# taz.de -- Irans Justiz verhängt hartes Urteil: Sechs Jahre Haft für Filmemacher
       
       > Der international bekannte Regisseur Jafar Panahi hat nach den
       > Präsidentschaftswahlen 2009 die Opposition unterstützt. Jetzt soll er
       > dafür ins Gefängnis kommen
       
 (IMG) Bild: Dschafar Panahi nach seiner Freilassung gegen Kaution im Mai 2010.
       
       Der international bekannte iranische Filmemacher Jafar Panahi ist wegen
       Kritik an der Regierung zu sechs Jahren Gefängnis und zwanzig Jahren
       Berufs- und Reiseverbot verurteilt worden. Panahis Anwältin Farideh Gheirat
       sagte der Nachrichtenagentur Isna, das Urteil sei am Montag ihr und ihrem
       Mandanten mitgeteilt worden.
       
       Dem Filmemacher werde Versammlung und Propaganda gegen die islamische
       Staatsordnung vorgeworfen, fügte Gheirat hinzu. Laut dem Urteil dürfe
       Panahi in den kommenden zwanzig Jahren keine Filme drehen, keine Drehbücher
       schreiben, keine Interviews geben und das Land nicht verlassen. Sie werde
       gegen das Urteil Einspruch einlegen, sagte die Anwältin.
       
       Der preisgekrönte Regisseur Panahi wurde Anfang März gemeinsam mit sechzehn
       Personen, darunter seiner Frau und seiner Tochter, wegen Arbeiten an einem
       regierungskritischen Film festgenommen. Kulturminister Mohammed Hosseini
       sagte einige Wochen nach der Festnahme, nach ihm vorliegenden Informationen
       habe Panahi einen Film über die Ereignisse nach der Wiederwahl von
       Präsident Mahmud Ahmadinedschad im Juni 2009 drehen wollen. Das umstrittene
       Wahlergebnis hatte zu Massenprotesten geführt, die monatelang anhielten.
       
       Der 49-jährige Panahi zählt zu den im Ausland bekanntesten Filmemachern
       Irans. Für sein Werk "Offside" erhielt er den Silbernen Bären der Berlinale
       im Jahr 2006. Sein Film "Der Kreis" wurde 2000 mit dem Goldenen Löwen des
       Filmfestivals von Venedig ausgezeichnet. 1995 gewann er mit "Der weiße
       Ballon" die Goldene Kamera in Cannes.
       
       Panahi durfte, seit er sich beim Filmfestival in Montreal im vergangenen
       Sommer öffentlich hinter die Opposition gestellt hatte, den Iran nicht mehr
       verlassen. Einer Einladung zur Berlinale als Ehrengast konnte er deswegen
       im Februar nicht nachkommen. Die meisten der sozialkritischen Filme Panahis
       sind im Iran der Zensur zum Opfer gefallen.
       
       Prominente Filmemacher, Schauspieler und Kulturschaffende wie Robert
       Redford, Steven Spielberg, Robert De Nero, Martin Scorsese und Ang Lee
       protestierten gegen Panahis Einkerkerung. "Wir verlangen die unverzügliche
       und bedingungslose Freilassung des Filmemachers", forderten sie. Seine
       Kollegen in Cannes ließen demonstrativ einen Stuhl für ihn frei. Am 25. Mai
       bestätigte die iranische Justiz, dass Panahi gegen eine Kaution von
       umgerechnet 162.000 Euro auf freien Fuß gesetzt worden sei.
       
       "Sie wollen mich zu sechs Jahren Gefängnis und zwanzig Jahren Berufsverbot
       verurteilen für einen Film, von dem ich nicht einmal dreißig Prozent
       produziert habe", sagte Panahi während seines Prozesses. "Lassen Sie mich
       zuerst den Film zu Ende produzieren, danach können Sie ihn beurteilen."
       
       Ihm werde vorgeworfen, dass er ohne Erlaubnis den Film produziert habe,
       sagte Panahi. Dabei gebe es kein Gesetz, das Filmemacher verpflichte, vor
       einer neuen Produktion die Erlaubnis einzuholen. Auch der Vorwurf, er habe
       gemeinsam mit 37 iranischen Filmemachern ein Protestschreiben
       veröffentlicht, sei nicht haltbar. Jeder Bürger habe nach der Verfassung
       das Recht, seine Anliegen öffentlich zum Ausdruck zu bringen.
       
       "Das Urteil gegen mich ist ein Urteil gegen Kunst und Literatur im Iran",
       erklärte Panahi vor dem Gericht. "Wir haben unsere Wurzeln in diesem Land,
       unsere Künste sind die Früchte, die unsere Bäume tragen. Wir zeigen alles
       Schöne und Hässliche in unserer Gesellschaft. Wenn Sie mich verurteilen,
       verurteilen Sie die iranische Gesellschaft."
       
       Neben Panahi wurde auch der Filmemacher Mohammed Rasulow ebenfalls zu sechs
       Jahren Gefängnis verurteilt. Im Zuge der Massenproteste im vergangenen Jahr
       wurden zahlreiche Künstler, Schriftsteller, Journalisten, Anwälte,
       Menschenrechtler und Studenten festgenommen. In Schauprozessen, in denen
       sie zum Teil zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden, legten sie
       Geständnisse ab, die nachweislich durch Folter erzwungen wurden.
       
       21 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bahman Nirumand
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Repression im Iran: Der Staatsfeind ist ein Künstler
       
       Eineinhalb Jahre nach der "grünen Revolution" will das Regime vor allem mit
       Repression die Kontrolle zurückgewinnen. Die Attacken gelten verstärkt den
       Kulturschaffenden.
       
 (DIR) Berlinalechef über Solidaritätsstreik: "Es ist alles so irrational"
       
       Die Berlinale beteiligt sich nicht am internationalen Streik der
       Kulturschaffenden gegen die Verurteilung der iranischen Regisseure Panahi
       und Rassoulof, sagt ihr Chef Dieter Kosslick.
       
 (DIR) Ahmadinedschads Bürochef kritisiert Urteil: Unterstützung für Panahi
       
       Der Bürochef des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad hat angeblich
       das harte Urteil gegen Jafar Panahi kritisiert. Auch die Berlinale
       unterstützt den Filmemacher.
       
 (DIR) Autorin Parsua Bashi: Eine mutige Iranerin
       
       Die Zensur im Iran habe nicht dazu geführt, dass man die Meinung nicht mehr
       sage. Man drücke sie lediglich anders aus, sagt die Buchautorin Parsua
       Bashi.