# taz.de -- die wahrheit: Im Unterhöschen gegen die Regierung
       
       > Eigentlich wollte ich die irische Wirtschaft nur ein bisschen ankurbeln:
       > drei, vier Pints vielleicht, jenes Maß von 0,56 Litern, um das sich im
       > Pub alles dreht, solange ...
       
       ... es noch Pubs gibt. In 400 Wirtshäusern sind die Zapfhähne in diesem
       Jahr endgültig versiegt. Hedigans am größten irischen Friedhof im Dubliner
       Stadtteil Glasnevin wird wohl überleben, denn gestorben wird immer, erst
       recht in Krisenzeiten, und die Trauergemeinde muss ja irgendwo ihren Kummer
       hinunterspülen.
       
       Aus dem ruhigen Pint wurde nichts. Am Nachbartisch diskutierte man über
       Irlands Malaise, wie eigentlich überall auf der Insel. Bei den drei
       Pärchen, alle knapp unter 30, ging es hoch her. Die Fronten waren geklärt:
       Die Männer beklagten den Verlust von Irlands Souveränität, seit
       Internationaler Währungsfonds (IWF) und Europäische Zentralbank über
       Irlands Finanzen wachen. Die drei Frauen meinten hingegen, dass es ihnen
       schnuppe sei, wer in Irland das Sagen habe, solange es nicht die irische
       Regierung sei.
       
       Mit jeder Runde wurde die Debatte lauter, ich hatte meine Zeitung längst
       weggepackt. Nachdem er seinen fünften Whiskey hinuntergekippt hatte, haute
       einer der Männer plötzlich auf den Tisch, beschwor die Unantastbarkeit der
       irischen Souveränität und knöpfte seine Strickjacke auf.
       
       Darunter kam ein T-Shirt zum Vorschein mit dem Aufdruck: "Der IWF hat mir
       meinen Mantel weggenommen." Das alberne Hemd könne er sich vors Knie
       nageln, rief eine der Frauen und begann offenbar, den Reißverschluss ihrer
       Jeans unter dem Tisch zu öffnen. Die anderen fünf beugten sich hinüber und
       fingen an zu lachen.
       
       Ob ich auch mal gucken dürfte, fragte ich beherzt und erntete eisiges
       Schweigen. So betrunken sei sie dann doch nicht, meinte die Frau mit der
       offenen Hose schließlich, schob mir aber einen Katalog der Firma Puckout
       herüber und zeigte auf einen Damenschlüpfer mit dem Aufdruck: "Ich lasse
       mich lieber vom IWF ficken." Mit der Unterhose könne man auf diskrete Art
       seiner Unzufriedenheit und Frustration Luft machen, behauptet Tim Kelly,
       einer der Gründer des Versandunternehmens.
       
       Eine interessante Vorstellung: Millionen Iren protestieren so diskret gegen
       die Regierung, dass es keiner merkt. Das könnte den Politikern so passen!
       Die 100.000 Menschen, die am Samstag in Dublin demonstrierten, zündeten
       Poster mit dem Bild des Premierministers Brian Cowen an und warfen Flaschen
       in Richtung Parlamentsgebäude.
       
       Ob sie dabei Anti-Regierungs-Schlüpfer trugen, ist nicht bekannt. Diskret
       waren sie jedenfalls nicht. Im Gegensatz zur Demo hat es das
       regierungskritische Höschen auf die Titelseite der Sun geschafft, was zu
       erwarten war, denn alles, was mit Untenrum zu tun hat, interessiert die
       Leser des kleinformatigen Schmutzkübels.
       
       Übrigens sorgt der IWF nicht nur dafür, dass die irischen Steuerzahler die
       Staatsschulden bei den deutschen Banken begleichen, die Deutschen
       profitieren auch vom diskreten Protest: Auf der Webseite von Puckout heißt
       es, dass die Ware aus Deutschland verschickt wird.
       
       29 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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