# taz.de -- Ein deutsches Eishockey-Talent in Toronto: In der Warteschleife
       
       > Korbinian Holzer hat es in Eishockey-Mekka Toronto geschafft. Dort
       > schuftet er sich im Farmteam der Toronto Maple Leafs ab. Sein großer
       > Traum ist eine NHL-Karriere.
       
 (IMG) Bild: Hinfalle, aufrappeln, weitermachen: Korbinian Holzer bei der WM 2010 in Deutschland
       
       Wer ein Lächeln auf das Gesicht von Korbinian Holzer zaubern möchte, der
       muss ihn auf den 6. November 2010 ansprechen. Dann beginnt der
       Eishockey-Nationalspieler vom Spiel gegen die Buffalo Sabres zu erzählen,
       und dabei leuchten die Augen des Mannes mit den rotblonden Haaren. Die
       Partie haben die Toronto Maple Leafs zwar am Ende im Penaltyschießen
       verloren, und doch ist sie ein Meilenstein in der Karriere des 22-Jährigen.
       
       Es war Holzers erster Auftritt in der National Hockey League (NHL). Voller
       Pathos spricht Holzer von einem "überragenden Gefühl, du spielst gegen die
       besten Spieler der Welt in der besten Liga der Welt". Davon hat der Junge
       aus dem Münchner Vorort Gelting schon als Bub geträumt. Natürlich hat er
       das, schließlich träumt jeder, der einem Puck hinterherjagt, davon, eines
       Tages in der NHL zu landen.
       
       Holzers Weg ins gelobte Land der Eishockeyspieler führte vom deutschen
       Erstligisten aus Düsseldorf über den Atlantik. So richtig geschafft hat es
       Korbinian Holzer indes noch nicht. Bislang reichte es zu lediglich zwei
       Auftritten bei den Maple Leafs. Den Ligaalltag bestreitet der Deutsche
       derzeit bei den Toronto Marlies, die in der American Hockey League (AHL) an
       den Start gehen. Im sogenannten Farmteam soll sich der Neuling für höhere
       Weihen empfehlen.
       
       Nah dran ist er, aber noch nicht richtig drin. Gnadenlos ist der
       Konkurrenzkampf, dem sich alle stellen müssen, die es im gigantischen
       Eisspektakel schaffen wollen. Bei den Maple Leafs kämpften in den
       Vorbereitungscamps 63 Kandidaten um die 23 Plätze im Team. Zwölf Stürmer,
       drei Torhüter und acht Verteidiger blieben übrig. Ein unheimlich hartes
       Ausscheidungsrennen, schließlich waren sieben Defensivkräfte bereits
       gesetzt. Der Druck sei extrem, schildert Holzer, "du musst jeden Tag
       zeigen, dass du bereit bist, alles zu geben".
       
       Den ersten Cut überlebte der Deutsche, beim zweiten war Schluss. Nun spielt
       er also im Reserveteam und wartet darauf, befördert zu werden. Genau wie
       sein Freund Marcel Müller. Der Stürmer aus Berlin, der von den Kölner Haien
       zu den Maple Leafs gewechselt ist, befindet sich ebenfalls in der
       Warteschleife. "Jeden Tag kann der Anruf kommen", sagt Holzer, "bis dahin
       versuchen wir, uns mit guten Leistungen anzubieten."
       
       Leistungssportler müssen positiv denken, und deshalb gehen die beiden
       Deutschen davon aus, den Sprung zu schaffen. Sie verbindet ein gemeinsames
       Erlebnis: Bei der WM 2010 waren Holzer und Müller dabei, als der krasse
       Außenseiter Deutschland die USA in der Schalker Arena vor der
       Weltrekord-Kulisse von 77.803 Zuschauern schlug und sich danach bis ins
       Halbfinale kämpfte. Unvergessliche Erlebnisse, die der Marke Eishockey made
       in Germany durchaus zuträglich waren: "Ich denke schon, dass unsere starke
       WM geholfen hat, deutschen Spielern ein höheres Ansehen zu verschaffen",
       sagt Holzer: "Die Welt hat gesehen, dass es auch bei uns sehr gut
       ausgebildete Spieler gibt."
       
       Dass Korbinian Holzer an einem geradezu mythischen Standort seines Sports
       gelandet ist, nimmt er täglich mit Staunen zur Kenntnis: "Toronto ist so
       was von eishockeyverrückt, das ist wirklich vom Feinsten." Ein eigener
       Fernsehsender verfolgt jeden Schritt des Teams, die Zeitungen sind voll von
       den Maple Leafs, "und die Spieler kennt hier jedes Kind". Ein wenig ist der
       Kultstatus vergleichbar mit dem von Schalke 04, auch weil die letzte
       Meistertrophäe schon reichlich angestaubt ist. 1967 holten die Maple Leafs
       den letzten ihrer 13 Stanley Cups. Nur die Montreal Canadians haben mehr
       Titel (23) gewonnen.
       
       Korbinian Holzer wird weiter Gas geben, um in die erste Mannschaft zu
       kommen und die Dürreperiode zu beenden. Dafür nimmt er viele Opfer in Kauf.
       So lässt er sich seit drei Jahren im Sommer auf eigene Kosten in Los
       Angeles vom Fitness-Guru Marc Verstegen in Form bringen, der auch die
       deutschen Kicker vor der WM 2006 getrimmt hat. Oder er tritt mit den
       Marlies am Silvesterabend bei den Grand Rapids Griffins an.
       
       Der Job als Eishockey-Profi ist "ganz schön stressig", sagt Holzer, "aber
       ich habe es mir ja selbst ausgesucht". Auch mit dem Besuch in der Stadt
       Kitchener, wo sie das größte Oktoberfest außerhalb von Deutschland feiern,
       ist es im abgelaufenen Jahr nichts geworden. Der Spielplan hielt wichtigere
       Termine bereit. Im kommenden Herbst, sagt Korbinian Holzer, "muss es
       unbedingt klappen". Schließlich ist seine Lederhose im Gepäck nach Kanada
       gekommen, und auch seine Freundin hat ihr Dirndl dabei: "Wir sind bestens
       vorbereitet."
       
       4 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Meininghaus
       
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