# taz.de -- Wikileaks-Dokumente zu Nordkorea: Geben, nehmen, lästern
       
       > Chinesische Diplomaten sind von Nordkoreas Regime wenig begeistert. Und
       > Anders Fogh Rasmussen wurde nur wegen eines Deals Chef der Nato.
       
 (IMG) Bild: Kim Jong Il im Kreise seiner Liebsten.
       
       Chinas Diplomaten reden gegenüber US-Kollegen kritisch über ihren
       Verbündeten Nordkorea. Das geht aus einigen der insgesamt 3.297 Dokumente
       aus dem US-Außenministerium hervor, die sich auf China beziehen und von
       Wikileaks veröffentlicht wurden. Wenig schmeichelhaft kommentierte etwa der
       ehemalige Vizeaußenminister He Yafei im April 2009 die Aktionen des Regimes
       von Kim Jong Il: Nordkorea handele wie ein "verzogenes Kind".
       
       Den Besuch des Premierministers Wen Jiabao in Pjöngjang im Oktober 2009
       spielte Chinas Vizeminister He herunter, wie es in einem anderen
       US-Botschaftsdokument heißt. "Auch wenn wir sie nicht mögen", habe He
       erklärt, müsse Wen dort hinreisen, schließlich sei Nordkorea "ein Nachbar".
       
       Der höchste für Nordkorea zuständige Diplomat Chinas, Dai Bingguo,
       berichtete im September vergangenen Jahres von einem Besuch in Pjöngjang:
       Er habe dort zweieinhalb Stunden lang mit Kim Jong Il gesprochen. Der
       Nordkoreaner, der im Jahr 2008 einen Schlaganfall erlitten haben soll, habe
       zwar Gewicht verloren, scheine aber bei "relativ guter Gesundheit" zu sein
       und immer noch über einen "scharfen Verstand" zu verfügen. Dai habe Kim,
       der bei den Chinesen als Freund des Alkohols bekannt sei, gefragt, ob er
       immer noch Alkohol trinke. Das habe Kim bejaht.
       
       In der chinesischen Regierung gebe es inzwischen unterschiedliche Haltungen
       gegenüber Nordkorea. Das glauben jedenfalls südkoreanische Politiker:
       Jüngere Funktionäre in China seien unzufrieden mit dem Kim-Regime und
       würden einer eventuellen Wiedervereinigung Koreas zustimmen - falls die
       Halbinsel dann China nicht "feindselig" gegenüberstände, erklärte Südkoreas
       ehemaliger Verteidigungsminister Chun Yung Woo der US-Botschafterin in
       Seoul.
       
       Allerdings glaubte der Südkoreaner auch, dass Peking nichts tun wolle, um
       den Status quo in der Region zu gefährden. Die chinesischsprachigen Medien
       haben die China-Aspekte in den Dokumenten bisher verschwiegen. Und
       Wikileaks selbst ist von China aus nicht zugänglich.
       
       Kuhhandel mit Kopenhagen 
       
       "Ich will vor allem der Türkei für ihr Vertrauen danken, […] das sie der
       Person des neuen Nato-Generalsekretärs entgegenbringt", erklärte
       US-Präsident Barack Obama, als er am 4. April 2009 in Straßburg Anders Fogh
       Rasmussen als neuen politischen Führer des Nordatlantikpakts präsentierte.
       Beinahe wäre der zweitägige Nato-Gipfel damals gescheitert, weil Ankara
       hartnäckig die Wahl des dänischen Ministerpräsidenten blockierte.
       Hauptgrund: seine Rolle bei der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen.
       
       Nach den von Wikileaks öffentlich gemachten Dokumenten kam der plötzliche
       Sinneswandel des türkischen Ministerpräsidenten Recep Erdogan durch einen
       Kuhhandel zustande. Rasmussen versprach als Gegenleistung, sich dafür
       einzusetzen, den in Dänemark residierenden kurdischen TV-Sender Roj-TV
       verbieten zu lassen. Außerdem werde er einen Türken als Vizechef
       installieren.
       
       Rasmussen hielt seine Versprechen. Am 18. Oktober ernannte er Hüseyin
       Diriöz zu seinem für Verteidigungspolitik und Planung zuständigen
       Vizegeneralsekretär. Und bereits am 31. August erhob die Staatsanwaltschaft
       in Kopenhagen auf Veranlassung des dänischen Justizministeriums Anklage
       gegen Roj-TV nach der Antiterrorgesetzgebung mit dem Ziel des Verbots.
       Begründung: Der Sender habe wiederholt Programme ausgestrahlt, "deren
       Inhalt die terroristischen Aktivitäten der PKK fördern können".
       
       Seltsam nur: Staatsanwaltschaft, Medienlizenzbehörde und auch die Regierung
       hatten zuvor jahrelang abgelehnt, gegen Roj-TV vorzugehen, da der Sender
       sich im Rahmen des dänischen Medienrechts bewege. Seit der Anklageerhebung
       und einer gleichzeitigen Hausdurchsuchung ist auch nichts weiter geschehen.
       Roj-TV sendet ungehindert weiter, und ein Gericht hob die Beschlagnahme von
       Geldern des Senders wegen fehlender Rechtsgrundlage auf.
       
       30 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jutta Lietsch
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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