# taz.de -- NS-Finanzministerium: Raub für die Volksgemeinschaft
       
       > Nach der Studie über das Auswärtige Amt untersucht jetzt eine Kommission
       > die Plünderung der Juden durch das Reichsfinanzministerium.
       
 (IMG) Bild: Vor kurzem wurden die Entnazifizierungslisten aus dem Auswärtigen Amt während der NS-Zeit offen gelegt. Jetzt gibt es auch eine Kommission zum Reichsfinanzministerium.
       
       BERLIN taz | Nachdem alle Beteiligten unter der Erde sind, hat die
       historische Durchforstung von Nazi-Ministerien Konjunktur, deren
       Mitarbeiter sich jahrzehntelang erfolgreich als unpolitisch und nur ihrem
       fachlichen Ethos verpflichtet porträtiert hatten.
       
       Nach der Studie über das Auswärtige Amt jetzt also das erste Lebenszeichen
       einer unabhängigen Kommission, die, noch von Peer Steinbrück eingesetzt,
       das Reichsfinanzministerium in der Nazi-Zeit untersuchen soll. Zwar gibt es
       regionale und sachlich begrenzte Studien zum Thema, aber, wie der
       Kommissionsleiter Hans-Peter Ullmann betonte, keine umfassende Darstellung
       der Finanzbehörde auf Reichsebene. Unter den sieben Mitgliedern der
       Kommission befinden sich auch den Lesern der taz bekannte Gesichter wie der
       Wirtschaftshistoriker Adam Tooze und Ulrich Herbert, Experte nicht nur auf
       dem Feld der NS-Zwangsarbeit. Der Aufgabenbereich der Kommission ist im
       Vergleich zur Studie über das Auswärtige Amt viel größer. Umfasst er doch
       nicht nur die Behörde und ihr Personal, sondern den gesamten Umfang der vom
       Ministerium durchgeführten Politik sowie deren Zusammenarbeit
       beziehungsweise Rivalität mit anderen NS-Behörden. Auch das "Nachleben" der
       Beamten nach 1945 soll dargestellt werden.
       
       In seinem einleitenden Bericht destruierte Ullmann am Montag das
       nachträgliche Selbstbild der Ministeriumsmitarbeiter als politisch neutrale
       Verwaltung und "Hauptbuchhalter der Nation". Die Finanzleute sorgten nicht
       nur dafür, dass Hitler immense Geldmittel für Aufrüstung und Kriegsführung
       zur Verfügung standen, und bei der Beschaffung dieser Mittel bedienten sie
       sich nicht nur der Steuern und Kredite, sondern setzten auch in großem
       Umfang auf Raub.
       
       Die Forschungsschwerpunkte fasste Ullmann in fünf Punkten zusammen. Erstens
       geht es um die Geschichte der Behördenstruktur und um die Frage, welche
       Bedeutung die NS-Ideologie auf das finanzpolitische Handeln gewann.
       Zweitens geht es um die Steuerpolitik und deren Platz in der "Festigung der
       Volksgemeinschaft". Den dritten Schwerpunkt bildet die Schuldenpolitik, die
       dazu führte, dass das Nazi-Reich bei der bedingungslosen Kapitulation 452
       Milliarden Reichsmark Schulden aufgehäuft hatte. Dabei spricht viel dafür,
       dass die Sparer wussten, wofür ihre Ersparnisse verwendet wurden. Viertens
       soll es um die Raubfinanzierung durch das Ministerium gehen, deren Opfer
       die entrechteten deutschen Juden wurden.
       
       9 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Semler
       
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