# taz.de -- Argentiniens Ex-Militärmachthaber ist tot: Der "Unheilsbringer" ist nicht mehr
       
       > 1985 wurde er wegen Mordes, Entführungen und Folter verurteilt, 1990
       > wieder begnadigt. Nun ist der ehemalige argentinische Militärmachthaber
       > Emilio Eduardo Massera gestorben.
       
 (IMG) Bild: Kamerascheu war er auch, eines der letzten Fotos von Massera stammt aus dem Jahr 2000.
       
       Der ehemalige argentinische Militärmachthaber Emilio Eduardo Massera ist im
       Alter von 85 Jahren gestorben. Der frühere Admiral erlag am Montag im
       Marinekrankenhaus der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires einem Herz-
       und Atemstillstand.
       
       "Sein Tod außerhalb eines Gefängnisses ist eine tiefe Beleidigung für alle
       Menschen, die glauben, dass der einzige Ort für Völkermörder das Gefängnis
       ist", kommentiert Victoria Donda, die Vorsitzende des
       Menschenrechtsausschusses im Abgeordnetenhaus, den Tod Masseras.
       
       Massera gehörte neben den Generälen Jorge Rafael Videla und dem 1997
       verstorbenen Orlando Ramón Agosti der Militärjunta an, die sich im März
       1976 gegen die amtierende Präsidentin María Estela Martínez de Perón an die
       Macht geputscht hatte. Im September 1978 war er aus der Junta
       ausgeschieden.
       
       Zwei Jahre nach dem Ende der Diktatur wurde Massera 1985 wegen Mordes,
       Entführungen und Folter zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. 1990
       war er vom damaligen Präsidenten Carlos Menem per Dekret begnadigt worden.
       Das Dekret wurde im Juni 2009 vom Obersten Revisionsgericht für
       Strafverfahren in letzter Instanz als verfassungwidrig bestätigt und die
       Verurteilung zur lebenslangen Haft wieder in Kraft gesetzt.
       
       Als Marinechef trug Massera die Verantwortung für die Mechanikerschule der
       Marine ESMA. In der ESMA betrieben die Militärs das größte Gefangenen- und
       Folterlager in der Hauptstadt Buenos Aires. Dort sollen mehr als 5.000
       Menschen gefoltert worden sein, die später zu den verschwundenen Opfern der
       Diktatur zählten.
       
       Nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen wurden 30.000 Menschen
       ermordet oder sind bis heute verschwunden. "Massera ist jemand, den die
       Geschichte in die schwärzeste Ecke verbannt", so Victoria Donda.
       
       Donda kam 1977 in der ESMA zur Welt. Sie wurde ihrer verschleppten Mutter
       weggenommen und weitergeben. Die Menschenrechtsvereinigung "Großmütter der
       Plaza de Mayo" schätzt die Zahl der in Haft zur Welt gekommen und
       verschleppten Kinder auf insgesamt 500. Dieser Straftatbestand war durch
       keines der nach der Dikatur erlassenen Amnestiegesetze abgedeckt.
       
       Bereits 1998 war Massera nach einer Anklage wegen Raub von in den
       Gefangenenlagern geborener Säuglinge verhaftet worden. Wegen seines hohen
       Alters blieb er jedoch schon damals unter Hausarrest. "Völkermörder gehören
       ins Gefängnis," so Victoria Donda. "In unserer Erinnerung wird Massera
       immer als ein Unheilsbringer erscheinen."
       
       2002 erlitt Massera einen Gehirnschlag, in dessen Folge er für
       verhandlungsunfähig erklärt wurde und sich auch nach der Aufhebung der
       Amnestiegesetze im Juni 2005 wegen keinem Verbrechen mehr vor Gericht
       verantworten.
       
       9 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Vogt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Argentinisches Gericht bestätigt Urteil: Lebenslang für Juntachef
       
       Wegen Folter und Mord muss der frühere argentinische Juntachef Videla für
       den Rest seines Lebens ins Gefängnis. Weitere 14 hohe Militärs wurden
       ebenfalls zu lebenslang verurteilt.
       
 (DIR) Zum Tod von Nestor Kirchner: Der verkannte Held
       
       Gewiefter Redner und Stratege - der verstorbene argentinische Expräsident
       Néstor Kirchner war eine Schlüsselfigur im Gefüge der südamerikanischen
       Linken.