# taz.de -- Kommentar Proteste in Griechenland: Europa schafft sich ab
       
       > Wer denkt, dass die Griechen selber Schuld an ihrer Lage sind, verkennt
       > die komplexen Ursachen der Misere und nimmt billigend in Kauf, dass der
       > Euro und die EU kaputtgehen.
       
       Brennende Autos, attackierte Polizisten, schwerverletzte Demonstranten: Was
       sich in Athen und anderen größeren Städten des Landes abspielt, ist eine
       Tragödie. Manche tun diese Geschehnisse mit einem Schulterzucken ab oder
       meinen, die Griechen hätten halt nicht so viel Schulden machen sollen. Wer
       so denkt, verkennt aber nicht nur die komplexen Ursachen der Misere,
       sondern nimmt auch billigend in Kauf, dass der Euro und die EU kaputtgehen.
       
       Das Austeritätsprogramm, das die EU den Griechen aufgezwungen hat,
       funktioniert nicht. Es kann gar nicht funktionieren, denn es zwingt die
       griechische Wirtschaft in eine Abwärtsspirale.
       
       Darunter leidet die große Mehrheit der Bevölkerung, die sich deswegen
       völlig zu Recht zur Wehr setzt. Generalstreiks und Demonstrationen folgen
       in immer kürzeren Intervallen. Ministerpräsident Papandreou wird seinen
       Kurs nicht mehr lange durchhalten können.
       
       Wenn es so weitergeht, zwingt die EU die Griechen praktisch aus dem Euro
       heraus, damit diese ihre Währung abwerten und ein Schuldenmoratorium nach
       argentinischem Vorbild vorlegen können. Was für Griechenland gilt, könnte
       in naher Zukunft auch in Irland, Portugal und Spanien Realität werden. Der
       Auflösungsprozess des Euro - und dem folgend der gesamten EU - wird dann
       nur noch schwer zu stoppen sein.
       
       Deutschland ist der Key-Player, wenn es darum geht, diese Entwicklung
       aufzuhalten. Aber die Bundesregierung steuert genau in die falsche
       Richtung. Mit dem Spruch: "Wir sind doch nicht die Zahlmeister Europas"
       wird die EU beerdigt.
       
       Das weltweit wichtigste Projekt aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
       steht vor dem Scheitern, weil dummer nationaler Egoismus eine Lösung der
       Probleme verhindert. Leider werden die meisten erst zu spät begreifen, was
       sie dann verloren haben.
       
       16 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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