# taz.de -- Petition an den Bundestag: Dubiose Aktion für Heilkräuter
       
       > 120.000 Menschen haben eine Petition gegen ein "Verbot von Heilpflanzen"
       > unterzeichnet. Dabei sei das gar nicht geplant, sagen Heilpraktiker und
       > Hersteller.
       
 (IMG) Bild: "Der Bundestag möge sich befassen mit": Chinesische Helmkraut-Wurzel.
       
       Mehr als 120.000 Menschen haben sich in einer Petition an den Bundestag
       gegen ein angebliches Verbot von Heilpflanzen ausgesprochen, das überhaupt
       nicht geplant war. So viele Unterzeichner haben laut Parlamentsverwaltung
       bis Fristablauf am Donnerstag die Eingabe an den Petitionsausschuss im
       Internet unterschrieben. Damit gehört die Petition "Keine Umsetzung des
       EU-Verkaufsverbots für Heilpflanzen" vom 20. September zu den am häufigsten
       unterzeichneten Eingaben des Jahres.
       
       Der Text fordert die Bundestagsabgeordneten zu einem Beschluss auf, dass
       "das Verkaufsverbot von Heilpflanzen in der EU ab dem 1. April 2011 in
       Deutschland nicht greift". Eine Richtlinie der Europäischen Union schränke
       sogar die Anwendung von Naturprodukten stark ein. Diese würden "zu
       medizinischen Produkten umdeklariert, die zugelassen werden müssen". In
       allen EU-Ländern sei es dann verboten, Heilkräuter zu verkaufen, die keine
       Zulassung haben.
       
       "Nur was man patentieren und mit einer Schutzmarke im Handel monopolisieren
       kann, ist erwünscht. Was einfach in der Natur wächst, ist illegal", heißt
       es in der Petition. Die Gesundheit "wird dadurch nicht geschützt, sondern
       es werden die Umsätze und Profite der Großkonzerne gesichert".
       
       Doch nicht nur das Bundesgesundheitsministerium, sondern auch auch die
       größten Verteidiger der Naturheilmittel, Hersteller und Heilpraktiker,
       halten die Petition für unbegründet. Einer der größten deutschen
       Produzenten, Salus, bezeichnet sie sogar als "groben Unfug".
       
       Forschungsleiter Frank Poetsch sagt, die kritisierte EU-Richtlinie über die
       Zulassung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel sei schon 2005 ins
       deutsche Arzneimittelgesetz integriert worden. Und auch vorher habe der
       Grundsatz gegolten: Wenn ein pflanzliches Produkt zum Beispiel mit der
       Deklaration "gegen Husten" verkauft wird, ist es ein Arzneimittel. Dann
       darf es nur vertrieben werden, wenn die Behörden eine Zulassung erteilt
       haben. Dafür prüfen sie etwa, ob das Produkt schädlich ist oder nicht.
       
       "Der 1. April 2011 ist in der Richtlinie gar nicht enthalten, sondern der
       30. April, aber in einem völlig anderen Zusammenhang", sagt Poetsch. Ab
       dann müssen die Mittel in der Regel eine Zulassung nach neuem Recht haben.
       "Da gibt es bestimmte Verschärfungen, aber die sind seit über fünf Jahren
       bekannt", erklärt der Salus-Forscher. Zum Beispiel müssten die Hersteller
       jetzt nachweisen, dass die Arzneimittel keine Veränderungen im Erbgut
       auslösen.
       
       Poetsch vermutet, dass manche kleine Firmen den Aufwand für eine neue
       Zulassung scheuen. "Die Kosten liegen regelmäßig im sechsstelligen
       Eurobereich." Deshalb könnten sie einige Präparate vom Markt nehmen.
       
       Arzneimittelfachmann Arne Krüger vom Fachverband Deutscher Heilpraktiker
       sagt: "Es wird keine Pflanze verboten." Schon deshalb, weil die neuen
       Zulassungsregeln sich immer auf Fertigarzneiprodukte bezögen, also Mittel,
       die meist industriell hergestellt würden. Biobauern können also weiter etwa
       Kräuter wie Pfefferminze oder Thymian verkaufen, ohne dafür eine Zulassung
       zu haben. Größere Wirkung wird die Richtlinie Krüger zufolge in anderen
       EU-Staaten entfalten, die die Naturheilmittelbranche bislang nicht so stark
       reguliert haben wie Deutschland.
       
       Auf diese Einwände hat Wasilka Heim, die die Petition beim Bundestag
       eingereicht hat, nur eine Antwort: "Ich bin keine Juristin." Warum sie dann
       die Eingabe überhaupt geschrieben hat? "Ich habe über das Problem auf
       Internetseiten gelesen, die die Wahrheit schreiben", sagte die die
       Baden-Württembergerin der taz. "Dann habe ich mich aufgeregt und ganz
       spontan die Petition aufgesetzt."
       
       Die große Zahl der Unterstützer kam nur zustande, da in der Naturheilkunde-
       und Bioszene der Petitionsaufruf in Internetforen, Blogs und unzähligen
       E-Mails verbreitet wurde. "Weil das Gesetz ein typisches Beispiel dafür
       ist, wie in Brüssel die Pharmalobby gegen die Interessen der Bevölkerung
       arbeitet", sagt eine der E-Mail-Weiterleiterinnen. Den Inhalt der Petition
       überprüft habe sie aber nicht.
       
       11 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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