# taz.de -- Notenbanken beraten über Geldpolitik: USA wollen mehr Cash, Europa zögert
> Die Notenbanken beraten über Geldpolitik. Soll die Konjunktur mit
> niedrigen Zinsen angekurbelt werden? Die USA haben sich dafür schon
> entschieden, Europa zögert – aus Sorge um Inflation.
(IMG) Bild: Dollars über Dollars. Die USA wollen die Zinsen senken.
Für Notenbanker aus aller Welt ist Großkampfwoche. Die US-Notenbank Fed,
die Europäische Zentralbank (EZB), die Bank of England und die Bank of
Japan entscheiden in diesen Tagen über die künftige Geldpolitik, genauer
über die Frage: Soll die Konjunktur mit noch mehr Cash, sprich: mit
niedrigeren Zinsen angekurbelt werden - oder müssen vielmehr die Zügel
zwecks Inflationsvermeidung wieder angezogen werden? Gerade erst haben die
Zentralbanken in Australien und Indien ihre Leitzinsen angehoben. Die Bank
of England müsste da eigentlich mitziehen, denn die britische
Inflationsrate ist auf 3 Prozent gestiegen. Doch weil die wirtschaftliche
Lage fragil ist, werden die Londoner Notenbanker lieber stillhalten.
In den USA, wo die Entscheidung gestern nach Redaktionsschluss fiel, war
dagegen mit einer weiteren Lockerung zu rechnen. Trotz eines
Wirtschaftswachstums von zuletzt 2 Prozent verharrt die Arbeitslosenrate
bei rekordverdächtigen 9,6 Prozent. Da die Fed anders als die EZB neben
Preisstabilität auch niedrige Arbeitslosigkeit gewährleisten soll, dürfte
sie eine Konjunkturbelebung im Blick haben. Den Leitzins, der sich zwischen
0 und 0,25 Prozent bewegt, kann sie praktisch nicht mehr senken. Ihr
Beschluss dürfte auf eine Neuauflage ihres Programms zum Ankauf von
Staatsanleihen hinauslaufen. Die halbe Billion US-Dollar, die die Fed dafür
vermutlich in den nächsten sechs Monaten ausgibt, fließen direkt in die
Wirtschaft. Als Nebeneffekt dürften dadurch die langfristigen Zinsen
sinken, was den Unternehmen die Kreditaufnahme und damit die Investitionen
erleichtert.
In der Eurozone streiten die Notenbanker darüber, ob sie es der
US-Notenbank gleichtun sollen. Die Krisenländer wie Griechenland, Irland
oder Portugal sind schwer dafür. Sie sind in letzter Zeit wirtschaftlich
wieder stark unter Druck gekommen und müssen für ihre Anleihen extrem hohe
Risikoaufschläge zahlen. Doch Länder wie Deutschland, wo die
Wachstumsprognose für 2011 gerade auf bis zu 3,5 Prozent angehoben wurde,
fordern eine strengere Politik.
Eine Erhöhung des Leitzinses von derzeit 1 Prozent steht zwar nicht an,
aber Bundesbankpräsident Axel Weber, der gerne nächster EZB-Chef werden
möchte, fordert dringend den Ausstieg aus den bisherigen Liquiditätshilfen.
Ökonomen weisen allerdings auf die Risiken hin: Der Euro würde dann als
stabiler gelten und somit für Anleger attraktiver. Sein Kurs würde weiter
steigen, was aber für die Exportwirtschaft ein gravierender Nachteil wäre.
Die Bank of Japan, die ihre Sitzung eigens vorverlegt hat, wird ihre
Entscheidung daher allein von der US-Notenbank abhängig machen. Sie wird
alles tun, um Nachteile von der extrem exportabhängigen japanischen
Wirtschaft abzuwenden. Vor einem Monat senkte sie schon ihren Leitzins, um
den Kurs des Yen nach unten zu treiben, legte einen Fonds zum Kauf von
Staatsanleihen auf und machte deutlich, dass sie nachlegen könne. Japan ist
ein gutes Beispiel dafür, dass die Notenbanken der Welt ihre Entscheidungen
nicht mehr unabhängig voneinander treffen können.
3 Nov 2010
## AUTOREN
(DIR) Nicola Liebert
## ARTIKEL ZUM THEMA