# taz.de -- Winterlicher Verkehrskollaps: Wer zu viel spart, bleibt liegen
> Das derzeitige Chaos in Bahnen und auf Straßen müsste es nicht geben.
> Fahrzeughersteller sagen: Wir können für jedes Wetter Züge bauen. Das
> Problem sind die Kosten.
(IMG) Bild: Die Schweden zahlen auch mal 15 Prozent mehr für einen Zug, damit der nicht so liegen bleibt wie dieser hier zwischen Stralsund und Berln - allerdings schon im vergangenen Winter.
Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht, sagt der Volksmund. Das
trifft im übertragenen Sinne auch auf Flughafenbetreiber, Bahnen oder
Kommunen zu, die dem derzeitigen Winterwetter nicht gewachsen sind. Schnee
und Minustemperaturen ab Anfang Dezember sind ungewöhnlich, aber nicht
extrem. Das derzeitige Verkehrschaos hängt auch damit zusammen, dass sich
die neoliberale Maxime nach Rationalisierung und Effektivierung
durchgesetzt hat.
Selbst dem EU-Verkehrskommissar Siim Kallas platzte jetzt der Kragen
angesichts blockierter Flughäfen in Paris, Frankfurt, London, Brüssel.
"Diese Situation ist inakzeptabel und darf nicht wieder vorkommen." Er
kritisierte die schlechte Organisation der europäischen Flughäfen, die zu
wenig Enteisungsmittel auf Lager hätten.
Jeder Auto- und Radfahrer kennt das: Wer das billigste Modell kauft oder
auf Wartung verzichtet, muss damit rechnen, dass er liegen bleibt. So ist
es technisch kein Problem, winterfeste Züge zu bauen, wie sie in
Skandinavien fahren. Aber sie sind teurer. "Pi mal Daumen kosten unsere
Regionalzüge für Schweden 15 Prozent mehr", sagt Heiner Spannuth, Sprecher
des Schienenfahrzeugherstellers Bombardier. Die Züge hätten eine andere
Isolierung, beheizbare Kupplungen und Fußbodenheizungen. "Wir können für
jede Klimazone Züge bauen - auch für den Einsatz am Polarkreis."
Zuverlässigkeit kostet also - nicht nur bei Kälte, auch bei Hitze. So
versagten im Sommer die Klimaanlagen in ICE ihren Dienst, weil sie für so
hohe Temperaturen, wie sie im Juli in Deutschland auftraten, offensichtlich
nicht ausgelegt waren. Hauptproblem der Bahn derzeit ist aber der Mangel an
Zügen: Nach dem Bruch einer Radsatzwelle eines ICE im Juli 2008 in Köln
muss ein Großteil der Flotte zehnmal häufiger zur Durchsicht. So fehlt
schlicht die Reserve - im Winter, wenn Züge häufiger ausfallen, ein
Problem. Jetzt soll langsameres Fahren gravierende Schäden durch
herabfallende Eisklumpen vermeiden, die Schottersteine aufwirbeln könnten.
Das aber bringt den Fahrplan durcheinander. Dieses Problem haben auch die
Flughäfen. In den stark nachgefragten Zeiten morgens und abends gibt es
kaum Luft in den Flugplänen, weil Fluggesellschaften und Airports am
meisten verdienen, wenn die Maschinen lange in der Luft und nur kurz am
Boden sind.
Kommt es zu Verzögerungen, stauen sich die Probleme schnell auf. Dabei sind
die Ursachen für mögliche Verzögerungen im Winter vielfältig: Die
Schneebeseitigung auf der Landebahn und das Enteisen der Flugzeuge dauern
ihre Zeit. Auch können weniger Maschinen starten und landen, weil längere
Bremswege eingeplant werden müssen.
Problematisch ist auch die Lage auf den Straßen. Bei den Räumdiensten geht
langsam das Streusalz zur Neige, obwohl nach den Erfahrungen des
vergangenen strengen Winters teilweise größere Bestände angelegt worden
waren. Und wenn Lkws auf glatten Straßen zu schnell fahren oder waghalsige
Überholmanöver machen, weil sie in Zeitdruck sind, können Unfälle rasch zu
kilometerlangen Staus führen.
Letztlich bedeutet das: Mit einer konsequenten Vorbereitung, mehr Luft in
den Fahrplänen und größeren Reserven ließen sich die Winterprobleme im
Verkehrssektor besser meistern. Das aber kostet Geld - was Unternehmen,
Steuerzahler und Verbraucher spüren würden.
21 Dec 2010
## AUTOREN
(DIR) Richard Rother
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