ich habe etwas,
       dass Geld nicht kaufen kann: Ich habe euch", zitiert die Washington Post
       den Sieger Richard Blumenthal. "In Connecticut hat heute eine Wahl
       stattgefunden - und keine Auktion."
       
       3, 2, 1 - meins? So funktioniert Politik nicht, auch nicht in den USA.
       Vielleicht auch nicht mehr, seit die Häuser verwaist, die großen Autos
       verkauft sind. Whitman kann den Frust über die Niederlage mit ihrer
       Leidensgenossin aus Kalifornien, Carly Fiorina, in einem - nach diesem ach
       so teuren Wahlkampf - vielleicht etwas günstigerem Glas Wein ertränken.
       Fiorina, Exchefin von Hewlett-Packard, wäre für die Republikaner gerne
       Senatorin geworden, schröpfte dafür ihr privates Konto. Und verlor. Die
       Wrestlerin, die Ex-Ebay-Chefin und die HP-Powerfrau - alle liegen sie
       kollektiv am Boden. Da blinkt es gleich alarmierend auf: Alle drei sind
       Frauen! Eine Verschwörung? Ein Rückfall der Wähler in eine
       antifeministische Haltung? Der böse Amerikaner, der erfolgreiche
       Geschäftsfrauen nicht in der Politik sehen will? Eine feine Idee - doch
       Fiorina scheiterte gegen eine Frau.
       
       Die drei Ladys, sie sind zu allererst an ihren eigenen Kröten krepiert. Und
       da ist es den Amerikanern egal, über welches Geschlecht oder welche Partei
       sie abstimmen. Laut dem "International Institute On Money On State
       Politics" haben in den letzten neun Jahren nur elf Prozent der Kandidaten,
       die ihren Wahlkampf mit eigenem Geld finanziert haben, auch gewonnen. Wer
       sich reich an Spenden sammelt, die Ochsentour durch die Vorgärten hinter
       sich bringt, verdient sich eher Respekt.
       
       Denn obwohl Reichtum in Amerika wie wohl in kaum einem anderen Land neidlos
       akzeptiert wird - Reichtum entrückt die Menschen auch von der Mittelklasse.
       Von denen, die hart für ihr Geld arbeiten und in Zeiten wirtschaftlicher
       Unsicherheit oft nicht wissen, wie sie die Hypothek auf das Eigenheim
       bedienen sollen. Meg Whitman und ihr Bankkonto passen nicht in diese Zeit.
       Ebenso wenig die Wrestling-Queen, die ihr Boot "Sexy Bitch" ("Sexy
       Schlampe") nennt. Oder die HP-Chefin, die dafür verantwortlich war, 30.000
       Jobs zu streichen.
       
       Volksnahe Politiker sehen anders aus. Wohl noch etwas, was alle drei Frauen
       gemeinsam haben: Ihr Geld hat ihnen nicht die Fähigkeit geschenkt, die
       Leute zu bewegen, sie zu erreichen. Sie blieben spröde, distanziert -
       verschanzt hinter Schotter. 1, 2, 3 - vorbei.
       
       3 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rieke Havertz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Schwarzenegger tritt als Gouverneur ab: Das Ende der Dicke-Eier-Politik
       
       Er hat groß geträumt - und ist oft gescheitert: Am Montag tritt Arnold
       Schwarzenegger als Gouverneur Kaliforniens ab. Daran konnten auch
       Stierhoden nichts ändern.
       
 (DIR) Sarah Palin nach US-Wahlen: Der Mama-Grizzly brüllt
       
       Kandidiert Sarah Palin fürs Weiße Haus? Auch nach dem Wahlerfolg der
       Konservativen schweigt die US-Politikerin hartnäckig. Sie lässt lieber
       Videos sprechen - und Tiere.
       
 (DIR) US-Politologe über Ergebnisse der US-Wahl: "Obama fehlt das Mitgefühl"
       
       Sechs, setzen? Barack Obama ist bei den Wahlen abgestraft worden. Was der
       US-Präsident künftig besser machen muss, erklärt der US-Politologe Robert
       Guttman.
       
 (DIR) Kommentar US-Kongresswahlen: Der Präsident braucht neue Ideen
       
       Barack Obama ist mit seinen Wahlversprechen gescheitert - und dafür
       abgestraft worden. Die Republikaner werden jedoch keine Verantwortung
       übernehmen.
       
 (DIR) Wahlen in den USA: Tea Party schränkt Obamas Macht ein
       
       Die Republikaner übernehmen das US-Repräsentantenhaus, die Demokraten
       behalten eine knappe Mehrheit im Senat und der Präsident muss neue
       Kompromisse machen.
       
 (DIR) Wahlen in den USA: Obama muss die Macht künftig teilen
       
       Die Demokraten verlieren bei den Kongresswahlen ihre Mehrheit im
       Repräsentantenhaus und können ihre Mehrheit in der zweiten Kammer, im
       Senat, nur knapp behaupten.