# taz.de -- Skispringer Severin Freund: "Die Leiter Schritt für Schritt erklimmen"
       
       > Severin Freund kommt aus dem Bayerischen Wald und schickt sich an, das
       > deutsche Skispringen zu retten. Doch für einen Durchbruch ist er mit 22
       > Jahren eigentlich zu alt.
       
 (IMG) Bild: Nach seinem Sprung auf den 6. Platz in Oberstdorf: Severin Freund.
       
       OBERSTDORF taz | Severin Freund kommt aus dem Bayerischen Wald. Seit es
       Michael Uhrmann aus dem Bayerwald-Dorf Breitenberg zu Prominenz im
       Skispringen gebracht hat, weiß man, dass das kein schlechtes Pflaster für
       den Schanzensport ist. Während sich aber Uhrmann derzeit durch ein
       neuerliches Formtief kämpft und seine größten Erfolge - WM-Mannschaftstitel
       2001, Teamolympiasieg 2002 - schon eine Weile zurückliegen, macht sich sein
       junger Kollege Severin Freund auf, der Retter des darbenden deutschen
       Skispringens zu werden.
       
       Platz sechs im Auftaktspringen zur Vierschanzentournee war eine
       hervorragende Bewerbung für diese Rolle. "Das ist mein bislang bestes
       Weltcupergebnis und der Lohn für harte Arbeit."
       
       Harte Arbeit - es wäre wohl keine Untertreibung, seine ganze bisherige
       Laufbahn unter dieser Überschrift einzuordnen. Freund ist 22 Jahre alt. Für
       den Durchbruch im internationalen Skisprunggeschäft ist das ein stattliches
       Alter. Die österreichischen Überflieger Thomas Morgenstern und Gregor
       Schlierenzauer etwa mischten schon als Teenager in der Weltspitze mit. Und
       auch Martin Schmitt war zu Beginn seiner Karriere, als er Weltcupspringen
       im Akkord gewann, noch nicht einmal 20.
       
       Aber wer es nicht durch Glück und außergewöhnliche Fähigkeiten nach oben
       schafft, der muss hart arbeiten. Und braucht Zeit dafür. Severin Freund ist
       kein Überflieger gewesen, bei Junioren-Weltmeisterschaften ist er nicht
       groß aufgefallen, nur 2008 schaffte er es mit dem Team auf Platz eins.
       
       Auch im Weltcup ging es nur zäh voran. Freund wartete vergeblich auf den
       Befreiungsschlag. Doch im vergangenen Sommer hat sich etwas getan. Freund
       sprang zuverlässiger. Und Trainer Werner Schuster sprach ihm immer wieder
       Mut zu. Kurz vor dem Oberstdorfer Tourneeauftakt erklärte Schuster:
       "Severin Freund ist derzeit unser stärkster Mann." Man weiß nun definitiv:
       Schuster kennt seine Mannschaft. Das hartnäckige Tief, das seine
       Schützlinge zum Saisonauftakt begleitet hatte, hat sich pünktlich zur
       prestigeträchtigen Tournee verzogen. Denn auch weitere Springer beendeten
       den Arbeitstag am Mittwoch mit passablen Vorstellungen, Michael Neumayer
       wurde 8., Richard Freitag 13.
       
       Freund ist kein Wunderkind wie der siegreiche Österreicher Thomas
       Morgenstern, der mit 24 Jahren schon zwei Olympiatitel vorweisen kann und
       nun nach einem souveränen Sieg in Oberstdorf glänzende Chancen auf den
       Tourneegesamtsieg hat. Schuster weiß um diese Voraussetzungen seines
       derzeit Besten: "Severin muss die Leiter Schritt für Schritt erklimmen. Er
       bekommt nichts geschenkt." Und Freund weiß das auch. Selbst nach seiner
       guten Platzierung von Oberstdorf plapperte er nicht drauf los. Sagte
       stattdessen: "Ich will mich langfristig entwickeln."
       
       Die Tournee ist eine laute Veranstaltung, viele Fans sind da, viele Kameras
       aufgebaut. Viele Springer genießen genau das, sie brauchen die
       Anfeuerungsrufe des Publikums, den minutenlangen Jubel. Aber Severin Freund
       hat eingeräumt, dass es ihn schon nervös gemacht hat, zu wissen, dass fast
       20.000 Zuschauer im Stadion und etliche mehr daheim vor dem TV-Gerät
       zuschauen, wenn er seine Sprünge zu Tale bringt. Denn: "Wer mich kennt,
       weiß, dass ich nicht extrem extrovertiert bin."
       
       2008 hat Freund ein Managementstudium an der Hochschule Ansbach begonnen.
       Der Studiengang ist speziell auf die Bedürfnisse von Leistungssportlern
       abgestimmt, die Stundenpläne entsprechend flexibel. Freund weiß, dass es in
       seinem Leben mehr gibt als die Sprungschanzen. Womöglich gibt ihm das die
       nötige Ruhe für die kommenden Aufgaben - am Neujahrstag zum Beispiel, beim
       zweiten Tourneespringen in Garmisch.
       
       30 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kathrin Zeilmann
       
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