# taz.de -- Zu hohe Öko-Kosten: Deutschland hat zu wenig Schwein
       
       > Die deutschen Ökobauern liefern weniger Schweine als auf dem Markt
       > gefragt sind. Die Kosten für artgerechte Haltung sind einfach zu hoch.
       > Deshalb kaufen viele Händler im Ausland.
       
 (IMG) Bild: Trotz der schwer zu deckenden Nachfrage in Deutschland stellen wenige deutsche Schweinemäster auf Öko um.
       
       BERLIN taz | Schweinehälften aus Italien, Hühnerfutter aus der Ukraine,
       Tomaten aus Spanien - auch die Biolebensmittelbranche ist weit weg vom
       Ideal einer regionalen Wirtschaft. Bei der konventionellen Konkurrenz gibt
       meist der Preis den Ausschlag, Rohstoffe von weit her zu holen.
       
       Natürlich spielen die Kosten auch in der Ökobranche eine Rolle. Wichtiger
       ist aber in vielen Fällen, dass gar nicht genügend Rohstoffe in Deutschland
       produziert werden, wie Marktexperten sagen.
       
       Das Problem mit Importen ist außer dem Treibhausgasausstoß für den
       Transport vor allem, dass sie schwieriger zu kontrollieren sind als die
       Produktion im Inland oder gar in der Region. Denn je mehr Länder involviert
       sind, desto mehr Behörden, Kontrollstellen und meist auch Unternehmen sind
       beteiligt. Da wird es für einen Ladenbesitzer in Deutschland zum Beispiel
       schwierig, den Weg seiner Ware bis zum Erzeuger schnell nachzuvollziehen.
       
       Viele Staaten gelten auch als korruptionsanfälliger als Deutschland.
       Beispiel Italien: Die Nichtregierungsorganisation Transparency
       International hat das Land auf Platz 67 ihres Indexes über die
       wahrgenommene Korruption im öffentlichen Sektor eingestuft - vor Georgien
       und Brasilien. Damit ist Italien weit entfernt von Deutschland, das auf
       Platz 15 steht. Dieses Verhältnis dürfte sich auch auf die Strukturen in
       den Biobranchen beider Länder auswirken.
       
       Das ist in der Ökoszene bekannt. Dennoch hat auch der Kieler Händler Jürgen
       Hansen nach eigenen Angaben seit 2007 in Italien tausende Kilogramm
       Schweinefleisch gekauft. "Damals herrschte eine absolute Knappheit an
       Schweinen", sagt Hansen. Seit 2006 habe es mit einer Ausnahme Anfang 2009
       durchweg zu wenige Bioschweine in Deutschland gegeben.
       
       Hansen könnte ein Interesse haben, den Markt als besonders angespannt
       darzustellen und so den Import aus Italien zu rechtfertigen. Tomás Sonntag,
       Ressortleiter Tierprodukte bei der Naturland Marktgesellschaft, dagegen
       vertritt im Bereich Schweine fast ausschließlich deutsche Bauern, die den
       Italienern Konkurrenz machen. Doch selbst Sonntag sagt: "Der Markt ist
       unterversorgt mit Bioschweinen." Deshalb kauften deutsche Händler auch in
       Italien ein, wo die interne Nachfrage nicht so groß sei.
       
       Trotz der schwer zu deckenden Nachfrage in Deutschland stellen wenige
       deutsche Schweinemäster auf Öko um. In kaum einem Marktsegment ist der
       Bioanteil so niedrig - 2008 zum Beispiel waren dem Bund Ökologische
       Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zufolge nur 0,6 Prozent aller deutschen
       Schweineschlachtungen bio: 21.000 Tonnen. Aktuellere Zahlen liegen dem
       Branchenverband noch nicht vor.
       
       Den wichtigsten Grund für die geringe Umstellungsbereitschaft sehen
       Experten darin, dass sich ein konventioneller Schweinestall wirtschaftlich
       kaum in einen ökologischen umbauen lässt. In herkömmlichen Schweinefabriken
       verbringen die Tiere ihr Leben im Stall. Biobauern dagegen müssen ihren
       Schweinen laut Gesetz ermöglichen, ins Freie zu laufen.
       
       Außerdem hat ein Ökoschwein Anspruch auf etwa dreimal so viel Platz wie
       sein konventioneller Artgenosse. Das Futter für die Tiere darf größtenteils
       nur biologisch angebaut werden. Die Durchführungsbestimmungen zur
       EU-Ökoverordnung verlangen sogar, dass mindestens 50 Prozent des Futters
       aus dem eigenen oder von einem Partnerbetrieb "vorzugsweise in derselben
       Region" kommt. Konventionelle Mäster dagegen dürfen das kaufen, was gerade
       am billigsten ist.
       
       Subventionen könnten die Mehrkosten zumindest teilweise ausgleichen, aber
       im Moment geht der Trend genau in die umgekehrte Richtung. Die
       schwarz-gelbe Koalition in Schleswig-Holstein zum Beispiel will die
       Zuschüsse für den Biolandbau fast auf null reduzieren. Da wird es sich für
       viele Schweinemäster noch weniger lohnen, auf öko umzustellen - trotz der
       mindestens doppelt so hohen Verkaufspreise fürs Ökoschwein.
       
       7 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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