# taz.de -- Nahverkehrs-Chaos in Berlin: Wenn Flocken fliegen, steht die S-Bahn
       
       > Bei der Berliner S-Bahn kommt man nicht mit dem Winter-Wetter zurecht.
       > Der Grund: Das DB-Tochterunternehmen wurde für höhere Gewinne
       > kaputtgespart.
       
 (IMG) Bild: Fährt seit dem Wintereinbruch nur noch unregelmäßig: Berliner Ringbahn.
       
       BERLIN taz | Die Berliner S-Bahn, ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn
       AG, ist mit dem Winterwetter überfordert. Seit vor einer Woche in der
       Hauptstadt der erste Schnee fiel, herrscht auf vielen Bahnhöfen Chaos: Züge
       fallen aus, kommen verspätet und sind überfüllt. Auf wichtigen Linien
       wurden die Taktzeiten erweitert; zudem wurden Züge verkürzt oder ganz
       eingestellt. Grund sind kaputte Motoren, eingefrorene Weichen, vereiste
       Türen, defekte Signale.
       
       Das Unternehmen spricht von einem "erheblichen Rückstau bei der
       Durchführung der zwingend vorgeschriebenen Prüf-, Wartungs- und
       Instandhaltungsmaßnahmen", weshalb Teile seiner Fahrzeugflotte nicht
       einsetzbar seien. Frühestens in der nächsten Woche soll die vorwinterliche
       Situation wieder hergestellt sein - wenn es nicht weiter schneit.
       
       Betrieb auf Bewährung 
       
       Die Probleme bei der S-Bahn reichen eineinhalb Jahre zurück. Damals brach
       das Rad eines mit Fahrgästen besetzten Waggons; nur durch Zufall wurde
       niemand verletzt. Das Eisenbahnbundesamt ordnete zusätzliche
       Sicherheitsüberprüfungen an, die das Unternehmen zunächst nicht ausreichend
       vornahm. Seitdem fährt die Berliner S-Bahn, der der damals noch
       börsenfixierte Mutterkonzern immer höhere Gewinne abnehmen wollte, quasi
       auf Bewährung.
       
       Ein Schmankerl ist: Peter Buchner, der neue S-Bahn-Chef, tönte noch im
       Herbst, für diesen Winter gut gerüstet zu sein. So hatte das Unternehmen
       Ersatzmotoren bereitgestellt, die bei einem Ausfall schnell eingesetzt
       werden können. Das Problem: Wenn die Züge nicht rechtzeitig in die
       Werkstätten kommen, weil sie Weichen nicht passieren können, nützt das
       nichts.
       
       Manchmal sind die Schwierigkeiten noch trivialer. Ein Beispiel: Wenn ein
       stark frequentierter Bahnsteig nicht komplett von Schnee geräumt wird, weil
       Personal fehlt, drängen sich die Fahrgäste auf den freien Flächen. Kommt
       ein Zug, dauert das Einsteigen länger als normal, was zu Verspätungen
       führt. In einem System mit sehr engen Taktzeiten wie in Berlin kann das
       schnell große Schwierigkeiten machen.
       
       "In Berlin hat sich eine Reihe von Problemen aufgestaut", sagt Matthias
       Oomen vom Fahrgastverband Pro Bahn. Zwar laufe auch in Hamburg, wo es ein
       vergleichbares S-Bahn-System gibt, nicht alles optimal, aber dort seien die
       Probleme nicht strukturell. "In Berlin wurden Einsparungen vorgenommen, die
       nicht vertretbar sind."
       
       Schuld sei auch der Bund, der von der Bahn eine jährliche Dividende von 500
       Millionen Euro erwarte. Das Land Berlin müsse sich bemühen, Miteigentümer
       der S-Bahn zu werden. "Am wichtigsten aber ist, dass wieder mehr in die
       Schiene investiert wird."
       
       7 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Richard Rother
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA