# taz.de -- Werder Bremen macht sich Mut: Wird schon werden
       
       > Ist doch alles nicht so schlimm: Werder Bremen verliert in der Champions
       > League gegen Enschede und findet sich trotzdem gar nicht übel.
       
 (IMG) Bild: Applaus, Applaus: Werder-Manager Klaus Allofs nach der Niederlage.
       
       Gäbe es für den Begriff "Greenwashing" eine Entsprechung im Fußball, also
       für das schöne Verpacken schädlicher Inhalte, dann müsste man ihn auf jeden
       Fall auf die Öffentlichkeitsarbeit von Werder Bremen nach der verheerenden
       0:2-Nierderlage gegen Twente Enschede anwenden. "Das haut uns nicht um",
       sagte Per Mertesacker und lobte das "Innenleben" der Mannschaft. Kapitän
       Torsten Frings, der noch nach der Niederlage gegen den 1. FC Nürnberg am
       Samstag die gesamte Mannschaft zusammengestaucht hatte, schlug in die
       gleiche Kerbe: "Es klingt zwar komisch, aber wir müssen so weiterspielen,
       gemeinsam ackern, fighten und kämpfen."
       
       Diese Botschaft wollte Trainer Thomas Schaaf seinen Spielern ohne jede
       Zeitverzögerung mit auf den Weg geben. Statt zum verabredeten TV-Interview
       marschierte er direkt nach dem Spiel in die Kabine. "Es war wichtig, unter
       uns zu reden und anzusprechen, dass es heute zwar nicht das Gelbe vom Ei
       war, aber man deutlich gesehen hat, dass man sich verbessern wollte." Die
       Vehemenz, mit der hier Leistungsbereitschaft als Erfolg gefeiert wurde,
       lässt nichts Gutes über den aktuellen Zustand dieser fußballerischen
       Primärtugenden bei Werder vermuten.
       
       Nach allen drei Niederlagen dieser englischen Woche, im Pokal bei den
       Bayern sowie gegen Nürnberg und Enschede, verbreiteten die Bremer die
       Gewissheit, eigentlich die bessere Mannschaft gewesen zu sein. Man habe
       "nur" vorne seine Chancen nicht genutzt und hinten zu viele Fehler gemacht.
       Gegen Enschede bot Werder tatsächlich bis zum Platzverweis von Torsten
       Frings in der 75. Minute begeisternden Angriffsfußball. Da hätten
       allerdings die offensivstarken Holländer schon längst führen müssen. Die
       Bremer Notabwehr, in der Frings den Innenverteidiger gab und Wesley den
       zuletzt desolaten Silvestre vertrat, konnte sich mehrfach bei Torwart
       Mielitz bedanken, dass es noch 0:0 stand.
       
       Auch dieses Unentschieden hätte Werder noch im Rennen gehalten, doch die
       Mannschaft rannte in Unterzahl kopflos in zwei Konter. Unter dem Strich
       steht eine englische Woche, an deren Beginn die Bremer noch in allen drei
       Wettbewerben vertreten waren und an deren Ende sie sich nun als
       Tabellen-Elfter auf die Aufholjagd in der Bundesliga konzentrieren können.
       Die Hoffnung, mit zwei Siegen gegen Tottenham Hotspur und Inter Mailand in
       Europa weiter mitspielen zu dürfen, erfordert neben viel Rechenkunst auch
       "viel Fantasie", wie selbst Optimist Schaaf einräumen musste.
       
       Werders Trainer erinnerte daran, dass man sich auch in den letzten Jahren
       immer wieder aus schwierigen Situationen herausgekämpft habe. Und zwar mit
       Arbeit, Arbeit, Arbeit. Aber im Umfeld schwindet langsam das Vertrauen in
       die alten Rezepte, neue werden vermisst. Die Blutauffrischung der
       Mannschaft scheint in dieser Saison gründlich danebengegangen zu sein. Die
       Last-Minute-Verpflichtung von Mikael Silvestre hat das Dauer-Problem auf
       der linken Abwehrseite eher noch verschärft. Und der Weggang von Mesut Özil
       hat unübersehbar zum Qualitätsverlust in der Offensive geführt.
       
       Die Aufgaben des Spielmachers sollten auf mehrere Schultern verteilt
       werden. Das sieht bisher oft so aus: Wesley muss ständig in der Abwehr
       aushelfen, Arnautovic ist absolut unberechenbar, Marin und Hunt tauchen in
       schwierigen Situationen ab, Pizarro reibt sich zwischen Mittelfeld und
       Angriff auf. Dazu kommt, dass Schaaf gegen seine sonstige Gewohnheit
       ständig umstellt. Almeida für Arnautovic, Arnautovic für Hunt und wieder
       zurück. Dabei lebt Werders Kombinationsspiel von Automatismen und
       eingespielten Positionswechseln.
       
       Nachdem die Nerven nach dem Nürnberg-Spiel noch blank lagen und die Finger
       in die Wunden gelegt wurden, verpassten sich die Bremer am Dienstag
       gegenseitig Beruhigungspflaster. "Wenn wir an die geschlossene
       Mannschaftsleistung von heute anknüpfen, dann wird das schon", sagte
       Torwart Sebastian Mielitz. "Im Fußball geht es schließlich immer weiter."
       Fragt sich bloß: wie?
       
       3 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Lorenzen
       
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