# taz.de -- Ratingsystem im Tischtennis: Noch Amateur oder schon Timo Boll?
       
       > Mit einem Wertungssystem wie im Schach kann sich nun jeder Amateur am
       > Weltranglistenersten Timo Boll messen. Und seine Resultate im Netz
       > vergleichen.
       
 (IMG) Bild: Timo Boll kontrolliert den Ball - und das neue Wertesystem im Tischtennis. Denn das führt er an.
       
       Im Pingpong sorgt die Einführung einer transparenten
       Tischtennis-Ratingzahl, der TTR, derzeit für Furore. Wie in vielen andere
       Sportarten gab es zwar Ranglisten, doch die waren selbst für gewiefte
       Zahlenfetischisten ohne sonderliche Aussagekraft.
       
       Dem undurchschaubaren System hat man im Internet unter
       [1][www.mytischtennis.de] den Kampf angesagt. Die neue Web-Gemeinschaft
       gewann dadurch in wenigen Wochen knapp 40.000 Tischtennisspieler als
       Mitglieder. Der Grund: Jetzt findet sich jeder lausige Kreisklassenspieler
       in einer bundesweiten Statistik und kann sich mit dem Weltranglistenersten
       Timo Boll vergleichen.
       
       Betreiber Jochen Lang musste dabei kein Mathematik-Studium absolvieren, um
       ein präzises Ratingsystem zu erstellen. Der Zweitligaspieler aus Hamm
       adaptierte einfach die Berechnungen aus dem Schach als "Herzstück der
       Webseite"; nur ein Remis gibt es keines an der Platte. Sieg und Niederlage
       kann man wie gehabt eintragen, egal ob dieser nun in fünf Sätzen knapp oder
       mit 3:0 deutlich ausfiel.
       
       Beim Schach hatte der US-Statistiker Arpad Elo vor 40 Jahren die Elo-Zahlen
       eingeführt. Sie geben treffsicherer als jeder Zocker und jede Wettquote an,
       wie ein Wettkampf enden sollte. Bei 80 Elo Differenz im Schach gewinnt der
       Stärkere vermutlich mit 6:4 - ansonsten nimmt der, der mehr Punkte als
       erwartet holt, dem anderen Ratingzähler ab.
       
       Das System lässt sich auf jede beliebige Sportart übertragen.
       "Voraussetzung ist aber, dass umfangreiche und aktuelle Daten vorhanden
       sind", erläutert Lang. Im Tischtennis wurden die Resultate der vergangenen
       fünf Jahre verarbeitet.
       
       Im europäischen Go wird das Elo-System ebenfalls angewendet. Fußballfans
       ermitteln eine darauf fußende Weltrangliste. In dieser führt Spanien (2093)
       knapp vor den Niederlanden (2078), Rekordchampion Brasilien (2073),
       Deutschland (2043) und Argentinien (1970). Abgeschlagen auf Platz sechs
       folgt England (1896). Die Kicker von der Insel dürften demnach gegen die
       DFB-Elf nur etwas mehr als 30 Prozent der Punkte holen.
       
       Ähnlich dominant ist der 13-fache Europameister Boll mit seinen 2.677 TTR
       im Vergleich zu seinem Düsseldorfer Doppel-Partner Christian Süß (2.579)
       oder seinem Nationalmannschaftskameraden Dimitrij Ovtcharov (2.504), der
       auf Platz elf in der Welt steht. Durchschnittliche Bundesligaspieler weisen
       eine TTR von etwa 2.300 auf. Und obwohl Kreisligaspieler mit 1.400 und
       weniger weit abgeschlagen liegen, blicken sie wie Kinder begierig auf die
       Entwicklung ihrer Ratingzahl und einen Sprung von Platz 76.000 auf 73.200
       in der deutschen Rangliste. Deshalb loggen sich manche Amateure nach jedem
       Spiel ein, um zu erfahren, wie sich die TTR verändert hat. Der
       Schweizerische Tischtennisverband wendet das Elo-System seit dieser Saison
       ebenso an.
       
       "Die Akzeptanz der TTR ist sehr groß", hat Langs Kompagnon Kai Oidtmann
       festgestellt und verweist auf zehn Millionen "Page-Impressions" binnen
       zweier Monate. Kaum einer meckere über die TTR - und wenn, dann sind das
       natürlich nur jene, die von einer deutlich höheren Zahl träumten und nun
       auf den Boden der harten Statistik-Realitäten zurückgeholt wurden.
       
       Weitet das kleine Start-up-Unternehmen aus Hamm das System bald auf weitere
       Sportarten aus? "Wir hegen da keine Pläne", lässt Lang wissen und ergänzt
       mit Blick auf die im Verband gemeldeten 614.000 Mitglieder, "wir haben im
       Moment genug damit zu tun, jeden Tischtennisspieler in Deutschland zu
       erreichen."
       
       29 Dec 2010
       
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 (DIR) Hartmut Metz
       
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