# taz.de -- Was uns 2011 erwartet: Biosprit kommt, Wehrpflicht geht
       
       > Keine Wehrpflicht mehr, ein besseres Erbrecht für schwule und lesbische
       > Paare, steigende Kassenbeiträge, Rauchen wird teurer. Was ändert sich?
       > Wen betrifft es? Eine Übersicht.
       
 (IMG) Bild: Ein Bild, das den Finanzminister erfreut.
       
       Arbeitslose: Wer Arbeitslosengeld I bezogen hatte und anschließend in den
       Bezug des niedrigeren Arbeitslosengeldes II ("Hartz IV") rutschte, der
       bekam bislang für die Dauer von zwei Jahren einen Zuschlag von monatlich
       bis zu 160 Euro. Dieser Zuschlag wird ab 1. Januar gestrichen. Rund 165.000
       Hartz-IV-Empfänger sind betroffen. Zudem fällt ab Januar der - ohnehin
       schon minimale - Rentenversicherungsbeitrag für Hartz-IV-Empfänger weg.
       
       Das "Bildungspaket" für Kinder im Hartz-IV-Bezug und die Aufstockung des
       Arbeitslosengeldes II um 5 Euro kommen Ende März, falls der Bundesrat im
       Februar einen Kompromiss absegnet. Die 5 Euro mehr werden dann womöglich
       rückwirkend ab 1. Januar gezahlt. Ist die Reform in Kraft, können arme
       Eltern Zuschüsse für Mittagessen in Kitas und Schulen und für
       Vereinsbeiträge beantragen.
       
       Eltern: Bei Vätern und Müttern im Hartz-IV-Bezug wird das Elterngeld
       künftig mit dieser Sozialleistung verrechnet: Sie bekommen daher in der
       Regel kein Elterngeld mehr. Eltern mit einem monatlichen Nettoeinkommen von
       mehr als 1.200 Euro beziehen ab Januar nur noch 65 statt bisher 67 Prozent
       ihres bisherigen Verdienstes, wenn sie eine Babypause einlegen.
       Topverdiener mit einem Jahreseinkommen von 250.000 Euro (Verheiratete
       500.000 Euro) erhalten auch kein Elterngeld mehr.
       
       Raucher: Der Griff zur Zigarette wird in den nächsten Jahren immer teurer.
       Die Tabaksteuer wird zum 1. Mai 2011 um 4 bis 8 Cent pro Packung angehoben.
       In den Folgejahren gibt es weitere Erhöhungen. Auch wer selbst dreht,
       Zigarren oder Pfeifen mag, muss tiefer in die Tasche greifen.
       Feinschnitt-Tabak verteuert sich pro Päckchen um bis zu 14 Cent.
       Billigtabake könnten sogar bis zu 45 Cent mehr kosten.
       
       Jugendliche: 17-Jährige dürfen ab 2011 bundesweit die Führerscheinprüfung
       absolvieren und Auto fahren, wenn sie ein Erwachsener begleitet. Bisher
       galt dies nur in einzelnen Bundesländern. Der Erwachsene muss allerdings
       mindestens 30 Jahre alt sein, seit 5 Jahren den Führerschein besitzen und
       als Begleitperson registriert sein.
       
       Gesetzlich Krankenversicherte: Zum 1. Januar steigt der einheitliche
       Beitragssatz um 0,6 Punkte auf 15,5 Prozent vom Bruttolohn. Arbeitnehmer
       zahlen künftig 8,2 Prozent statt bisher 7,9 Prozent als
       Krankenversicherungsbeitrag. Wer also 2.500 Euro brutto verdient, zahlt
       künftig 7,50 Euro mehr für die Krankenversicherung. Da die sogenannte
       Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung im
       kommenden Jahr gesenkt wird, sind Besserverdienende von dieser Erhöhung
       prozentual gesehen etwas weniger betroffen als Kleinverdiener. Der
       Arbeitgeberanteil für die Krankenkasse klettert auf 7,3 Prozent und wird
       dann festgeschrieben. Kommen die Kassen mit dem Geld nicht aus, können sie
       einkommensunabhängige Zusatzbeiträge verlangen.
       
       Krankenversicherte, die sich privat versichern wollen: Der Wechsel zu einer
       privaten Kasse wird leichter. Gesetzlich Versicherte können ab dem 1.
       Januar schon dann zu einer Privatkasse wechseln, wenn sie ein Jahr lang
       mehr verdient haben als die sogenannte Versicherungspflichtgrenze, die im
       zu Ende gehenden Jahr bei monatlich 4.162 Euro brutto lag. Bisher galt eine
       Dreijahresfrist für den Wechsel.
       
       Geldanleger: Die gesetzliche Sicherung für Bankeinlagen wie Sparguthaben
       oder Tagesgeld erhöht sich zum 1. Januar von 50.000 Euro auf 100.000 Euro.
       Dieses Geld ist bei einer Pleite der Bank geschützt.
       
       Arbeitnehmer aus den acht EU-Beitrittsländern von 2004: Ab dem 1. Mai 2011
       dürfen Bürger aus Polen, Ungarn, Slowenien, Litauen, Lettland, Estland, der
       Slowakei und Tschechien in Deutschland als Arbeitnehmer
       sozialversicherungspflichtig angestellt werden und auch Unternehmen aus
       diesen Ländern hier in allen Bereichen ihre Leistungen anbieten. Experten
       erwarten eine Arbeitszuwanderung oder Pendelverkehr, etwa im Einzelhandel,
       in der Pflege und im Reinigungsgewerbe, was sich besonders in grenznahen
       Gebieten bemerkbar machen dürfte. Fachleute vom Institut für Arbeitsmarkt-
       und Berufsforschung schätzen, dass durch die neuen Arbeitskräfte - wenn
       überhaupt - vor allem inländische Bürger mit Migrationshintergrund
       verdrängt werden könnten.
       
       Lehrer und andere Heimarbeiter: Häusliche Arbeitszimmer sind wieder in
       größerem Umfang steuerlich absetzbar. Rückwirkend ab 2007 kann man 1.250
       Euro in der Steuererklärung geltend machen. Dies gilt für alle
       Berufstätigen, die zur Ausübung ihrer Arbeit nur den häuslichen Raum zur
       Verfügung haben. Außerdem profitieren diejenigen, die zwar aushäusig in
       einem Unternehmen oder einer Institution arbeiten, dort aber keinen
       ausreichenden Arbeitsplatz vorfinden wie beispielsweise Lehrer, die zwar
       das Lehrerzimmer in der Schule nutzen können, dort aber oft zu wenig Platz
       haben oder keinen Computer.
       
       Homosexuelle Paare: Schwule und Lesben, die in eingetragenen
       Partnerschaften leben, erhalten ab dem 1. Januar 2011 die gleichen
       Bedingungen bei der Erbschaftsteuer wie heterosexuelle Ehepaare. Bisher
       unterlagen sie höheren Steuersätzen und mussten mehr Steuern zahlen. Nun
       werden die Steuersätze angeglichen. Bei vererbten Summen, die über die
       Freigrenzen hinausgehen, gilt beispielsweise bis 75.000 Euro ein Steuersatz
       von 7 Prozent, bis 300.000 Euro von 11 Prozent und so weiter. Für noch
       nicht abgeschlossene Fälle greift die Gleichstellung rückwirkend bis 2001.
       
       Autofahrer: Ab Januar wird an den Zapfsäulen nach und nach der
       Biokraftstoff E 10 angeboten, der bis zu 10 Prozent Ethanol enthält, das
       aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben gewonnen wird. Nach Einschätzung des
       Mineralölwirtschaftsverbands wird die flächendeckende Versorgung mit dem
       neuen Sprit einige Wochen dauern. Mit dem Gemisch kommen nicht alle Modelle
       zurecht. Daher sollten sich Fahrzeugbesitzer beim Hersteller informieren,
       ob ihr Auto E 10 tanken darf.
       
       Flugreisende: Das Sparpaket der Bundesregierung verteuert Flugreisen ab dem
       1. Januar 2011. Die "Luftverkehrsabgabe" richtet sich nach der Flugdistanz.
       Auf Kurzstrecken und Inlandsflügen kassiert der Fiskus 8 Euro. Für mittlere
       Entfernungen, etwa auf Flügen nach Nordafrika, werden 25 Euro fällig. Bei
       Langstrecken beläuft sich die Abgabe auf 45 Euro. Die meisten Airlines
       geben den Steueraufschlag an ihre Kunden weiter.
       
       Stromkunden: Strom wird 2011 nahezu flächendeckend teurer. 570
       Grundversorger haben bundesweit Tariferhöhungen angekündigt, auch die
       Lieferanten von Ökostrom. Nach Angaben des Fachportals Verivox steigen die
       Preise durchschnittlich um 7 Prozent. Vereinzelt liegt der Aufschlag aber
       auch deutlich über der 10-Prozent-Marke. Die Elektrizitätsunternehmen
       müssen ab dem 30. Dezember einen Tag-Nacht-Tarif anbieten. Kunden können
       dann zum Beispiel die Waschmaschine zur günstigsten Zeit laufen lassen.
       
       Wehrpflichtige: Zwar werden am 3. Januar 2011 noch einmal gut 12.000
       Wehrpflichtige zur Bundeswehr einberufen, zu den nächsten
       Einberufungsterminen im März, April und Mai sollen dann aber nur noch
       Freiwillige eingezogen werden. Das geschieht im Vorgriff auf die Aussetzung
       der Wehrpflicht, die am 1. Juli 2011 wirksam werden soll, die jedoch vom
       Bundestag noch mit schwarz-gelber Mehrheit beschlossen werden muss. Mit der
       Aussetzung führt das Bundesverteidigungsministerium einen freiwilligen
       Wehrdienst ein, der 12 bis 23 Monate dauern soll. Das Prinzip der
       Wehrpflicht bleibt im Grundgesetz verankert.
       
       Steuerzahler: Die Lohnsteuerkarte hat ab 2011 ausgedient. Dennoch gilt die
       alte Karte für 2010 zunächst 2011 noch weiter. An ihre Stelle tritt
       stufenweise ein elektronisches Verfahren mit Namen "Elektronische
       Lohnsteuer-Abzugsmerkmale", kurz ELStAM.
       
       BARBARA DRIBBUSCH / HANNES KOCH / WOLFGANG MULKE / THOMAS GERLACH
       
       29 Dec 2010
       
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