# taz.de -- SPD-Europaparlamentarier Udo Bullmann: "Der Euro bleibt"
> Die Zukunft der Währungsunion ist in der EU hart umstritten. Die Regeln
> des Marktes müssen endlich gegen den Markt angewendet werden, sagt der
> SPD-Europaparlamentarier Udo Bullmann.
(IMG) Bild: Bullmann: "Die deutsche Regierung ist ins Nicht-Gelingen verliebt"
taz: Herr Bullmann, was ist Ihre Prognose: Gibt es den Euro 2013 noch?
Udo Bullmann: Ich bin da optimistisch. Aber nach wie vor läuft vieles
grundlegend schief.
Unter den Regierungen der Euro-Länder bricht offener Streit aus.
Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker hat Kanzlerin Merkel jetzt als
"uneuropäisch" bezeichnet und ihr vorgeworfen, sie denke ein "bisschen
simpel". Hat er recht?
Bei der Eurokrise ist die deutsche Regierung durch keinen einzigen
konstruktiven Vorschlag aufgefallen. Das begann bereits, als Griechenland
in die Pleite steuerte. Um die Wahl in Nordrhein-Westfalen zu gewinnen, hat
Merkel monatelang gezögert und zugelassen, dass Hinterbänkler der Koalition
Forderungen aufstellten wie "Wollt ihr Kohle, verkauft uns Korfu". Das war
an Dummheit und Verantwortungslosigkeit nicht zu überbieten.
Dass Sie als SPD-Politiker eine CDU-Kanzlerin kritisieren, überrascht nicht
gerade.
Juncker ist ein Konservativer. Die Kritik an Merkel kommt inzwischen auch
aus der eigenen Parteifamilie.
Juncker will einen Eurobond einführen. Eine gute Idee?
Den Eurobond diskutieren wir im EU-Parlament seit Jahren. Wir sehen ihn als
mögliches Instrument, um den Anleihemarkt auszudifferenzieren und
effizienter zu machen. Wenn alle Euro-Länder einen Teil ihrer
Staatsanleihen gemeinsam herausbringen würden, entstünde ein riesiger,
hocheffizienter Markt für Staatspapiere. Das würde die Zinskosten für die
meisten Euro-Länder automatisch senken.
Aber nicht für Deutschland. Da hat Merkel doch recht: Jetzt gilt die
Bundesrepublik als absolut stabil und muss deswegen sensationell niedrige
Zinsen zahlen. Bei einem Eurobond lägen die Zinsen höher, weil schwache und
starke Länder gemeinsam haften würden.
Deswegen muss man die Idee weiterentwickeln. Das Konzept muss einen
Ausgleichsmechanismus vorsehen, der auch den starken Ländern Vorteile
verschafft. Neben dem nur begrenzten Einstieg mit gemeinsamen Bonds etwa
die anteilsmäßige Vergütung der eingespielten Effizienzgewinne und die
periodische Neubewertung einer fairen nationalen Zinsposition.
Aber hat Juncker nicht leicht reden? Luxemburg hat kaum Staatsschulden.
Anders als Merkel könnte er es sich leisten, die Zinsrisiken zu ignorieren.
Die deutsche Regierung ist ins Nicht-Gelingen verliebt. Stets erklärt sie,
warum etwas nicht möglich sein soll. Warum nicht mal über zusätzliche
Einnahmen nachdenken? Merkel inszeniert sich gern als Kämpferin für die
Finanztransaktionssteuer und beklagt wortreich, dass die anderen
Euro-Länder nicht mitziehen wollten. Sie könnte doch zu
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und den anderen Regierungschefs
gehen und einen Deal anbieten: Einen Einstieg in Eurobonds gibts dann, wenn
auch eine Finanztransaktionssteuer kommt. Damit würde sie eine klassische
Win-Win-Situation schaffen.
Eurobonds allein könnten die Euro-Krise aber nicht lösen. Griechenland und
Irland steuern auf eine derart hohe Staatsverschuldung zu, dass sie
trotzdem pleite wären. Was schlagen Sie vor?
Der EU-Rettungsschirm hat jetzt 85 Milliarden Euro in die irische
Volkswirtschaft gepumpt. Das muss Irland dazu nutzen, seinen aufgeblähten
Finanzsektor gesundzuschrumpfen. Die Banken müssen auf absehbare Zeit dazu
gezwungen werden, die erheblichen öffentlichen Mittel, die sie erhalten
haben, zurückzuzahlen. Darüber hinaus brauchen wir einen europäischen
Währungsfonds, der wie der Internationale Währungsfonds knallhart mit den
privaten Gläubigern verhandelt. Dieser Fonds müsste die Regeln des Marktes
gegen den Markt anwenden können, um insbesondere die spekulativen
Finanzinvestoren zur Kasse zu bitten.
Zu diesen Anlegern gehört aber auch die Pleitebank Hypo Real Estate, die
sowieso schon verstaatlicht werden musste. Soll sie noch mehr Verluste
machen?
Genau hier setzt das Geschäft eines europäischen Währungsfonds an. Wir
brauchen zukünftig eine angemessene Folgenabschätzung, was eine Umschuldung
für einzelne Gläubigerbanken bedeuten würde. Im Übrigen müssen wir die
Geschäftsmodelle der Banken auf den Prüfstand stellen. Exorbitante
Spekulationsgewinne, die an der Realwirtschaft vorbeigehen, sind kein
zukunftsfähiges Konzept. Es kann nicht Aufgabe des Bankensektors sein,
Schrottpapiere zu produzieren, die dann in der Krise in einer Badbank
landen, weil sie aus guten Gründen niemand mehr kauft.
10 Dec 2010
## AUTOREN
(DIR) Ulrike Herrmann
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