# taz.de -- Ghana nimmt Ölförderung auf: Die Goldküste wird zur Ölküste
       
       > Am Mittwoch beginnt vor Ghanas Küste offiziell die kommerzielle
       > Ölförderung. Das Boomland Westafrikas will dabei die Fehler Nigerias
       > vermeiden.
       
 (IMG) Bild: Hofft auf das große Geld: Ghanas Finanzminister Kwabena Duffuor.
       
       ACCRA taz | Die Aufregung ist riesengroß. Egal ob bei
       Diskussionsveranstaltungen, in Tageszeitungen oder in den Kneipen Accras:
       Das schwarze Gold ist in Ghana das Thema schlechthin. "Das Öl", sagt
       Taxifahrer Kofi Appiah und lehnt sich aus seinem orange-weißen Nissan
       heraus, "bringt uns weiter. Das macht uns zu jemandem."
       
       Seit Jahrzehnten war zwar bekannt, dass das westafrikanische Land über den
       heiß begehrten Rohstoff verfügt, allerdings waren die gefundenen Mengen
       stets zu gering für eine kommerzielle Förderung. Doch ausgerechnet im
       Jubiläumsjahr 2007, als die ehemalige Goldküste 50 Jahre Unabhängigkeit
       feierte, brachten erneute Probebohrungen den Durchbruch: Rund 60 Kilometer
       vor der Küste entdeckte das irische Unternehmen Tullow Oil das
       Jubilee-Ölfeld. Ghana jubelte. Am Mittwoch will Präsident John Atta Mills
       auf einer Feier im "Jubilee Field" die Förderung offiziell eröffnen, das
       Fernsehen überträgt live.
       
       Nach Angaben von Tullow sollen zunächst pro Tag 55.000 Barrel gefördert
       werden. In den nächsten drei bis sechs Monaten will das Unternehmen die
       Menge auf bis zu 120.000 Barrel täglich erhöhen. Die Gewinne für den
       ghanaischen Staat könnten im kommenden Jahr zwischen 360 bis 584 Millionen
       Cedi liegen - 159 bis 299 Millionen Euro.
       
       Doch für Ghanaer werden in der Ölindustrie höchstens 1.000 bis 1.500
       Arbeitsplätze direkt entstehen, da das Land nicht über genügend
       qualifizierte Arbeitskräfte verfügt. In den Sternen steht auch, wie sich
       die Lebenshaltungskosten durch den Ölboom entwickeln und ob Öleinnahmen
       überhaupt in öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser und Schulen
       gesteckt werden.
       
       Seit das Öl entdeckt wurde, hat sich Franklin Cudjoe, der das politische
       Forschungsinstitut Imani leitet, als oberster Mahner etabliert. Die
       Politiker würden häufig ein ganz falsches Bild zeichnen, so auch im
       Wahlkampf 2008, erklärt er: "Sobald ein Politiker ein Megafon in der Hand
       hielt, versprach er Ölgewinne in Milliardenhöhe. Dabei gab es noch nicht
       einmal einen vernünftigen Geschäftsplan."
       
       Trotzdem hat Ghanas Regierung mit ihrer Gesetzesvorlage zur Nutzung der
       Ölgewinne, dem Oil Revenue Management Bill, guten Willen gezeigt. Über
       mehrere Monate wurde das Schriftstück der Bevölkerung präsentiert.
       Kernfrage war, welcher Gewinnanteil für die kommenden Generationen
       zurückgelegt werden muss und welcher Anteil in den laufenden Haushalt
       gesteckt werden darf. Genau das sorgte vergangene Woche noch einmal für
       große Diskussion im Parlament.
       
       Denn die Abgeordneten hoben mit knapper Mehrheit eine Sperrklausel auf.
       Somit dürfen die Ölgewinne nun auch als Sicherheit für Kredite genutzt
       werden. Das war ein Schock für Ghanas Zivilgesellschaft, die die Regierung
       nur allzu gern an die Verhältnisse im nahen Nigeria erinnert, wo
       Korruption, Umweltverschmutzung im Nigerdelta und Rebellenaktivitäten den
       Ölsektor beherrschen.
       
       Es kommen viele mahnende Stimmen aus Nigeria an die Adresse Ghanas. Omolara
       Akanji, Beraterin des Gouverneurs der nigerianischen Zentralbank, sagt in
       Accra: "Ich will nicht wie eine Lehrerin klingen. Aber: Seid wachsam!
       Achtet darauf, was die multinationalen Firmen machen. Und denkt an eines:
       Das Bruttosozialprodukt sagt wenig darüber aus, wie es den Menschen in
       eurem Land wirklich geht."
       
       Energieminister Joe Oteng-Adjei lächelt milde, wenn er mit diesen Bedenken
       konfrontiert wird. "Wir werden doch kein zweites Nigeria", sagt er und
       schüttelt den Kopf energisch. Die Strukturen seien in Ghana komplett
       anders. Und Ghana hätte noch einen weiteren Vorteil: Gefördert wird auf dem
       Meer, weit weg vom Festland.
       
       14 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Gänsler
       
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