# taz.de -- Politische Gefangene in Birma: In der Gewalt der Junta
       
       > In Birma sind viele Oppositionelle festgenommen. Die Zahl der politisch
       > Inhaftierten wächst seit Jahren. Die Bedingungen für sie sind erbärmlich.
       
 (IMG) Bild: Aung San Suu Kyi ist frei, ihre Mitstreiter haben es weiter schwer: Demonstranten feiern ihre Freilassung in Bangkok.
       
       Weltweit wurde die Entlassung der birmesischen Oppositionsführerin Aung San
       Suu Kyi aus ihrem Hausarrest gefeiert. Ein Indiz für eine beginnende
       Öffnung Birmas ist dies aber bei weitem nicht. Denn in dem abgeschotteten
       südostasiatischen Land sitzen immer noch etwa 2.200 politische Gefangene
       ein - Menschenrechtsorganisationen zufolge sind dies etwa doppelt so viele
       wie vor dem Jahr 2007, als die Junta während der sogenannten
       Safran-Revolution die von Mönchen angeführten Massendemonstrationen blutig
       niedergeschlagen hatte.
       
       Die birmesischen Militärs dulden keine Opposition: Sämtliche politischen
       Gefangenen des Landes, die sich friedlich für Demokratie und
       Meinungsfreiheit eingesetzt hatten, wurden aufgrund fadenscheiniger und
       fingierter Beschuldigungen festgesetzt - einige von ihnen für Jahrzehnte.
       Darunter sind ehemalige Studentenanführer, Journalisten, Blogger, Künstler,
       Betriebsaktivisten und viele andere mehr. Die Zahl der gewaltlosen
       politischen Gefangenen beträgt insgesamt rund 2.200.
       
       Viele der Oppositionellen gehören einer der zahlreichen ethnischen
       Minderheiten an, deren Streben nach Teilautonomie und demokratische
       Freiheiten die Junta brutal unterdrückt.
       
       Die Häftlinge werden nicht nur im "Insein" festgehalten, dem berüchtigten
       Gefängnis in der ehemaligen Hauptstadt Rangun, das hauptsächlich für "die
       Politischen" vorgesehen ist. Viele befinden sich in Haftanstalten über das
       ganze Land verstreut und leben dort weit entfernt von ihren Familien.
       
       Wenn es Verwandten, Freunden und Anwälten erlaubt ist, die Insassen zu
       besuchen, müssen sie oft eine beschwerliche Reise auf sich nehmen. Die
       Haftbedingungen sind erbärmlich. Diejenigen, die der Hölle entkamen,
       berichten von Folter während der Verhöre und auch in der Zeit hinter
       Gittern. Erkrankte werden gar nicht oder nur unzureichend medizinisch
       behandelt. Viele Gefangene sitzen in Einzelhaft.
       
       Drei von zweitausend politischen Gefangenen 
       
       Min Ko Naing 
       
       Einer der bekanntesten Dissidenten des Landes nach Min Ko Naing, ehemals
       Studentenführer der sogenannten Generation 1988. "Wenn wir uns derselben
       Rechte erfreuen wollen wie Menschen in anderen Ländern, müssen wir mutig
       genug sein, uns gegen die Diktatoren zu wehren!", hatte er 1988 erklärt.
       
       Damals war der Zoologiestudent Min Ko Naing 25 Jahre alt. Es war das Jahr
       der Massendemonstrationen in Birma, mit denen die Bevölkerung freie Wahlen
       und bessere Lebensbedingungen forderte - und die die Junta schließlich
       blutig niederschlug. Er tauchte noch im selben Jahr unter, bis er dann doch
       im März 1989 verhaftet wurde. Mehr als 15 Jahre saß er im Gefängnis, erst
       im November 2004 kam er frei. Mehrfach bekam er internationale
       Auszeichnungen.
       
       In einer nach Kanada geschmuggelten Videobotschaft würdigte die unter
       Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi den
       Aktivisten als jemanden, "der all dem Druck durch die Autoritäten
       standgehalten habe". Er brauche Zeit, um zu überlegen, wie er sich weiter
       für Demokratie engagieren werde, hatte Ende 2004 ein von Haft und Folter
       schwer gezeichneter Min Ko Naing gesagt. Aufgeben kam nie für ihn in Frage.
       
       Mit anderen ehemaligen Studenten gründete er die Bürgerrechtsbewegung
       "1988er Studentengeneration", die Kampagnen an wichtigen Gedenktagen der
       Demokratiebewegung initiierte. Lange duldete die Junta diese Aktivitäten
       nicht: Gemeinsam mit weiteren Regimegegnern wurde Min Ko Naing im September
       2006 erneut festgenommen, dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt.
       
       Im August 2007 war er Mitorganisator eines Protestmarsches gegen die
       drastisch erhöhten Treibstoffpreise, weswegen er verhaftet wurde. Jene
       Proteste im August 2007 sollten übrigens nur einen Monat später in die von
       Mönchen angeführten Massendemonstrationen, die Safran-Revolution, münden.
       Im November 2008 verurteilte ein Sondergericht Min Ko Naing und weitere
       Anführer der Studentenbewegung zu je 65 Jahren Haft.
       
       Su Su Nway 
       
       Die Arbeiteraktivistin Su Su Nway ist die wohl erste Bürgerin in Birma, die
       2005 erfolgreich lokale Staatsangestellte wegen Zwangsarbeit verklagte.
       Diese Beamten hatten Su Su Nway und andere Bewohner ihres Heimatortes
       gezwungen, beim Bau einer Straße zu helfen.
       
       Die Staatsangestellten wanderten zwar für acht Monate ins Gefängnis,
       allerdings wurde auch Su Su Nway wegen "Diffamierung des Dorfvorsitzenden"
       zu 18 Monaten Haft verurteilt. Zwei weitere Verhaftungen folgten, momentan
       sitzt sie eine Haftstrafe von achteinhalb Jahren ab.
       
       Zarganar 
       
       Haft - Freiheit - Haft: Das ist auch das Schicksal von Zarganar, Birmas
       populärstem Komiker, Schauspieler und Filmemacher. Zuletzt war er 2008
       festgenommen worden. Der Künstler hatte mit 400 Freiwilligen ein
       Hilfsnetzwerk für die Opfer des Zyklons "Nargis" aufgebaut. Unter anderem
       hatte der Regimekritiker sich mehrfach geweigert, private Spenden, wie von
       der Junta angeordnet, zur Verteilung an die Militärs zu übergeben. Auch
       ignorierte er Warnungen der Behörden, nicht mit ausländischen Journalisten
       zu reden.
       
       "Zarganar" (bürgerlich: Maung Thura) begann als 20-Jähriger als Komiker
       aufzutreten. Er zwar so erfolgreich, dass er sich nach seinem
       Universitätsabschluss für den Beruf des Komödianten entschied. Immer wieder
       verpackte er seine Kritik am Militärregime in satirische Witze. Zarganar
       wurde erstmals während der Studentenproteste 1988 verhaftet, als er
       öffentlich einen politischen Wandel in Birma forderte. Die Junta nannte ihn
       "Aufhetzer" und steckte ihn für ein Jahr ins berüchtigte Insein-Gefängnis.
       
       Für regimekritische Reden während des Wahlkampfs 1990 wurde er dann erneut
       für vier Jahre inhaftiert. Die damalige Wahl hatte die oppositionelle
       Partei Nationale Liga für Demokratie deutlich gewonnen, doch die Generäle
       erkannten ihre Niederlage nicht an. Nach seiner Entlassung drehte Zarganar
       mit Unterstützung lokaler NGOs Filme, mit denen er das Bewusstsein für die
       Gefahren von Aids wecken wollte.
       
       In den staatlich kontrollierten Medien wurde er wiederholt als
       "Unruhestifter" gebrandmarkt und erhielt letztlich Auftrittsverbot. Während
       der von Mönchen geführten Massendemonstrationen im September 2007 rief er
       öffentlich zu ihrer Unterstützung auf. Deswegen wurde er Ende September
       erneut für drei Wochen festgenommen.
       
       Sein politisches Engagement konnten bisher weder Verhaftungen noch
       Einschüchterungen mindern. In einem Interview sagte er einmal: "Die
       Menschen in Birma lachen gern. Auch wenn ich nicht mehr sprechen kann,
       werden sich die Witze weiterverbreiten." Zarganar wurde zu insgesamt 59
       Jahren Haft verurteilt; im Jahr 2009 wurde seine Strafe auf 35 Jahre
       reduziert.
       
       16 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Glass
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA