# taz.de -- Kommentar Stuttgart 21: Stresstest für den Protest
       
       > Das Dilemma der Grünen ist, dass es wohl keine bessere Lösung gibt, als
       > die Schlichtung als Erfolg zu verkaufen, gleichzeitig aber weiter für den
       > Kopfbahnhof einzustehen.
       
       Das letzte Wort im Streit über Stuttgart 21 ist noch nicht gesprochen. Bahn
       und Landesregierung müssen jetzt erst recht beweisen, was ihr Bahnhof kann
       und wie sie die nötigen Verbesserungen finanzieren wollen. Doch auch die
       Gegnerinnen und Gegner müssen jetzt liefern. Wie von selbst gehen auch ihr
       Protest und der Höhenflug in den Umfrageergebnissen nicht weiter.
       
       Anhand der Demonstration vom vergangenen Wochenende kann noch nicht
       bewertet werden, wie es mit der Bewegung gegen den Tiefbahnhof weitergeht.
       Lediglich eine Gruppe des Aktionsbündnisses hatte zu diesem Protest
       aufgerufen. Der eigentliche Stresstest folgt am kommenden Samstag, für den
       alle gemeinsam zur Großdemonstration aufrufen.
       
       Die Projektgegner schwören sich untereinander auf den Samstag ein. Denn sie
       wissen, dieser Tag zählt. Dass im Advent bei eisigen Temperaturen an die
       70.000 oder 80.000 - wie im Spätsommer - kommen, kann nicht erwartet
       werden. Doch eine beachtliche Marke, die mindestens an 30.000 heranreicht,
       müssten die Veranstalter schon setzen.
       
       Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich das Bild von einem
       Meinungsumschwung festsetzt. Schon in aktuellen Umfragen haben die
       Befürworter des Tiefbahnhofs wieder die Oberhand gewonnen. Setzt sich der
       Trend fort, wird in Kombination mit dem Schlichterspruch für ein "Stuttgart
       21 plus" bald nur noch der harte Kern des Protests zu mobilisieren sein.
       
       Auch die Partei der Grünen steckt in der Zwickmühle. Zwar ist der Ausgang
       der Landtagswahl noch völlig offen, doch die CDU holte zuletzt wieder auf,
       die Grünen stagnieren. Und die grüne Haltung lässt sich nun mal nicht in
       einer schlichten Formel verpacken.
       
       Das zeigen Cem Özdemirs missverständliche Aussagen auf dem Landesparteitag
       am Samstag. Das Dilemma der Grünen ist, dass es wohl keine bessere Lösung
       gibt, als die Schlichtung als Erfolg zu verkaufen, gleichzeitig aber weiter
       für den Kopfbahnhof einzustehen. Das zu verkaufen wird ein Drahtseilakt.
       
       Schon jetzt haben einige Bürger angesichts des Schlichterspruchs das
       Gefühl, dass der Protest ohnehin nichts bringt. Was wollen die Grünen noch
       anstellen?, werden sie fragen. Bleibt der große Protest aus und gewinnt die
       CDU weiterhin dazu, wäre die Hoffnung, dass die Proteste gegen den
       Tiefbahnhof am Ende zum Erfolg führen, schnell verloren.
       
       6 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Michel
       
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