# taz.de -- Film über Hausbesetzer: Die Geschichte ist nicht zu Ende
       
       > Der Regisseur William Perfetti blickt zurück auf 40 Jahre
       > Hausbesetzergeschichte, von den Trebegängern Anfang der 70er bis zu den
       > heutigen Musterhausentwicklern.
       
 (IMG) Bild: Bei einer Besetzung in Mitte, 2008.
       
       "Das Rauch-Haus ist unser Haus, ihr kriegt uns hier nicht raus", schallt es
       aus dem Demonstrationszug. Man trägt Parka und lange Haare und schreibt das
       Jahr 1971. Es geht um den Erhalt des frisch besetzten Georg-von-Rauch-Haus
       am Mariannenplatz, heute wohl das älteste noch existierende Berliner
       Hausprojekt in Selbstverwaltung. Die Szene ist ein Ausschnitt aus dem in
       den 70er-Jahren viel diskutierten Film "Das ist unser Haus". Einige Szenen
       davon finden sich nun in einem neuen Film wieder: "20 Jahre Mauerfall - 20
       Jahre Mainzer-Fall. Mit Willy unterwegs in Berlin" heißt das Projekt, mit
       dem der italienische Filmemacher William Perfetti auf die fast 40-jährige
       Geschichte der Berliner InstandbesetzerInnenbewegung zurückblickt.
       
       Perfetti beginnt Anfang der 70er Jahre und erinnert daran, dass es damals
       oft aus den Heimen geflohene Jugendliche waren, die auf Trebe gingen und
       Häuser besetzten. Diese Frühgeschichte der Westberliner
       BesetzerInennbewegung wird oft selbst von ehemaligen AktivistInnen
       vergessen, die erst in den frühen 80er Jahren aktiv wurden. Für Perfetti
       dagegen wurde damals die Stadt zum Experimentierfeld für eine andere Form
       von Zusammenleben, an die im kurzen sogenannten "Sommer der Anarchie" 1990
       in Ostberlin wieder angeknüpft wurde.
       
       Videoschnipsel aus verschiedenen zeitgenössischen Filmen über die Mainzer
       Straße erinnern an die kurze Geschichte der besetzten Häuser vor der
       Räumung - etwa das Mainzer-Straßen-Fest im Sommer 1990 und einen
       Neonaziangriff einige Wochen zuvor. In den Kommentaren der damaligen Videos
       wurde immer betont, dass mit der Räumung der Mainzer Straße die gesamte
       soziale und alternative Bewegung Berlins diszipliniert werden sollte.
       Perfetti hingegen will zeigen, dass dies nicht gelungen ist - und die
       Räumung der Mainzer Straße nicht das Ende der Bewegung war.
       
       Im zweiten Teil des Videos werden verschiedene Berliner Projekte
       vorgestellt, die seit den 90er Jahren in Berlin entstanden sind. Einige
       beziehen sich allerdings bewusst nicht auf die BesetzerInnenbewegung. So
       betont Carola Ludwig vom Friedrichshainer RAW-Tempel in der Revaler Straße,
       dass für sie und ihre MitstreiterInnen eine Besetzung nie zur Diskussion
       stand. Man habe immer auf eine enge Verbindung mit der Politik Wert gelegt.
       Hans-Georg Fischer, der seit 1990 in der Kreutziger Straße lebt und 1995
       den Verein Southern Networks for Environment and Development (Soned)
       mitbegründete, zeigt am Beispiel der Kreutziger Straße 19 die Entwicklung
       vom besetzten Haus zum ökologischen Musterprojekt, das heute
       umweltfreundlich produzierten Strom an die Versorgungsunternehmen verkaufen
       kann.
       
       Perfettis positive Sicht auf die Entwicklung vom Hausbesetzer zur
       alternativen Projekteszene wird unter den ZuschauerInnen sicher ebenso für
       Diskussion sorgen wie die häufigen und eigentlich für das Thema des Films
       überflüssigen "Tagesschau"-Ausschnitte zu Mauerfall und Wiedervereinigung.
       
       14 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Nowak
       
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